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Lfd Nr Jahr Monat Tag Eintrag Namen Referenz
456 1798 11 6 Um 6 h saß ich bei meinem Schreibtisch und arbeitete sehr fleißig bis 1 h. Der Morgen war sehr schön, aber der Tag selbst unangenehm; es regnete fort und ward kaum licht. Vor Tisch sah ich bei den Augustinern das Castrum doloris für das Militär an, dann war ich im nahen Tiersaal und verlangte für 4 Personen ein Einlassbillett für den morgigen Tag. Bei Tisch wurde stets von der Oper, von Putz hinzu und dergleichen gesprochen. Nach Tisch ärgerte ich mich wieder über den Despotismus der Mutter, ging aber gleich. Ging zu Stessel, schwätzte ein Weilchen, machte mich danach ins Nationaltheater, wo man die Oper von Paër „Il Principe di Taranto“ gab. Nina, welche in selber die Fürstin von Salerno spielt, trat auf und allgemein war das Geklatsch, in der Meinung, sie wäre die Riccardi. Als das Publikum den Irrtum erkannte, lachte man allgemein; Nina aber ließ sich nicht stören und spielte fort. Das Buch missfiel ganz, die Musik aber nahm man ziemlich gnädig auf. Pasqua spielte den Fürsten und sah wie ein Pauspack aus; allgemein lachte man über seine Figur. Am Ende der Oper wurde Paër von seinen Gönnern vorgerufen. Ich unterhielt mich teils mit Klimbke, schwätzte teils, schlief, machte Verschiedenes; sah im Parterre noble die Frau v. Exner mit dem Fräule Schwester Redlich. Am Ende kam Agnes, mit welcher wir viel Spaß hatten. Wir begleiteten sie nach Hause, wollten sie noch ins Kärntnertor-Theater führen, welches aber schon geendigt war, kamen am Matschakerhof vorbei, da musste sie nolens volens hinauf. Wir trugen sie fast in das Gastzimmer hinauf, soupierten, tranken hernach Wermut und Wein und waren recht munter; führten sie erst um ½ 11 h nach Hause, dann taten wir jeder ein Gleiches. Band 01 (I.), Seite 59v
457 1798 11 7 Ein heiterer, aber kalter Morgen. Von 6 bis ½ 11 h arbeitete ich, ging dann zu Theresen, um mit ihr das Tierkabinett anzusehen; die Mutter aber ging nicht mit. Ich nahm also Walther mit; eine schöne, seltene, einer Kaiserstadt würdige Sammlung, vom Propsten Eberle. Insbesondere gefielen mir der Angelo Soliman, Mohr, der da ausgestopft neben einem Mohrenmädchen von 8 Jahren steht, der Auerstier, der kleine Kolibri, die Paradiesvögel, einige seltene Fische, dann die mechanischen Maschinen, die sehr große Elektriz (?), die beweglichen Bilder; da ist so viel Schönes darin, dass man sich wochenlang interessant unterhalten könnte. Ich fand da die Frau v. Dines (?) und mehrere Bekannte. Zwei Stunden verstrichen so geschwind wie angenehm. Bei Tische wurde von der gestrigen Oper gesprochen; nach Tische hatten wir Kindereien wegen dem gestrigen Souper mit der Agnes, mit den Umlaufischen. Nach 4 h besuchte ich den Brandl, fand da die Gruber, blieb eine Stunde; ging dann zum Klimbke in die Kanzlei, da waren wir bis ½ 7 h, dann begleitete ich ihn zum Pauer (?). Soupierte beim Brandl, schlief aber vorher ein Intermezzo. Die Kreutzer war auch da. War aber um Schlag 9 h schon zu Hause. Klimbke gab mir eine neue deutsche Oper „Der verstellte Wahnsinn (?)“. Ich las sie und dachte mir, sie wird hier trotz des vielen Spektakels ihr Glück nicht machen. Band 01 (I.), Seite 59v
458 1798 11 8 Ein heiterer Morgen. Früh las ich an der Oper; dann arbeitete ich bis 1 h mittags. Charles besuchte mich, ich gab ihm zu arbeiten, schrieb an meinen Bruder und beantwortete den gestern von ihm erhaltenen Brief. Heute kaufte ich auch einen weißseidenen Sack und trug ihn gleich zum Schneider. Nach Tisch war ich teils im fürstlichen Haus, brachte dem Gönner die Austeilung, teils bei Therese. Kutschersfeld der Junge kam dahin; wir gingen zusammen in „Figaro“. Das Theater war nicht sehr voll. Therese sang recht gut, besonders artig variierte sie das Duett im 3. Aufzug. Nach dem Theater begleitete ich die Agnes und Weidmann nach Hause, Tonerl führte die Amalia. Im Deutschen Hause kam mir der Theaterwagen entgegen; ich machte den Schlag auf, holte Therese heraus, küsste sie und dankte ihr für den angenehmen Gesang. Band 01 (I.), Seite 60r
459 1798 11 9 Ein höchst unangenehmer Tag; finster und von stetem Regen war er begleitet. Bis 12 h arbeitete ich, dann ging ich wegen Theaterbilletts zu Klimbke und zur Kreutzer; wir sprachen von Therese. Bei Klimbke las ich den 1. Aufzug von „Petschaft“ von Ziegler, welcher mir gefiel. Kutschersfeld schickte ich die Billetts. Ging zum Speisen; bei Tisch wurde über Braun gewaltig geschimpft; ich nahm seine Partei und am Ende gab es Verdruss. Therese machte noch selber tausend Chimären, die sie ich wegen der Kreutzer träumt. Am Ende kam noch die Agnes; die klagte über die Härte ihrer Mutter, da gab’s eine recht niedliche Jeremiade. Die Mama war nicht wohl, sie legte sich um ½ 6 h ins Bett. Ich machte, um Luft zu schnappen, ins Kärntnertor-Theater; es wurden zum ersten Mal „Die Unglücklichen“ von Kotzebue gegeben. Als Posse unterhielt es; es hat recht viele gute, neue Gedanken und sie zwingen unwillkürliches Lächeln ab. Am Ende der Pièce entstanden im Theater zwei Parteien: eine klatschte, die andere zischte; doch erhielt erstere die Oberhand. Nachher gab man das Ballett „Alonso und Cora“, mit neuen Dekorationen. Nach dem Theater soupierten Klimbke und ich beim Straußen und ich kam erst um 11 h nach Hause. Band 01 (I.), Seite 60r
460 1798 11 10 Ein feuchter, trüber Tag. Von 7 bis ½ 11 h arbeitete ich ununterbrochen, dann ging ich in die Stadt. Meine Bänder(?)Vase war fertig, wofür ich 3 fl. 20 x zahlte. Fand die Mama besser; nach Tisch blieb ich bis 4 h; empfahl mich unter scheelen Gesichtern, besonders von Therese wegen Amalie. Sie schrieb mir einen langen Brief wegen der Amalie, der aber voll Chimären ist. Wenn sie doch wüsste, wie wenig sie wegen dieser zu besorgen hat ! Nachher ging ich ins fürstliche Haus, zu den Handwerkern, später ins Burgtheater, wo man zum ersten Mal „Dr. Daruccio (?)“ vom Forstrat Zester (?) gab. Victoire (?) Müller spielte darin und missfiel; das Stück selbst wurde mit allem Applaus ausgezischt. Im Theater sprach ich mit Stellwag, Vogel (?), Trautmann (?) und Kreutzer; nach dem Theater soupierten Klimbke und ich beim Straußen. Um 11 h war ich schon zu Hause, schrieb meiner Mutter und gab den Brief dem Kutschersfeld mit. Band 01 (I.), Seite 60r
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.

Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:

  • Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
  • Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
  • Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
  • Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
  • Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.

Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).


(†) Peter Prokop, Wien, im Februar 2016

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