Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [907]

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Vor Mittag arbeitete ich. Früh fuhr Kutschersfeld zum Fürsten, sprach von meiner Heirat; der Fürst toll, weil er in der Bittschrift las, dass er es mir schon versprochen hätte, leugnete es und lärmte gewaltig. Kutschersfeld riet, der Gräfin in meinem Namen zu schreiben, und zu bitten, den Fürsten zu vermögen, die Resolution herauszugeben. Ich tat’s, setzte meinen Brief auf, Tonerl schrieb ihn ab und so wurde er hineingeschickt; ich zweifle an einem Erfolg. Patsch kam; diesem schenkte ich eine Laterne und eine Bouteille Slivovitza. Nach 11 h machte ich eine Visite, dann ging’s zu Klimbke. Ich bin so missmutig, werde es stets mehr; mich fliehen alle Freuden. Bei und nach Tische war ich sehr düster. Nach Mittag kam ich ins fürstliche Haus, fand einen versiegelten Brief mit dem fürstlichen Petschaft. Der Inhalt war folgende Resolution auf meine eingereichte Bittschrift: „Des Herrn Supplikanten Verehelichungsgesuch habe auf sich selbst zu beruhen. Jedoch stehe es ihm frei, bei denen bereits getroffenen Anstalten zur unaufhaltbaren Vermählung zu schreiten, welcher Schritt zugleich die unmittelbare Entlassung vom Dienste zur Folge haben müsse … Ex Secretariatu Cels.mi Principatu Esterhaziani, Viennae 30. Januarii 1800. Ad mandatum vice Celsissimi m. p. Joannes Burgerth, Secretarius“. Beim Portier las ich es und stand wie eingewurzelt. So etwas vermutete ich so wenig, so sehr ich eine bessere Behandlung verdient hatte. Es ist ein gewaltiger Schlag für meine Gesundheit, solche öffentliche Schande, solche Entehrung, solche Kränkung ist an dem Leben des Menschen moralischer Mord. Mit aller Fassungskraft war ich unfähig, mich zu beruhigen. Ich schlenderte herum, war bei Lampl, rufte meinen Bruder aus dem Kaffeehause und erfuhr von ihm, dass am 28. die Clair Petrowitz starb; ein gutes Mädchen und Gespielin meiner seligen Schwester. Noch gesellte sich zu den Verdrießlichkeiten dieses an traurigen Gegenständen so denkwürdigen Tages noch jene, dass mir Klimbke sagte, unser Redoutespass sei auch entdeckt. So wird einem auch die kleinste Freude verbittert ! Schlaflos und elend war meine Nacht.
Band 02 (II.), Seite 64v
30.01.1800
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