Trüb, nach Mittag heiter. Früh kamen eine Menge Gratulanten. Ich ging zum Grafen, traf ihn aber nicht mehr. Früh beim Erwachen gab ich Therese das schöne, von Nigst gestickte Chemisl, welches ihr gefiel. Um 11 h fuhren Therese, die Gulyás und ich nach Hof. Ich blieb im Rittersaal, herumgehend, Therese begab sich gleich auf’s Orchester. Ich sprach mit dem Grafen, Kárner, Fantz wegen silberner Toilette für Therese, mit Wirth, Richart, wohin ich mich postierte. Es war ein schöner, glänzender Zirkel versammelt. Nach der Kirche begann der Cercle, um ½ 1 h die Tafel. Die Musik begann mit einer Sinfonie, dann Simonis und Theresens Arie vom Cimarosa und Mayr, Weidingers Trompetenkonzert vom Hummel, ein Duett von Mayr und zum Schluss eine Sinfonie. Um ½ 2 h kamen wir nach Haus, Gulyás Therese speiste mit uns. Nach Tische kamen die Uhrmacher, Turnau. Therese ging mit der Gulyás Therese zur Mutter, blieb den Abend bis 11 h. Ich ging zur Nigst, ins Burgtheater, sprach mit Vogovics und teilte meine Geschenke aus. Nach dem Theater gleich in die Redoute. Ich unterhielt mich ziemlich gut, obwohl es leer war. Nur ein Saal war beleuchtet. Ich plauderte mit der Sedlniczky (?), Richart, ging mit selbem nach Haus. Mit Russo (?) machte ich Bekanntschaft. Von der kaiserlichen, ganz weißen Suite bekam ich Billetts und Devisen. Um 3 h war ich zu Haus. Therese sang vortrefflich.
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Ein trüber, nebliger Tag. Früh zum Grafen, mit welchem ich wegen der Musikalien, welche ich Freitag für den Grafen Louis kaufte, schrecklichen Verdruss hatte. Jetzt kommt wieder Schlag auf Schlag Verdruss, mein Unstern leuchtet grässlich. Ich konnte mich den ganzen Tag nicht erholen. Ich kann mich meines Lebens nicht lange freuen. Mittags speiste Rösner mit uns. Den ganzen Nachmittag arbeitete ich. Abends zu Nigst, abends ins Kärntnertor-Theater „Maria von Montalban“, da teilte ich meine Neujahrsgeschenke aus. Gestern nach Mittag war ich bei Schaidegger und erfuhr, dass sie mit der Tini am Freitag in Eisenstadtstadt war, um in ihrer Angelegenheit mit dem Fürsten zu reden, aber mit wenig Erfolg. Therese war den ganzen Tag zu Haus, abends sang sie. Die Schmirer kam nach Mittag, da plauderten wir von Korntheuers Übertritt zum Theater, seinen Debütrollen etc. Ich begegnete ihm und dankte für sein und Goldmanns Billett. Nach dem Theater gleich ins Bett.
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Feuchtes, höchst ungesundes Wetter. Früh zum Dr. Pausinger, dann las ich den Komödienzettel, im Burgtheater „Achille“, im Kärntnertor-Theater „Entführung“. Herr Korntheuer wird in der oben angezeigten Rolle – Baron Rosenzweig – die Ehre haben, seinen ersten theatralischen Versuch zu wagen. Nachher ein Pas de deux von Giulio Viganò und Frau. Ich gönne ihm von Herzen eine gute Aufnahme und ich glaube auch, er wird sie finden. Dann zum Grafen, mit Russo (?) in den Prater und nach Haus. Therese machte verschiedene Besuche bei Hof, war aber vorher um ihre Gage in der Kassa. Sie besuchte die Schosulan, Rösler (?) und Turnau Lisette. Von letzterer erhielt sie ein Neujahrsgeschenk, eine von Papier gemachte Einsatzschale (?) Mittags speisten wir allein, nach Tische besuchte uns die Csekonics mit Pepi und Werlen. Wir luden sie für morgen zum Speisen ein. Ich begleitete sie bis zur Himlin, ging dann zum Riedl, plauderte mit Zacharias (?), Schmirer und Frankstein und ging dann ins Kärntnertor-Theater. Im Parterre fand ich alle Liesinger Bekannten, Dworschak, Holzinger, Poltoni, Zrust, Nelson (?), Züsack (?), Goldmann etc. Das Parterre war von Freunden voll. Im 3. Stock traf ich die Bernhard (?), Lechner (?) und Richart. Ich blieb da und ging mit Richart nach Haus. Korntheuer gefiel. Er hat sicher viele Anlagen, hat aber noch viel zu verbessern. Sein Organ ist nicht angenehm, seine Haltung fatal gebückt, zum Teil auch schief. Er erschien nach dem Stück gleich, vor dem Annoncieren, machte Verbeugungen und sagte: „Gnädigste, verehrungswürdigste ! Überzeugt, dass ich diese Aufnahme allein Ihrer gütigen Nachsicht verdanke, werde ich alle Mühe anstrengen, um mitten unter diesen vollendeten Künstlern mich Ihres Wohlwollens, des Beifalls meiner teuren Landsleute verdient zu machen“. Nach dem Pas de deux begab ich mich ins Bett und traf Therese von „Achille“ schon zu Hause. Heute zogen Schmidt und Tandler ein.
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Ein trockener Tag. Früh zum Grafen, Theaterkanzlei, Stessel und Kárner. Mittags speisten Csekonics, Pepi und Werlen bei uns. Nach Tische kam Schmidt, um 4 h ging ich zu Teki (?), dann zu Richart und zusammen ins Josephstädter Theater, Schikaneders Einnahme, ein türkisches, sinnloses Stück in 5 Akten. Es war so schlecht, dass ich nicht einmal lachen konnte. Ich hatte viel Langeweile. Nach dem Theater nach Haus. Therese war am Vormittag bei der Kaiserin, die sie sehr gnädig aufnahm, ihr sehr viel Lob über ihre Kunst und Gesang sagte und sich sehr gnädig betrug. Sie besuchte die Kammerfrau Schosulan, Fräulein Hainisch und die Rösler. Alle empfingen sie sehr freundschaftlich und luden sie zu sich. Abends war Therese bei den Schreibers.
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Den ganzen Tag schneit es. Früh zum Grafen, Theaterkanzlei, nach Haus, wo wir einen Besuch von Csekonics und Pepi hatten. Nach 11 h ging ich ins Kärntnertor-Theater in die Generalprobe von „Axur“, hörten den 3. Akt an, dann nach Haus. Agnes speiste mit uns. Nach Tische arbeitete ich zu Hause, dann zum Vetter Uhrmacher wegen Zichori-Kaffee für meine Mutter. Abends zu Richart ins Kärntnertor-Theater, Korntheuers 2. Versuchsrolle als Jude Baruch, ins Burgtheater „Räuberhöhle“. Im Kärntnertor-Theater ist weder an Logen noch an Sitzen etwas abgebrochen worden. Im 1. und halben 2. Akt blieb ich im Kärntnertor-Theater, dann ging ich ins Burgtheater. Dahin kam ich bis zum Anfang des 2. Akts und blieb bis zum Ende. Therese spielte mit vieler Laune. Ich plauderte da mit Csekonics, Pepi und Werlen. Nach dem Ende der Oper begab ich mich ins Kärntnertor-Theater und wartete dort das Ende ab. Ziegler spielte sehr schön und mit vieler Anstrengung. Korntheuer gefiel, nach dem Lärm zu berechnen. Ich bemerke, dass er den Charakter des Juden zu niedrig nahm, einen Binkeljuden daraus machte, der doch unmöglich so freien Zutritt bei Hof, beim Minister Dasitz, beim Sekretär Fallbring etc. haben kann und im Ganzen die Sprache und den Akzent nicht soutenieren kann. Er wurde vorgerufen, war schon im eigenen Kleid, dankte aber im Tone des Juden mit Folgendem ab: „Da ich Liebhaber von Prozenten bin, so danke ich für die hohen Zinsen, mit welchen Sie mein geringes Kapital verzinsen. Sollte ich so glücklich sein, in diesem großen Handelshause noch öfters zu handeln, so werde ich mit aller Anstrengung mich befleißen, gute Geschäfte zu machen und das bei mir mit Wucher angelegte Kapital zu erhalten suchen“. Krüger spielte anstatt Brockmann mit allem Fleiße, konnte aber Brockmann nicht einen Augenblick vergessen machen. Besonders vermisste man Brockmanns Festigkeit bei der Szene mit dem Fürsten, wo er ausruft „Euer Durchlaucht, ich werde gejagt !“ Mit Nigst traf ich im Theater zusammen, mit selber nach Haus.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).