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Lfd Nr Jahr Monat Tag Eintrag Namen Referenz
926 1800 2 18 Trübe und kalt. Früh und am Vormittag arbeitete ich ununterbrochen. Um 12 h ging ich ins Haus, dann in die Kanzlei. Therese und Nina begegneten mir; wir machten zusammen eine Promenade zum Schottentor hinaus und zum Stubentor herein, sprachen von unseren Leiden und hatten den traurigsten Stoff. Ich beharrte darauf, der Mutter zu erklären, dass wir – da zu unserer Verbindung keine Aussichten sind – öfters die Theater besuchen, und Spaziergänge machen werden. Therese schwebt in ewigem Kampf zwischen Natur und Liebe, und so brachte sie mich auf’s Äußerste. Die Mutter lag im Bette; wir plauderten noch. Nach Tische begleitete ich die Mädchen zu Quarin; da begegnete mir die Kammerjungfer Babett und erzählte mir von Kutschersfelds Entlassung, dass Hauter schon als Stallmeister angestellt und morgen schon die Übergabe sein wird. Seine Frau war bei der Fürstin, sie ließ sie aber nicht vor sich, sondern ihr sagen, sie wisse warum sie komme und könne nicht helfen. Ich war über diese Nachricht wie vom Donner gerührt und bedaure ihn außerordentlich, denn er ist höchst unglücklich. Ich begleitete Babette ein Stück über den Graben, und als ich zurückkam, begegnete ich wieder Therese und Schwester. Ich erzählte ihnen die Nachricht, worüber sie nicht wenig erschraken. Ich konnte mich gar nicht fassen. Als ich wieder ins Haus kam, erzählte man es mir wieder aus vollem Munde. Wie unglücklich ist doch seine Lage ! Gott ! wie schrecklich und verzweifelt ist seine Lage ! Voll Schulden, ist er zweimal arm; vor 8 Tagen starb seine Geliebte, und heute seine Entlassung vom Dienste; das ist mehr als elend werden. Sekretär Burgerth und ich fuhren zum Schiffmeister Seiler, fanden ihn nicht zu Hause und bestimmten uns auf morgen. Wir sprachen zusammen über Kutschersfelds Schicksal. Er sagte mir, die Verwendung der Liechtensteinischen und Fellnerschen Pferdegelder sei die erste Ursache nebst mehreren anderen von Kutschersfelds Entlassung und dass der Fürst darum heute früh nach Eisenstadt fuhr, er will allen Bitten ausweichen. Abends war die Kutschersfeld abermals bei der Fürstin und kam nicht vor. Er fuhr abends ½ 6 h – wie man sagt – nach Eisenstadt; möchte doch seine Reise nicht fruchtlos sein ! Abends um 6 h ging ich ins Burgtheater, „Aeneas“ von Jünger. Weidmann sagte mir ihr Billett in die heutige Redoute zu, welches ich gleich okkupierte. Er war zu Hause, sie gab mir den Schlüssel zum Kasten, ich holte selbes und brachte es dem Mayer, welcher mit seinem Weibe den Kontratanz vom Viganò ansah. Im Theater war ich äußerst unruhig, doch etwas heiterte mich das Stück auf. Nach dem Theater gingen wir gleich nach Hause und ins Bett. Ich hatte heftigen Schnupfen und Kopfschmerzen mit Alteration. Band 02 (II.), Seite 67v
927 1800 2 19 Mir ist nicht recht wohl, rasende Kopfschmerzen quälen mich. Wegen Kutschersfelds Abreise unterblieb die Übergabe an Hauter, auch ist der Fürst nicht hier. Vormittag arbeitete ich sehr fleißig. Czech besuchte ich um 11 h, dann ging ich zu Klimbke und ins Haus. Im Hause schimpfte man schrecklich über den unglücklichen Kutschersfeld; er ist doch ein armer Mensch, hat nicht einen Freund. Mittags aßen wir allein, die Mutter lag. Nach Mittag kam Weidmann. Um 4 h ging ich ins fürstliche Haus, da hieß es, Burgerth sei ins Rote Haus gefahren. Ich ging nach, auf der Brücke begegneten wir uns. Ich setzte mich gleich zu ihm, fuhren nochmals ins Haus, dann zum Schiffmeister Seiler; mit welchem wir aber über den Kontrakt nicht einig wurden. Ich suchte Czech, weil ich ihn mittags nicht fand; dann nach Haus und ins Bett. Etwas besser schlief ich heute Band 02 (II.), Seite 68r
928 1800 2 20 Kalt und windig. Gestern Abend kam Kutschersfeld aus Eisenstadt zurück, ohne etwas erreicht zu haben. Herzlich dauerte es mich, ihn zu sehen; er ist höchst unglücklich. Er sagte mir mit einer Entschlossenheit, die mich erschütterte: „Was kann ich jetzt noch tun, als mich erschießen ?“ Burgerth war gestern bei seiner Frau, wo auch Van der Graf (?), welche ihn sehr schnöde behandelte und ihn erwägen machte, dass sie Garnisonsmajorin sei, ihn stutzen machte. Kutschersfeld ging, um sich Wege zu suchen, sein weiteres Fortkommen zu bahnen; möchte er sie doch recht gut finden. Um 11 h ging ich zu Czech; Walther war da, und ich ging gleich. Beim Portier fand ich zwei Redoute-Billetts, welche mit Therese sandte und welche ich dem Geyersperg gab. Dann machte ich eine Promenade über die Bastei; es war kalt und windig. Wir aßen allein, die Mama lag im Bette. Nach Tische begleitete ich sie zu Quarin, ging ins fürstliche Haus, wo eben der Fürst aus Eisenstadt zurückkam und über sein neues Reisekalesch sehr schimpfte. Die Kutschersfeld sprach mit ihm; noch hoffe ich für den Unglücklichen. Dann ging ich zu Burgerth, wir verabredeten für morgen nach Mittag zum Schiffmeister zu kommen. In der Sattlerei gab ich ihnen wegen der Liederlichkeit des Wagens einen Verweis. Dann ging ich zu Therese, der ich von Stocklass Bäckerei brachte. Abends kam auch Albert; wir gingen zusammen ins Kärntnertor-Theater. Man gab den „Schreiner“ und das „Waldmädchen“. Therese sang sehr schön. Sie hatte das neue Kleid aus blau gestreiftem Musselin an, welches ich vom Walther kaufte und den casimirenen Schal. Barany war im Theater, wir begleiteten sie nach Hause. Ich hatte eine schreckliche Nacht. Band 02 (II.), Seite 68r
929 1800 2 21 Kalt. Äußerst düster stand ich auf; um ½ 7 h kam schon Kutschersfeld und blieb bis ½ 10 h. Beide jammerten wir über unsere Lage. Hauptmann Reichenhall (?), welcher seinetwegen ebenfalls dem Fürsten schrieb, kam und brachte ihm Nachricht, aber keine gute. Nach 10 h schickte der Graf um mich und den Kutschersfeld. Um ½ 12 h ging ich zu ihm; Kutschersfeld kam in Tränen von ihm heraus. Er sagte mir, dass man mich hinab auf die Güter geben werde, und dies ohne Zweifel. Ich erklärte ihm, dass ich nichts habe, dass ich aber auf keinen Fall hinabginge, und wenn ich hier keinen Unterhalt finde, so bin ich – kurz, mir bleibt nichts übrig außer Selbstmord. Er sagte mir: „Wohl, für Kost und Quartier ließe sich etwas finden“; aber das sind Worte ... Ich ging zu Klimbke und mit ihm über die Bastei. Bei Tisch war es sehr ernst. Nach Mittag ging ich zu Burgerth, welcher mich beleidigend kalt empfing und sagte, er habe keine Zeit, zum Seiler zu gehen. Sonntag bestellten wir uns. Mit Giáy plauderte ich über meine Lage; er riet mir, mit Hauter zu reden, der zu Mittag immer im Kaffeehaus beim Wirschmid ist. Ich ging hin, wir sprachen zusammen, der Schwadroneur, meine Rechnung und alles führe er bei einem Stumpen Licht, er brauche keinen und mehr dergleichen; wenn es auf ihn ankommt, bin ich sicher geopfert. Ich ging zu Therese; in trautem Familienkreis plauderten wir von einem so traurig unverdienten Schicksal bis beinahe ½ 7 h. Therese fuhr ins Burgtheater zu den „Drei Sultaninnen“. Willmann sang seit ihrer Krankheit zum ersten Mal und ich ging nach. Therese sang so schön, sah ungemein gut aus und entzückte mich ganz. Barany war da mit ihrem Schönen. Nach dem Theater ging ich allein nach Hause. Mein Bruder servierte beim Chevalier Reel (?). Band 02 (II.), Seite 68v
930 1800 2 22 Kalt und windig. Um 6 h stand ich auf, arbeitete bis 9 h, ging zum Lackierer und zum Fürsten unterschreiben. Der Fürst behandelte mich auf die unbilligste Art, ganz wider mich eingenommen, wirft mir Gegenstände zur Last, weswegen einzig und allein Stallmeister und Sattelknecht da sind. Er kränkte mich auf’s äußerste und sagte, dass er auch meine Rechnungen auf 2 Jahre untersuchen lassen wird und dann ...; – welch ein beleidigendes Misstrauen ! Schnell antwortete ich ihm: „Dabei bin ich ruhig, es wird viel mehr zu meiner Rechtfertigung sein.“ Schmerz und Gram bemächtigten sich meiner. Vom Fürsten ging ich zum Dr. Paumgarten, um zu erfahren, ob von der Regierung noch kein Bescheid wegen Errichtung des Steinkohlenmagazins erfolgt sei; noch ist nichts entschieden. Von da eilte ich nach Hause, um zu verstehen und nachzusehen, was denn in meinen Rechnungen bedenkliches wäre, und fand nichts. Dann ging ich ins Haus. Görög ließ mich rufen um die wahren Ursachen von Kutschersfelds Entlassung zu erfahren, die ich selbst nicht bestimmt weiß; zum Speisen. Theresen erzählte ich das Geschehen. Sie versuchte mich zu trösten und vermochte es nicht. Geritten (?) kam Kutschersfeld zu Gassmann und suchte zu erfahren, was der Fürst wegen seiner sprach; er erwähnte seiner gar nicht. Um 5 h ging ich ins Haus, zum Brandl, zum Czech, wo es Eifersuchtsgeschichten und Weinsorgen gab. Endlich schlafen; das war ein trauriger Tag. Band 02 (II.), Seite 68v
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.

Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:

  • Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
  • Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
  • Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
  • Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
  • Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.

Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).


(†) Peter Prokop, Wien, im Februar 2016

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