Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [288]

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1798
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Ein düsterer, kalter Morgen. Ich stand wie gewöhnlich auf, arbeitete bis 9 h, da ging ich zum Fürsten unterschreiben, sprach da mit v. Kárner, las das Billett des Fürsten an ihn, welches mich sehr traurig machte, weil es einen Beweis von der Schwäche unseres Fürsten gab. Wer hätte dies mit Anfang 1798 vermutet ! Alles im Hause ist wegen Abgang des v. Kárner traurig, alles liebte, schätzte ihn, denn er war im strengsten Verstande Biedermann. Lange sprachen wir zusammen und alles öffnet uns die traurigsten, hoffnungslosesten Aussichten in die Zukunft. Später ging ich dann zu Seitz, welcher in der Nacht mit der Bartenstein aus Eisenstadt kam, und bei ihrem Bruder Cronenberg wohnte, und tröstete ihn, dass er bald einen Besuch von Kárner erhalten würde. Beim Fürsten blieb ich bis 1 h, bis er ausging und verlor den ganzen Vormittag vergebens, denn er ging mit Graf Carl aus und unterschrieb nichts. Stocklass kochte für Großmann (?), Giáy und mich Lungenbraten; wir aßen zusammen und klagten unser unglückliches Los. Nachher besuchte ich Therese, welcher ich v. Kárners Entfernung auf eine gute Art vortrug, worüber sie dennoch sehr bestürzt war. Ich blieb da bis zur Theaterzeit, wo wir alle zusammen im Burgtheater die „Gratulation (?)“, eine Posse von Jünger, besuchten. Therese und ich saßen zusammen und unterhielten uns so gut es unsere Lage gestattete. Die Posse missfiel ganz und wurde ausgezischt. Im Theater sprach ich mit Rhode und dem Tischler Flach, welchen ich mit mir nach Hause nahm und der bei mir schlief. Rhode klagte mir außerordentlich über Kárners Abgang, und so wurde die traurige Szene wieder erneuert. Gott ! was werde ich noch erleben ! Flach und ich schwätzten zu Hause noch bis 11 h, dann legten wir uns düster und trostlos ins Bett.
Band 01 (I.), Seite 38v
22.05.1798
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