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Lfd Nr Jahr Monat Tag Eintrag Namen Referenz
286 1798 5 20 Heute wurde uns der neue Personal- und Pferdestand zugeschickt. Früh arbeitete ich im Hause, später ging ich zu Therese und ins Haydnische Amt zu den Michaelern, später zu v. Kárner, von welchem ich den festen Entschluss erfuhr, den Fürsten zu verlassen. Mittags aß ich bei Therese. Abends ging ich ins Wiedner Theater, wo „Der Schmied und sein Sohn“, eine Oper von Perinet verfertigt, aufgeführt wurde. Sie ist sehr schlecht, voll Zoten und Possen, und unter aller Kritik. Im Theater sprach ich den Fürsten Philipp Liechtenstein, den Sook (?) und die Ponzin (?). Nach dem Theater ging ich gerade nach Hause. Band 01 (I.), Seite 38v
287 1798 5 21 Wie gewöhnlich, stand ich um 6 h auf, verfertigte der Barbara Baumannin (?) eine Bittschrift, bekam Besuch vom Ringer, der gleich wieder wegfuhr und arbeitete bis 2 h Mittag. Ich aß bei der Traiteurin Anna Klampflin und besuchte meine Therese, blieb den ganzen Abend. Wir waren so ganz leidlich ruhig, sprachen von unserer künftigen Einrichtung, vom Wirtschaften und bebten vor dem Gedanken einer möglichen Trennung. Sie liebt mich so innig, dass ich nur für sie lebe. Trollte mich um 9 h nach Hause. Im Nachhause gehen begegnete mir Lichtscheindl, der mir die Hiobsnachricht sagte, dass heute v. Kárner vom Fürsten ein Handbillett wegen seiner Niederlegung des Direktorsdienstes in den schmeichelhaftesten Ausdrücken erhielt, und dass v. Kárner sein untergeordnetes Personale versicherte, dass selbes nichts zu fürchten habe. Traurig und voll schrecklicher Ideen für die Zukunft kehrte ich nach Hause und um meiner Melancholie nicht mehr Nahrung zu geben, eilte ich gleich ins Bett. Band 01 (I.), Seite 38v
288 1798 5 22 Ein düsterer, kalter Morgen. Ich stand wie gewöhnlich auf, arbeitete bis 9 h, da ging ich zum Fürsten unterschreiben, sprach da mit v. Kárner, las das Billett des Fürsten an ihn, welches mich sehr traurig machte, weil es einen Beweis von der Schwäche unseres Fürsten gab. Wer hätte dies mit Anfang 1798 vermutet ! Alles im Hause ist wegen Abgang des v. Kárner traurig, alles liebte, schätzte ihn, denn er war im strengsten Verstande Biedermann. Lange sprachen wir zusammen und alles öffnet uns die traurigsten, hoffnungslosesten Aussichten in die Zukunft. Später ging ich dann zu Seitz, welcher in der Nacht mit der Bartenstein aus Eisenstadt kam, und bei ihrem Bruder Cronenberg wohnte, und tröstete ihn, dass er bald einen Besuch von Kárner erhalten würde. Beim Fürsten blieb ich bis 1 h, bis er ausging und verlor den ganzen Vormittag vergebens, denn er ging mit Graf Carl aus und unterschrieb nichts. Stocklass kochte für Großmann (?), Giáy und mich Lungenbraten; wir aßen zusammen und klagten unser unglückliches Los. Nachher besuchte ich Therese, welcher ich v. Kárners Entfernung auf eine gute Art vortrug, worüber sie dennoch sehr bestürzt war. Ich blieb da bis zur Theaterzeit, wo wir alle zusammen im Burgtheater die „Gratulation (?)“, eine Posse von Jünger, besuchten. Therese und ich saßen zusammen und unterhielten uns so gut es unsere Lage gestattete. Die Posse missfiel ganz und wurde ausgezischt. Im Theater sprach ich mit Rhode und dem Tischler Flach, welchen ich mit mir nach Hause nahm und der bei mir schlief. Rhode klagte mir außerordentlich über Kárners Abgang, und so wurde die traurige Szene wieder erneuert. Gott ! was werde ich noch erleben ! Flach und ich schwätzten zu Hause noch bis 11 h, dann legten wir uns düster und trostlos ins Bett. Band 01 (I.), Seite 38v
289 1798 5 23 Ein kalter Dezembermorgen, es regnet heftig und der ganze Horizont ist umzogen. Mit banger Ungewissheit, ob nicht heute ein neues Ungemach das Gestrige verdrängt, erwachte ich. Früh kam der Stallmeister und sagte mir, dass von der Hofstatt 10 entlassen würden. Schrecklich, schaudervoll für uns alle ! Flach und ich frühstückten zusammen, dann ging selber zu v. Kárner in die Stadt. Ich arbeitete zu Hause, aber mit welchem Eifer, welcher Ruhe, dies kann sich denken, wer meine Lage kennt, der fühlt, was es heißt, Ruhe, Zufriedenheit und selbst Hoffnung eines besseren Lebens verloren zu haben. Mittags um 2 h aß ich bei der Traiteurin, ging zu v. Kárner, den ich nicht fand, von da zu Therese, wo ich blieb, bis sie in die „Molinara“ fuhr. Unsere Unterhaltung war ernst, traurig und voll Furcht einer Trennung. Abends wollte ich nochmals v. Kárner sprechen, war aber nicht zu Hause. Ich hörte vom Bartl (?), dass er heute alle Schriften dem Siess übergab; traurig, sehr traurig !. Beim Brandl soupierte ich und ging nachher mit seinen Söhnen in die Werkstatt. Um den Beweis meiner Stärke zu geben, hob ich einen Amboss 3 Zentner schwer. Um ½ 10 h bei heftigem Wind und Regen eilte ich nach Hause. Band 01 (I.), Seite 39r
290 1798 5 24 Kalt wie im Februar und ein unaufhörlicher Regen. Diese traurige Witterung hat auf meine düstere Seele großen Einfluss. Ich arbeitete zu Haus bis 2 h, speiste mit Kárner beim Steindl, hatte mit meinen Aussagen einen kleinen Spaß. Als wir allein waren. erzählte er mir die unedle Behandlung, welche ihm der Fürst erwies, dies stimmte mich wieder ganz um. Später besuchte ich Therese und fand das liebe Mädchen traurig und düster: die Mutter ! die Mutter ! wenn doch nur die Mutter einen Blick auf ihre Jugendjahre zurückwerfen wollte! Sie ist beinahe unerträglich. Therese fuhr in die Oper „Pirro“ und ich soupierte beim Brandl. Um 10 h war ich schon im Bette. Band 01 (I.), Seite 39r
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.

Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:

  • Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
  • Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
  • Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
  • Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
  • Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.

Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).


(†) Peter Prokop, Wien, im Februar 2016

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