Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [251]

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1798
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Nachtrag zur Stürmung des Hauses des Bernadotte: Der Gesandte war mit dem größten Teil seiner Leute in einem Zimmer im hinteren Trakt seines Hauses, schrieb und hatte vor sich seinen Degen und 2 Pistolen. Seine Leute waren so gut als möglich bewaffnet. Durch das Wüten des Pöbels wurde der Madame Coudin übel. Bernadotte ließ sie in ein anderes Zimmer bringen und empfahl seinem Personale, welche vordem meistens Soldaten gewesen, Mut. Als das Volk die Tore erbrach und das Haus plündern wollten, schossen ein paar von des Gesandten Leuten herab, verwundeten 6 Mann und warfen dann mit Steinen und Kaminholz unter den Pöbel, wodurch sie abgeschreckt wurden, die oberen Zimmer zu stürmen. Bernadotte war wütend, und als ihn seine Leute baten, zur Verhinderung des Aufruhrs schon die Fahne einzuziehen, schwor er, diesen erschießen zu lassen, der es wagte, ihm nochmals so einen Vorschlag zu machen. Heute früh hingegen fingen wieder die Konferenzen an. Bernadotte machte überspannte Forderungen, forderte Bestrafung mit dem Tode aller Rädelsführer und Kassation der Offiziere, welchen es Pflicht, das Volk abzuhalten und die so schlechte Anstalten dagegen machten. Gestern schickte Bernadotte seinen Adjutanten mit Depeschen; auch noch diesen misshandelte der Pöbel, die Wache musste ein Karree schließen und ihn so nach Hofe führen. Bernadotte sagte bei dem Besuche des Degelmann, Saurau, Ley und mehreren anderen die bittersten Wahrheiten über die elenden Anstalten zur Herstellung der Ruhe. Gestern schickte man von Seiten des Hofes eine spezielle Nachricht von dem ganzen Vorfall nach Paris, und ließ diese von Bernadotte auch noch unterschreiben. Dann erst erlaubte man demselben, einen Kurier an das Direktorium zu schicken. Heute reiste er selber mit dem größten Teil des Personales, worunter auch sein Sekretär Freville, welcher schon als Emigrant lange hier war, in mehreren großen Häusern Entrée hatte und ein Spion der Republik war, nach Paris zurück. Ein Zirkulare zur Herstellung der öffentlichen Ruhe wurde an allen Orten angeschlagen. Die Wachen blieben den ganzen Tag lang und abends ließ man das Haus mit 4 Mann Infanterie bewachen. Ich arbeitete zu Hause von 6 bis 10 h. Dann ging ich zu v. Kárner und mit selbem eine Zeitlang spazieren. Er ritt dann in den Prater und ich ging über die Bastei zu Gassmann, wo ich speiste. Nach Tische fuhren wir zusammen in den Prater, trafen Kárner beim Einsiedler, schlichen eine Weile herum und um 5 h fuhr Therese, weil sie spielen musste, nach Hause. Ich begleitete sie noch bis zum Wagen und blieb dann noch im Prater bis 8 h. Klimbke und Peresutti begegnete ich; mit diesen führte ich politische Diskussionen. Wir gingen dann zusammen in die Stadt. Ich begleitete Nina vom Theater nach Hause, soupierte mit Agnes da. Um ½ 11 h führte ich die Nina, Agnes, Tante und Rosalie zur Redoute, empfahl mich und schlich müde und schläfrig nach Hause. Im Gehen dachte ich den Folgen von Bernadottes Abreise nach und ward sehr düster.
Band 01 (I.), Seite 32v
15.04.1798
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