Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [884]

884
1800
1
7
Früh kam Kutschersfeld, dem ich ein Billett in den 3. Stock gab; er sagte mir die Hiobsnachricht, dass Carl Zichy den Fürsten rangiere, dass das Haus reduziert werde und dass Zichy schon die zwei Ácser Schimmel geschenkt erhielt. Um 10 h fuhr ich in die Stadt zum Gönner, verschaffte ihm Theaterbilletts, welche ihm Pfersmann selbst brachte; dann ging ich in die Theaterkanzlei und zur Generalprobe der „Iphigenie“. Therese kam erst um 2 h aus der Probe nach Hause. Die Mutter beleidigte mich mit ihrem Argwohn wieder außerordentlich. Nach 3 h ging ich mit Tonerl ins Dorotheer-Kaffeehaus, wo mir Klimbke 2 Billetts ins Parterre noble gab. Ich ging ins Haus zur Tafel, sprach mit dem Hofmeister und Walther, ging zur Babett, welche mir versicherte, mit der Fürstin und Grassalkovich wegen unserer Verbindung zu reden. Rhode brachte ich die Billetts in den 3. Stock. Um ½ 6 h gingen Klimbke, Bruder, Fritsch, Tonerl, mein Bruder und ich ins Burgtheater. Es war ein majestätischer Anblick, den ganzen Schauplatz beleuchtet zu sehen. Die Girandolen und Luster machten einen sehr überraschenden Anblick, dann den ganzen Adel in Gala zu sehen. Als der Hof erschien, wurde zuerst das Brautpaar, dann der Kaiser und die Kaiserin mit allgemeinem Klatschen und Vivat-Rufen dreimal empfangen. Die Großfürstin ist angenehm, artige Figur. Unglaublich und äußerst ungebührlich ist der Lärm und das ewige Gezisch im Parterre; man verlor die Hälfte vom Stück. Die Koch als Iphigenie auf Tauris sprach zu leise und zu geschwinde; Brockmann, Lang und Ziegler spielten als Thoas, Orestes und Pylades schön, richtig und würdig ihres Künstlertalentes. Jede Stellung, jede Gruppe war malerisch und schön erhaben. Im Ganzen gefiel das Meisterstück Goethes nicht; traurig für unser Publikum. Im Kärntnertor-Theater gab man „Hercules“ und „Marktschreier“, frei für jedermann. Nach dem Theater soupierten wir beim Klapper und kamen erst um 11 h nach Hause; da meldete sich noch ein Gast, der Schäfer Haydn, welcher auf einem Sessel sitzend übernachtete.
Band 02 (II.), Seite 61r
07.01.1800
Copyright © 2024 Heraldisch-Genealogische Gesellschaft "ADLER", Wien. All Rights Reserved. Austria-1095 Wien, Postfach 7, Universitätsstraße 6/9b