Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [908]

908
1800
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Reise des Fürsten auf Eisenstadt mit Carl Zichy und Joël. Früh 6 h kam schon Kutschersfeld; ich gab ihm diese entehrende Resolution zu lesen; er war nicht wenig entrüstet, bat sie ihm mitzugeben und versicherte, dass er gleich nach des Fürsten Abreise zur Fürstin und Gräfin gehen werde. Theresen schrieb ich; schickte ihr durch meinen Bruder das Billett samt Abschrift der Resolution, weil sie heute Mittag zur Gräfin Traun geht, damit sie ihr unsere Lage und schimpfliche Behandlung schildern kann. Mit Ekel ging ich an meine Geschäfte; missmutig und düster gelang mir nichts, nicht einmal das Mechanische entging meinen Händen. Um 11 h ging ich in die Stadt, machte Visite. Klimbke begleitete mich zum Speisen. Gleich beim Eintritt erzählte mir Therese, dass sie bei der Traun, dann mit einem Bilett von ihr zweimal bei Szilinska war, welche sie sehr freundlich aufnahm, sie zur Fürstin schickte, welche sie aber nicht vorließ, sondern ihr versichern ließ, dass sie alles versuchen werde und dass sie nur ruhig sein möchte. Ich bewundere alle Schritte, welche das mutvolle liebende Mädchen machte. Szilinska versicherte sie, dass sie am Montag bei einem Souper alle möglichen Mittel ergreifen werde, um den Fürsten gleich zur schriftlichen Resolution zu bewegen. Ich glaube an nichts mehr und bin stumpf für alles. Therese machte mir ein schönes Geschenk mit einem grünseidenen Sack auf ein Beinkleid. Mich überraschte wohl diese Anhänglichkeit, aber ich bin vom Leiden mürbe. Bei Tisch erhielt ich ein Billett von Kutschersfeld, worin er mir schrieb, dass er meinetwegen wieder mit der Fürstin sprach und viel Verdruss hatte. Nach Mittag war ich bei Theresen, dann plauderte ich mit Sanenz eine Weile herum, ging ins Kärntnertor-Theater. Nach 10 Jahren zum ersten Mal wurde wieder „Othello“ von Shakespeare gegeben. Agnes, Barany, Rosalie und mehrere Bekannte waren da. Es war sehr voll und ich musste stehen. Das Stück ist zu grausam und wird sich nicht lange halten. Gespielt wurde vortrefflich. Nach dem Theater gingen wir gleich nach Hause, aßen aber noch Käse und Brot. Heute kam die so gepriesene Theaterordnung zum Vorschein, auf Regel(?)bogen gedruckt, und an allen Ecken angeschlagen.
Band 02 (II.), Seite 64v
31.01.1800
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