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Lfd Nr Jahr Monat Tag Eintrag Namen Referenz
251 1798 4 15 Nachtrag zur Stürmung des Hauses des Bernadotte: Der Gesandte war mit dem größten Teil seiner Leute in einem Zimmer im hinteren Trakt seines Hauses, schrieb und hatte vor sich seinen Degen und 2 Pistolen. Seine Leute waren so gut als möglich bewaffnet. Durch das Wüten des Pöbels wurde der Madame Coudin übel. Bernadotte ließ sie in ein anderes Zimmer bringen und empfahl seinem Personale, welche vordem meistens Soldaten gewesen, Mut. Als das Volk die Tore erbrach und das Haus plündern wollten, schossen ein paar von des Gesandten Leuten herab, verwundeten 6 Mann und warfen dann mit Steinen und Kaminholz unter den Pöbel, wodurch sie abgeschreckt wurden, die oberen Zimmer zu stürmen. Bernadotte war wütend, und als ihn seine Leute baten, zur Verhinderung des Aufruhrs schon die Fahne einzuziehen, schwor er, diesen erschießen zu lassen, der es wagte, ihm nochmals so einen Vorschlag zu machen. Heute früh hingegen fingen wieder die Konferenzen an. Bernadotte machte überspannte Forderungen, forderte Bestrafung mit dem Tode aller Rädelsführer und Kassation der Offiziere, welchen es Pflicht, das Volk abzuhalten und die so schlechte Anstalten dagegen machten. Gestern schickte Bernadotte seinen Adjutanten mit Depeschen; auch noch diesen misshandelte der Pöbel, die Wache musste ein Karree schließen und ihn so nach Hofe führen. Bernadotte sagte bei dem Besuche des Degelmann, Saurau, Ley und mehreren anderen die bittersten Wahrheiten über die elenden Anstalten zur Herstellung der Ruhe. Gestern schickte man von Seiten des Hofes eine spezielle Nachricht von dem ganzen Vorfall nach Paris, und ließ diese von Bernadotte auch noch unterschreiben. Dann erst erlaubte man demselben, einen Kurier an das Direktorium zu schicken. Heute reiste er selber mit dem größten Teil des Personales, worunter auch sein Sekretär Freville, welcher schon als Emigrant lange hier war, in mehreren großen Häusern Entrée hatte und ein Spion der Republik war, nach Paris zurück. Ein Zirkulare zur Herstellung der öffentlichen Ruhe wurde an allen Orten angeschlagen. Die Wachen blieben den ganzen Tag lang und abends ließ man das Haus mit 4 Mann Infanterie bewachen. Ich arbeitete zu Hause von 6 bis 10 h. Dann ging ich zu v. Kárner und mit selbem eine Zeitlang spazieren. Er ritt dann in den Prater und ich ging über die Bastei zu Gassmann, wo ich speiste. Nach Tische fuhren wir zusammen in den Prater, trafen Kárner beim Einsiedler, schlichen eine Weile herum und um 5 h fuhr Therese, weil sie spielen musste, nach Hause. Ich begleitete sie noch bis zum Wagen und blieb dann noch im Prater bis 8 h. Klimbke und Peresutti begegnete ich; mit diesen führte ich politische Diskussionen. Wir gingen dann zusammen in die Stadt. Ich begleitete Nina vom Theater nach Hause, soupierte mit Agnes da. Um ½ 11 h führte ich die Nina, Agnes, Tante und Rosalie zur Redoute, empfahl mich und schlich müde und schläfrig nach Hause. Im Gehen dachte ich den Folgen von Bernadottes Abreise nach und ward sehr düster. Band 01 (I.), Seite 32v
252 1798 4 16 Früh um 6 h stand ich auf und arbeitete zu Hause den ganzen Tag bis abends 6 h, speiste in meiner Wohnung. Es war den ganzen Tag ein schrecklicher Sturm, der Wind heulte, als ob der Tage letzter im Anzug wäre. Klimbke frühstückte bei mir; wir schwätzten von politischen Gegenständen und stimmten darüber überein, dass des Gesandten Abreise traurige Folgen für den Staat haben kann. Abends ging ich mit dem Stallmeister in die Stadt, dann in die Stephanskirche, bewunderte die prächtigen, zum morgigen Feste aufgemachten Tapeten; besuchte dann Therese, die ich weinend fand. Nach 7 h begleitete ich Mutter und Tochter zur Probe von „Dorf im Gebirge“, ging dann mit dem Pudel spazieren und über den Graben zu Therese, welche ich schon zu Hause fand. Es war ein sehr düsterer Abend und so auch unsere Gesellschaft. Die Mutter hatte eine Menge im Kopfe und Nina kam erst nach ½ 10 h von der Probe. Da wurde soupiert; ich empfahl mich und trollte mich nach Hause. Mir ist nicht wohl; ich fühle Halsschmerzen und heftigen Schnupfen. Band 01 (I.), Seite 33r
253 1798 4 17 Früh arbeitete ich zu Hause. Appetit habe ich keinen. Später ging ich in die Stadt, nach St. Stephan, mit der Garden Tongy (?). Sahen den Feierlichkeiten zu; ich sprach mit vielen Bekannten. Nach Mittag ging ich zu Therese, sprach mit ihr ein Weilchen, dann ins Burgtheater zum Gelegenheitsschauspiel mit Gesang „Das Dorf im Gebirge“, die Musik von Weigl, der Text von Kotzebue; beides ennuyent und höchst schleppend. Mein Paroxysmus mehrt sich heftig und ich war nicht im Stande, aufrecht zu stehen; mittwochs fürchte ich schon, zu Hause bleiben zu müssen. Die Tante und Agnes waren auch darin, durch Spaß (?) verschaffte ich ihnen Plätze; dann eilte ich nach dem Theater, um Therese doch noch zu sehen. Band 01 (I.), Seite 33r
254 1798 4 18 Ich ward sehr übel, hatte heftigen Schnupfen, Katarrh und Halsschmerzen, lag bis abends im Bette. Da machte ich mich doch auf und ging zu Theresen, blieb da von 6 bis 8 h. Die Mozart kam zu Besuch. Dann fuhr ich nach Hause. Ich aß den ganzen Tag nichts, hatte eine schlaflose, elende Nacht mit außerordentlichen Halsschmerzen. Band 01 (I.), Seite 33r
255 1798 4 19 Ich lag elend im Bette; Filkuka ist mein Arzt, ich nahm zum Abführen ein. Habe anhaltenden Durst, Ekel vor allem und unerträgliche Halsschmerzen. Nach Mittag besuchte mich die Muhme Reyher (?), welche mir meine gute Therese schickte. Abends kam Klimbke und so verging die Zeit bis 10 h. Die Nacht war fürchterlich, denn sie war schlaflos und voll Schmerzen. Band 01 (I.), Seite 33r
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.

Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:

  • Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
  • Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
  • Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
  • Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
  • Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.

Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).


(†) Peter Prokop, Wien, im Februar 2016

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