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Anzeige von 881 - 885 aus 11858
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Lfd Nr Jahr Monat Tag Eintrag Namen Referenz
881 1800 1 4 Es regnet und schneit zusammen. Um 6 h schickte uns Kutschersfeld den Pferdestand, er und sein Sohn schmiedeten einen zusammen und der Bub fuhr damit zum Fürsten. Welche neue Schikane ! Er hat den Plan, seinen Buben in Tätigkeit zu setzen. Dieses Gewebe ist leicht zu durchsehen; vielleicht gelingt es ihm auch. Alles quält und ich stehe allein, von den Stürmen des Schicksals schon halb entwurzelt. Hoffnung, diese leidige Zuflucht allein, ist meine einzige Stütze, die mir noch übrig ist. Ich bin doch recht traurig ! Liebisch besuchte mich einen Augenblick. Um 11 h bekam ich die Mängel vom 3. Vierteljahr, las selbe und fand sie unbedeutend. Klimbke schickte ich zwei Bouteillen Slivovitza. Um 1 h ging ich zum Speisen und hörte, dass die Traun Theresen augenblicklich rufen ließ. Als Therese von der Probe zurückkam, erzählte sie, dass die Traun im Ton der Chatinka eine Bittschrift unserer Verbindung wegen machte, welche sie der Szilinska wegen Einreichung von ihrem Geburtstagsfest schicken wird. Die Mutter machte scheele Gesichter und ich verzweifle schon an allen guten Erfolgen, weil mir gar nichts gelingt. Bis ½ 6 h blieb ich da, dann ging ich ins Burgtheater, das „Neue Jahr“ zu sehen; aus Missmut schlief ich. Nach dem Stück gingen Klimbke, Bruder und ich zum Klapper soupierten; mein Bruder kam nach und um 9 h gingen wir nach Hause. Über den Erfolg der Bittschrift dachte und wachte ich die ganze Nacht; ich habe so gar keine Hoffnung. Band 02 (II.), Seite 60v
882 1800 1 5 Regen und Schnee. Um 9 h fuhr ich in die Stadt, zum Fürsten unterschreiben, dann ging ich zum Gönner. Kutschersfeld sprach heute wegen meiner Verbindung mit dem Fürsten, welcher wieder tausend Einwendungen machte. Er nahm sich meiner warm an. Mit dem Fürsten sprach ich nichts. Ich mag ihn gar nicht sehen. Um 12 h ging ich in die Theaterkanzlei, plauderte bis 1 h; dann zum Speisen. Nach Mittag wurde gespielt. Abends ging ich ins Kärntnertor-Theater; man gab „Svizzeri“ und „Hercules“; Giáy, Gio mit seinem Mädchen und Schwester, Jaquet waren auf dem Theater; mit diesen plauderte ich. Nach dem Theater trollte ich mich gleich nach Hause und hatte eine elende schlaflose Nacht Band 02 (II.), Seite 60v
883 1800 1 6 Dreikönigsfest. Düster und traurig sah ich dem Morgen entgegen. Kutschersfeld kam und erzählte von dem gestern Geschehenen; ich dankte ihm herzlich und bat um weitere Fortsetzung. Meiner Mutter schrieb ich. Fuhr um 10 h in die Stadt, ging zum Gönner, erfuhr aber nichts Neues. Dann in die Theaterkasse. Für morgen ist der Anfang der dreitägigen freien Spektakel bestimmt, weil gestern der Palatin mit seiner Gemahlin ankam; wir schrieben wieder Billette. Nach 1 h ging ich zum Speisen. Therese konnte mir nichts von der Traun sagen, oder die Traun will dem edlen Mädchen nichts Unangenehmes sagen. Meine Sehnsucht nach dem Erfolg der Bittschrift der Traun ist so groß, so wenig ich Hoffnung auf den erwünschten Erfolg habe. Zu Hause hörte ich, dass Freitag große Musik ist, und dass die Messen gemacht werden, welche der Fürst aus dem Reiche mitbrachte; Sonnabend Frühstück, dann Schlittenfahrt und Tafel für 40 Personen. Nach Mittag ging ich zum Gönner, fand ihn aber nicht mehr. Dann in die Theaterkanzlei, wo mir Pfersmann 2 Billetts in den 3. Stock gab. Abends ging ich ins Kärntnertor-Theater; man gab den „Bettelstudent“ und das „Neue Jahrhundert“. Eine Menge Bekannte fand ich, plauderte, doch war ich immer sehr missmutig. Nach dem Theater blieb ich ein Weilchen und sah dem Verzieren zu. Auch dem Burgtheater machte ich einen Besuch; dann speisten mein Bruder und ich beim Klapper, Klimbke war auch da. Um 11 h erst kamen wir nach Hause. Band 02 (II.), Seite 61r
884 1800 1 7 Früh kam Kutschersfeld, dem ich ein Billett in den 3. Stock gab; er sagte mir die Hiobsnachricht, dass Carl Zichy den Fürsten rangiere, dass das Haus reduziert werde und dass Zichy schon die zwei Ácser Schimmel geschenkt erhielt. Um 10 h fuhr ich in die Stadt zum Gönner, verschaffte ihm Theaterbilletts, welche ihm Pfersmann selbst brachte; dann ging ich in die Theaterkanzlei und zur Generalprobe der „Iphigenie“. Therese kam erst um 2 h aus der Probe nach Hause. Die Mutter beleidigte mich mit ihrem Argwohn wieder außerordentlich. Nach 3 h ging ich mit Tonerl ins Dorotheer-Kaffeehaus, wo mir Klimbke 2 Billetts ins Parterre noble gab. Ich ging ins Haus zur Tafel, sprach mit dem Hofmeister und Walther, ging zur Babett, welche mir versicherte, mit der Fürstin und Grassalkovich wegen unserer Verbindung zu reden. Rhode brachte ich die Billetts in den 3. Stock. Um ½ 6 h gingen Klimbke, Bruder, Fritsch, Tonerl, mein Bruder und ich ins Burgtheater. Es war ein majestätischer Anblick, den ganzen Schauplatz beleuchtet zu sehen. Die Girandolen und Luster machten einen sehr überraschenden Anblick, dann den ganzen Adel in Gala zu sehen. Als der Hof erschien, wurde zuerst das Brautpaar, dann der Kaiser und die Kaiserin mit allgemeinem Klatschen und Vivat-Rufen dreimal empfangen. Die Großfürstin ist angenehm, artige Figur. Unglaublich und äußerst ungebührlich ist der Lärm und das ewige Gezisch im Parterre; man verlor die Hälfte vom Stück. Die Koch als Iphigenie auf Tauris sprach zu leise und zu geschwinde; Brockmann, Lang und Ziegler spielten als Thoas, Orestes und Pylades schön, richtig und würdig ihres Künstlertalentes. Jede Stellung, jede Gruppe war malerisch und schön erhaben. Im Ganzen gefiel das Meisterstück Goethes nicht; traurig für unser Publikum. Im Kärntnertor-Theater gab man „Hercules“ und „Marktschreier“, frei für jedermann. Nach dem Theater soupierten wir beim Klapper und kamen erst um 11 h nach Hause; da meldete sich noch ein Gast, der Schäfer Haydn, welcher auf einem Sessel sitzend übernachtete. Band 02 (II.), Seite 61r
885 1800 1 8 Feuchte Kälte. Bis 10 h arbeitete ich, schickte der Mama Mehl, fuhr zum Gönner. In der Kanzlei machten wir unsere Manipulation der Billetts. Ich ging zum Brandl und mit selbem in die Kanzlei. Bei Tisch gab es Verdruss und ich empfahl mich. Klimbke erwartete mich im Kaffeehaus und gab mir Billetts ins Kärntnertor-Theater; ich ging ins Haus, gab sie den beiden Jungfern, Kampf, Giáy, Walther, Geyersperg, Kutschersfeld und Brandl. Stessel zahlte mir meine Anweisungen. Wir sprachen vom Verfall unseres Hauses, von Carl Zichys Eintritt als Plenipotentiaire, welcher schon bestimmt sein sollte, von der Einschränkung der Hofstatt und mehr dergleichen traurigen Gegenständen. Nach 5 h gingen Tonerl, mein Bruder und ich ins Kärntnertor-Theater. Pfersmann machte uns Entrée ins Parterre noble, wohin wir auch den jungen Roose mitnahmen. Es war ein überraschender Anblick, den großen Schauspielsaal beleuchtet zu sehen. Man gab die „Komödie aus dem Stegreif“, dann das neue Ballett „Cleopatras Tod“ von Clerico. Die Komödie war recht artig und unterhaltend, das Ballett schön, verständlich und nach der Geschichte gearbeitet, nur etwas zu lang. Das Spektakel dauerte bis nach 10 h Sacchetti zeichnete sich durch seine Dekorationen besonders aus. Das Publikum empfing den Palatin und Gemahlin, mit dem Kaiser und der Kaiserin mit dreimaligem Klatschen und Vivat-Rufen. Im Theater kam ich mit Barany zusammen und unterhielt mich recht angenehm; ich machte den Begleiter bis zu ihrer Wohnung im Klepperstall. Im Burgtheater frei für jedermann „Falstaff“, ebenfalls mit beleuchtetem Schauspielsaal. Nach dem Theater bewirtete ich meinen Bruder beim Klapper und so kamen wir erst nach 12 h ins Bett. Ich war sehr müde und schlief ziemlich gut. Band 02 (II.), Seite 61r
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.

Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:

  • Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
  • Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
  • Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
  • Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
  • Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.

Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).


(†) Peter Prokop, Wien, im Februar 2016

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