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Lfd Nr Jahr Monat Tag Eintrag Namen Referenz
281 1798 5 15 Ein angenehmer, heiterer Morgen. Früh besuchte mich Anton. Ich arbeitete bis 12 h und ging dann zu v. Kárner, von welchem ich sehr unangenehme Sachen und seine mutmaßliche Entfernung vom Fürsten erfuhr. Sehr beugte mich dies und stimmte mich ganz zur Melancholie. Mittags aß ich beim Steindl. Nach Tische besuchte ich Brandl, besah beim Wagner und Schmied meine Arbeiten, ging auf den Markt zum Leyrer (?) und später zur Gassmann, welche sehr verdrießliche Miene machte, welches mich so verdross, dass ich nicht im Stande war, mit ihr auch nur ein freundlich Wort zu reden. Ich blieb bis Therese ins Theater zu „Pirro“ fuhr. holte Klimbke im Theater ab, spazierten auf die Bastei und soupierten beim Steindl. Klimbke führte mich in sein Quartier, welches beim Schmirer ist, und mir, schon weil finster, nicht behagt. Ich war sehr düster den ganzen Abend. Die Lage meiner Therese, die Umstände und Verhältnisse unseres Hauses, v. Kárners Entfernung vom Fürsten, alles wirkte auf mich so schrecklich und macht mich das Leben verachten. Heute war Feuerwerk; da aber die Witterung abends trübe war, scheuten sich viele vor dem Regen und die Gesellschaft im Prater war nicht zahlreich. Band 01 (I.), Seite 37r
282 1798 5 16 Von 6 bis 10 h arbeitete ich zu Hause, ging dann zum Fürsten, welchen ich nicht mehr fand; also nach Hause. Eisenfest (?) begleitete mich und Schletter (?) war eben auf Besuch. Vor Mittag kaufte ich noch einen Spiegel für die Artner. Ich arbeitete bis 2 h und speiste später bei Frau Nannerl mit Eisenfest. Nach Tisch arbeitete ich noch zu Hause bis 5 h, dann besuchte ich Theresen und blieb bis sie in den „Seltenen Fall“ ins Burgtheater gingen. Theresen wurde wieder eine Menge erzählt in Bezug auf unsere Verbindung, dass ich wahrhaftig selbst glaube und hoffe selbst, dass eher ein Bettler König wird als dass Therese mein Weib wird. Man hat so wenige frohe Augenblicke, denn unser Dasein ist nur ein Traum, und diese wenigen verbittern sich noch Menschen. Später gingen Klimbke und ich ein Weilchen in der Stadt herum. Ich ging nach Hause, schrieb noch eine Stunde und legte mich um 10 h schlafen. Dies sind noch meine besten Stunden. Band 01 (I.), Seite 37r
283 1798 5 17 Christi Himmelfahrt; ein schöner, heiterer Morgen. Um ¼ auf 5 h stand ich auf und machte mich zur Landreise fertig. Meine Gesellschaft, Herr v. Senestri (?), sein Schwager Kollmann (?) und Klimbke versprachen, punkt 5 h bei mir zu sein und waren um ½ 6 h noch nicht hier. Es ist sehr unangenehm, einen so schönen Morgen verlieren zu müssen; ich bin darüber umso mehr verdrießlich, weil ich sie so sehr bat, die Stunde zu halten. Etwas vor 6 h kamen sie; etwas Slivovitza, dann fuhren wir durch Döbling, Grinzing auf den Cobenzlberg. Einmal verfuhren wir uns und verloren eine halbe Stunde. Auf dem Cobenzl gingen wir in den Garten, besuchten einige schöne Plätze, mit prächtigen Aussichten, frühstückten und machten uns auf den Weg zum Kahlen- und Leopoldsberg. Wir ergötzten uns an den malerisch schönen Aussichten über Wien, Donau, die Orte Klosterneuburg, Kritzendorf – wo das Aufgebot war – Langenzersdorf, Korneuburg, Klein Maria Taferl, Bisamberg und das ganze Marchfeld. Ich wäre so selig unterhalten gewesen, wenn nicht sehnsuchtsvolle Erinnerungen und herzliche Wünsche nicht noch etwas wünschen übrig gelassen hätten. Wir sahen auf den Bergen die verschiedenen Landhäuser an, besonders gefiel mir ein ganz auf türkische Art möbliertes Zimmer, wo die Möbel aus sehr schönen weichen türkischen Stoffen sind, des Prinzen de Ligne auf dem Leopoldsberg. Kollmann schäkerte da ein Weilchen mit des Wirts Therese, weswegen und wegen beispiellosem Heroismus des Aufgebots er manche Anspielung hören musste. Mit vielen Umwegen und auf einem sicher gesperrt gewesenem Wege kamen wir um ½ 2 h mittags zurück auf den Cobenzl, aßen da recht gut und besuchten nach Tisch das Gütchen des Barons Braun am Himmel, welches uns ausnehmend gefiel: die romantisch schöne Lage, das ausgesprochen geschmackvoll möblierte Landhaus mit der Aufschrift auf der Fassade „Ein mäßig Feld, davor ein Garten schließet,ein steter Bach, der nah am Hause fließet,ein klein Gehölz war meiner Wünsche Zug.Der Himmel gab’s; ich hab mehr als genug.“Das Grabmal, welches Braun seinen Kindern Marie und Heinrich, dann seinem Vater setzen ließ, der Obelisk, verrieten den 1. Mai 1795, welchen der Sohn seinem Vater in 14 Tagen erbaute und worauf Alxinger eine sehr passende Inschrift machte; die Einsiedelei mit dem Springwasser, der Holzstoß mit dem Grazien (?)-Bette und den Statuen von Venus und Adonis; die Teiche mit den Goldfischen, die verschiedenen passenden Inschriften, worunter besonders jene auf einem Baum:„Der Mensch – ein Widerspruch: dünkt sich stets groß und klein,zankt mit sich selbst; kann er wohl glücklich sein ?“dann jene auf dem Grabmal:„Ein Weiser lernt, sich und die Welt beglücken,und selbst auf Gräbern Rosen noch zu pflücken.“Zurück zum Cobenzl, gingen in den Kuhstall, wo sehr schönes Vieh war, dann in Garten und Wald, sahen die besonders gut gewählte geflochtene Brücke, die Alpenhütte mit schöner Aussicht, die zwei Tempel, wovon mir jener in gotischer Art, mitten drin ein Eichbaum, welcher den Tempel bekränzt, besonders gefiel. Den Reiz dieser Gegenden erhöhen noch mehr die unbegrenzte, malerisch schöne Aussicht und die balsamischen Düfte, welche man einatmet, und woraus der Mensch frei von Plage und städtischem Ungemach Erquickung findet. Wir blieben bis 7 h, dann fuhren wir in die Stadt und gerade ins Kärntnertor-Theater, wo – als „Die adelige Schäferin“ – die Costello und Mändel (?) auftraten. Beide missfielen und – ein äußerst seltener Fall – wurden nicht einmal herausgeklatscht. Therese – dies hörte ich gleich beim Eintritt – hat ihre Arie unnachahmlich schön gesungen; ich war ganz begeistert und bis zu Tränen gerührt. Ihr Rondeau sang sie aber mit so viel Kunst und Annehmlichkeit, und nur sie erhielt die Oper, dass sie nicht ausgezischt wurde. Am Ende wurde Therese einstimmig herausgeklatscht. Wie mich dies freute, kann ich nur fühlen ! Ich liebe Theresen so herzlich, dass ich … Gott ! Ich kann den Gedanken einer Trennung nicht fassen. Nach dem Theater wartete ich beim Wagen, drückte und küsste Theresen die Hand, zollte ihr meinen herzlichen Beifall und wünschte ihr eine gute Nacht. Weinmüller fuhr mit ihr nach Hause; dem machte ich auch mein Kompliment. Durch Klimbke schickte ich Theresen als Beweis meiner Erinnerung blauen Holler auf’s Theater, welcher sie sehr freute. Nach dem Theater schlich ich ernst und düster mit dem möglichen Gedanken an eine Trennung nach Hause, schrieb bis ½ 12 h und wiegte mich dann in Morpheus’ Arme. Lange konnte ich nicht einschlafen; Therese, Trennung, der Gedanke an ein infames, freudloses Leben machten mich ganz melancholisch. Band 01 (I.), Seite 37r
284 1798 5 18 Ein heiterer Tag, aber sehr warm. Um 6 h stand ich auf und arbeitete bis 10 h, dann machte ich v. Kárner einen Besuch, von dem ich das Schrecklichste, was ich immer fürchtete, seine Entfernung vom Fürsten, hörte. Dies machte mich ganz mutlos und öffnete mir die traurigsten Aussichten auf die Zukunft. Lange sprachen wir zusammen und am Ende war das Resultat, dass der Lohn für Treu und Diensteifer im fürstlichen Hause Undank und Kabale sei. Später besuchte ich Klimbke in der Kanzlei und speiste mit ihm beim Steindl. Ich klagte ihm mein trauriges Schicksal; er suchte mich zu beruhigen, es blieb aber beim Versuch. Nach Tische ging ich zu meiner Therese, zu dem guten, vortrefflichen Mädchen, das ich mit jedem Tage mehr liebe und welche mir im Falle einer Trennung Ruhe, Zufriedenheit und Liebe zum Leben rauben würde. Ich bleib bis 6 h, ging dann zu Senestri und mit diesem und dem jungen Kollmann in den Garten auf der Landstraße, der ihnen ausnehmend gefiel. Wir begegneten dem Fürsten und der Gräfin, ich hatte eine Fatalität im Tempel mit dem Bette. Es erhob sich ein gewaltiger Wettersturm; wir fuhren nach Hause. Ich soupierte beim Senestri. Um ½ 10 h ging ich nach Hause, und um meines Loses nicht nachzudenken, gleich ins Bett. Band 01 (I.), Seite 38r
285 1798 5 19 Früh arbeitete ich, dann ging ich zum Fürsten, blieb bis 12 h und erfuhr, dass der Commandierende des Seitz Bedienten einsperren und die Ausfolgung des Seitz seines Pferdes von der Garde verbieten ließ. Seitz entschloss sich, früh nach Eisenstadt zu reisen, um dieser Fatalität auszuweichen. Um 4 h ging ich zu Therese. Wir sprachen vom Theater, von der Aufhebung der Oper „Die adelige Schäferin“, der Abdankung der Costello und des Mändel (?), und den Kabalen, welche die Weiglsche Brut stets anzettelt und worunter auch die Gassmannischen sehr leiden. So verdrängt ein Ungemach das andere und keine Aussichten besserer Tage; fuhren später in den Schwarzenbergischen Garten. Ich sprach in Rücksicht auf unsere Verbindung mit Theresens Mutter sehr ernsthaft, und mit meiner Therese; begleitete sie über die Glacis zum Burgtor und ins Theater. Es war 9 h und ich ging nach Haus. Band 01 (I.), Seite 38r
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.

Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:

  • Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
  • Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
  • Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
  • Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
  • Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.

Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).


(†) Peter Prokop, Wien, im Februar 2016

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