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Lfd Nr Jahr Monat Tag Eintrag Namen Referenz
906 1800 1 29 Früh schickte ich meinen Bruder wegen Lettern zum Jahn, er bekam keine; dies ärgerte mich. Ich machte mich selbst auf den Weg und bekam, was ich wollte. Vor Mittag kam ich mit dem Vetter zweimal zusammen; höchst ungerufen war mir dies. Ich ging in die Kanzlei. Mit unserer Manipulation hatten wir bis 2 h zu tun; ich bekam [es?] vollkommen satt. Bei Tische hatte ich Verdruss wegen Redoute-Billetts; auch dem Bruder, Stocklass und Rhode schickte ich Billetts, dem Seiler gab ich’s selbst. Bis ½ 7 h spielte ich mit der Mama Mariage; ich ennuyierte mich sehr. Dann ging ich ins Haus, machte Visite. Um ½ 10 h ging ich nach Hause. Ich war den ganzen Tag sehr missmutig; nichts machte mir Vergnügen. Band 02 (II.), Seite 64r
907 1800 1 30 Vor Mittag arbeitete ich. Früh fuhr Kutschersfeld zum Fürsten, sprach von meiner Heirat; der Fürst toll, weil er in der Bittschrift las, dass er es mir schon versprochen hätte, leugnete es und lärmte gewaltig. Kutschersfeld riet, der Gräfin in meinem Namen zu schreiben, und zu bitten, den Fürsten zu vermögen, die Resolution herauszugeben. Ich tat’s, setzte meinen Brief auf, Tonerl schrieb ihn ab und so wurde er hineingeschickt; ich zweifle an einem Erfolg. Patsch kam; diesem schenkte ich eine Laterne und eine Bouteille Slivovitza. Nach 11 h machte ich eine Visite, dann ging’s zu Klimbke. Ich bin so missmutig, werde es stets mehr; mich fliehen alle Freuden. Bei und nach Tische war ich sehr düster. Nach Mittag kam ich ins fürstliche Haus, fand einen versiegelten Brief mit dem fürstlichen Petschaft. Der Inhalt war folgende Resolution auf meine eingereichte Bittschrift: „Des Herrn Supplikanten Verehelichungsgesuch habe auf sich selbst zu beruhen. Jedoch stehe es ihm frei, bei denen bereits getroffenen Anstalten zur unaufhaltbaren Vermählung zu schreiten, welcher Schritt zugleich die unmittelbare Entlassung vom Dienste zur Folge haben müsse … Ex Secretariatu Cels.mi Principatu Esterhaziani, Viennae 30. Januarii 1800. Ad mandatum vice Celsissimi m. p. Joannes Burgerth, Secretarius“. Beim Portier las ich es und stand wie eingewurzelt. So etwas vermutete ich so wenig, so sehr ich eine bessere Behandlung verdient hatte. Es ist ein gewaltiger Schlag für meine Gesundheit, solche öffentliche Schande, solche Entehrung, solche Kränkung ist an dem Leben des Menschen moralischer Mord. Mit aller Fassungskraft war ich unfähig, mich zu beruhigen. Ich schlenderte herum, war bei Lampl, rufte meinen Bruder aus dem Kaffeehause und erfuhr von ihm, dass am 28. die Clair Petrowitz starb; ein gutes Mädchen und Gespielin meiner seligen Schwester. Noch gesellte sich zu den Verdrießlichkeiten dieses an traurigen Gegenständen so denkwürdigen Tages noch jene, dass mir Klimbke sagte, unser Redoutespass sei auch entdeckt. So wird einem auch die kleinste Freude verbittert ! Schlaflos und elend war meine Nacht. Band 02 (II.), Seite 64v
908 1800 1 31 Reise des Fürsten auf Eisenstadt mit Carl Zichy und Joël. Früh 6 h kam schon Kutschersfeld; ich gab ihm diese entehrende Resolution zu lesen; er war nicht wenig entrüstet, bat sie ihm mitzugeben und versicherte, dass er gleich nach des Fürsten Abreise zur Fürstin und Gräfin gehen werde. Theresen schrieb ich; schickte ihr durch meinen Bruder das Billett samt Abschrift der Resolution, weil sie heute Mittag zur Gräfin Traun geht, damit sie ihr unsere Lage und schimpfliche Behandlung schildern kann. Mit Ekel ging ich an meine Geschäfte; missmutig und düster gelang mir nichts, nicht einmal das Mechanische entging meinen Händen. Um 11 h ging ich in die Stadt, machte Visite. Klimbke begleitete mich zum Speisen. Gleich beim Eintritt erzählte mir Therese, dass sie bei der Traun, dann mit einem Bilett von ihr zweimal bei Szilinska war, welche sie sehr freundlich aufnahm, sie zur Fürstin schickte, welche sie aber nicht vorließ, sondern ihr versichern ließ, dass sie alles versuchen werde und dass sie nur ruhig sein möchte. Ich bewundere alle Schritte, welche das mutvolle liebende Mädchen machte. Szilinska versicherte sie, dass sie am Montag bei einem Souper alle möglichen Mittel ergreifen werde, um den Fürsten gleich zur schriftlichen Resolution zu bewegen. Ich glaube an nichts mehr und bin stumpf für alles. Therese machte mir ein schönes Geschenk mit einem grünseidenen Sack auf ein Beinkleid. Mich überraschte wohl diese Anhänglichkeit, aber ich bin vom Leiden mürbe. Bei Tisch erhielt ich ein Billett von Kutschersfeld, worin er mir schrieb, dass er meinetwegen wieder mit der Fürstin sprach und viel Verdruss hatte. Nach Mittag war ich bei Theresen, dann plauderte ich mit Sanenz eine Weile herum, ging ins Kärntnertor-Theater. Nach 10 Jahren zum ersten Mal wurde wieder „Othello“ von Shakespeare gegeben. Agnes, Barany, Rosalie und mehrere Bekannte waren da. Es war sehr voll und ich musste stehen. Das Stück ist zu grausam und wird sich nicht lange halten. Gespielt wurde vortrefflich. Nach dem Theater gingen wir gleich nach Hause, aßen aber noch Käse und Brot. Heute kam die so gepriesene Theaterordnung zum Vorschein, auf Regel(?)bogen gedruckt, und an allen Ecken angeschlagen. Band 02 (II.), Seite 64v
909 1800 2 1 Ein düsterer Tag. Früh kam Kutschersfeld und erzählte mir umständlich, aber alles was er sprach war so lau, so zwecklos und hatte nicht das Gepräge wahrer Freundschaft. Auch fing er von der Steinkohle zu reden an und sagte, dass dazu ein eigener Beamter angestellt wird, dass so viel Werber schon darum sind, und endlich, dass er den Plan hat, um alles auf den Sinn zu fahren (?), weil sein Bursche nichts zu tun hat – dieses anzufügen – diesen Plan sehe ich ganz durch, doch vielleicht gelingt er nicht. Nach 8 h kam Klimbke, wir dachten und sprachen über unsere Manipulation, beschlossen, bei Wallishauser um Lettern umzusehen. Später kam auch sein Bruder, Oberleutnant bei Joseph Colloredo; wir frühstückten zusammen und hatten unseren Spaß. Um 11 h fuhren Liebisch und ich in die Stadt. Ich ging ins Haus, in die Theaterkanzlei; zum Speisen; überall gab’s finstere Gesichter. Nach Mittag besuchte ich die Petrowitz; wir sprachen viel vom Tode ihrer Clair. Abends ging ich ins Kärntnertor-Theater. Man gab den „Dorfbarbier"; Ascher spielte das erste Mal, gefiel wenig und war ganz bizarr rot angezogen. Therese mit der Mutter waren im Parterre. Die Mutter in ihrer Tollheit ging gleich; ich war herzlich froh, aber auch Therese wollte gehen. Dies brachte mich in unserer Lage sehr auf; den einzigen Augenblick, wo wir zusammen sein könnten, will sie oder traut sich nicht zu nützen. Endlich blieb sie; stets sprachen wir von unseren Angelegenheiten. Gegen Ende der Oper führte ich sie auf’s Theater. Ich ging noch zu Klapper, wo mich Klimbke, Bruder, und auch mein Bruder erwarteten. Als der morgige Abmarsch-Tag, soupierten wir noch zum letzten Mal zusammen; es war alles ernst. Im Nachhause gehen regnete es sehr stark und war schlimm zu gehen. Band 02 (II.), Seite 65r
910 1800 2 2 Es regnet stark. Früh ½ 7 h fuhr ich mit Kutschersfeld n die Stadt. Dann zu Klimbke und mit selbem um Abschied zu nehmen zu seinem Bruder in die Getreidemarkt-Kaserne. Wir fanden ihn packen. Es ist ein abschreckender Gedanke und Anblick, bei so bösem Wetter und Wegen den Marsch nach Italien anzutreten. Wir waren eine Weile in der Kaserne, dann im Jesuiterhof, fuhren dann ins Blaue Haus, frühstückten da Würste und tranken Wein. Haim wohnt in dem Hause; ihn ließen wir zitieren. Er erschien im Schlafrock und frühstückte mit uns. Um 9 h war Abmarsch. Die Packpferde waren so elend, dass sie auf der Straße bis zur Matzleinsdorfer Linie schon zusammenfielen. Wir begleiteten den Bruder bis zur Linie, dann fuhren wir in die Stadt. Ich ging zum Hofmeister wegen Geld, dann zu den Jungfern, welche innigen Anteil an unserem Schicksal zu nehmen scheinen und versicherten, dass die Fürstin durch den Carl Zichy alles Mögliche versuchen wird; mich beruhigt gar nichts mehr. Mit Ziegler schlich ich eine Weile herum, begegnete Hälter (?); zusammen gingen wir zu Klingmann und ich um ½ 2 h zum Speisen. Vom Walther und Geyersperg bekam ich Tee, diesen brachte ich der Mama; dies schien ihr zu gefallen. Nach Mittag blieb ich bis 4 h, dann ging ich ins Haus, gab dem Parisot ein Redoutebillett und half dem Fürsten in den Wagen, welcher um ½ 5 aus Eisenstadt kam. Er sprach nichts und eine widrige Empfindung drängte sich in mein Herz. Abends bei Lampel war ich sehr ernst, schlief auch zum Teil. Um 9 h ging ich nach Hause. Die Nacht war nicht gut; ich schwitzte etwas und hatte Schauer. Band 02 (II.), Seite 65r
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.

Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:

  • Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
  • Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
  • Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
  • Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
  • Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.

Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).


(†) Peter Prokop, Wien, im Februar 2016

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