Ringer und beide Hoffmann frühstückten bei mir. Dann arbeitete ich bis 2 h, um welche Stunde ich in die Stadt fuhr, um Ringer zum Speisen abzuholen. Wir speisten bei v. Kárner in Gesellschaft seines Mädchens. Nach Tische schwätzte die Gesellschaft; v. Kárner rief mich auf die Seite und vertraute mir, dass künftig die Stallrechnungsführung aufhören wird, und man mich bestimmte, entweder nach Laxenburg mit meinem Gehalt oder nach Eisenstadt in die Buchhalterei zu gehen. Was dies für ein Schlag für mich war, konnte ich nur fühlen. Ich war ganz betäubt, am tiefsten erschütterte mich der Gedanke, ein Mädchen wie Therese zu verlieren, die mit ganzer Seele an mir hangt und die ich innig liebe. Ich lief gleich zu ihr, unser Geschick zu erzählen. Sie fiel mir weinend ans Herz und es war eine Szene ganz aus dem Herzen entrissen. Ringer und ich schlenderten ein Weilchen herum und fuhren dann ins Theater in der Wieden, wo man zur Einnahme des Stegmayer den „Feenkönig“ gab. Ich war ganz in Nachdenken versunken und konnte keinen ruhigen Augenblick haben. Nach dem Theater soupierten wir bei den Drei Hakken. Ich konnte nichts essen und hatte die schrecklichste Nacht, die ich je durchwachte; ein trauriger Lohn für 15 Dienstjahre. Ich bedachte einen Vorschlag, welchen ich dem v. Kárner morgen vorzulegen beschloss.
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Früh ging ich zum v. Kárner und machte von den triftigsten Gründen unterstützt meinen Vorschlag, welcher ihn sehr räsonabel fand und versprach, ihn so dem Fürsten vorzutragen. Nachher besuchte ich Klimbke, welchem ich meine Verlegenheit schilderte. Er nahm herzlichen Anteil und versprach sogar, die Last meiner Arbeit zu erleichtern. Mittags aß ich bei den Gassmannischen. Therese war sehr traurig und ich nicht minder. Ich blieb bis 4 h und überzeugte mich auf’s Neue, dass Therese ein edles, vortreffliches Mädchen ist. Nach Tisch ging ich mit Seiler zu v. Kárner, sprach mit Sophie über meine Schicksale; alles tröstete mich, aber nur Trost. Abends ging ich in die „Palmira“, und war mit meiner Therese und Nina. Wir machten tausend Pläne, verwarfen, machten neue und alle Entwürfe blieben nur Entwürfe. Gott ! wie bangt mir vom Ausgang meines Schicksals. Nach dem Theater waren wir mit Ringer und Klimbke beim Lampel soupieren und dann gingen wir bei einem Wind und Wetter, das so stürmisch war wie in meinem Inneren, nach Hause.
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Ich war so unruhig, dass ich gar nichts unternehmen konnte. Ich irrte herum wie einer, der tausend Geschäfte hat und darüber alles vergisst. Liebe, Pflicht, Streit der Vernunft mit dem Herzen, Last meiner neuen Arbeiten, alles dies wetteiferte in mir und machte mich ganz untätig. Mittags ging ich ins Quartier zu Sophien und hörte Trost und Labsal für mein Herz. Ich bleibe auf meinem Platz, muss aber die ganze Last der Futterrechnung übernehmen. O, wie freute sich Therese über alles dieses ! Mittags speisten Ringer und ich beim Brandl. Nach Mittag besuchte ich Klimbke und Theresen; o wie entzückt war das gute Mädchen ! Abends ging ich mit v. Kárner und Sophien ins Kärntnertor-Theater, wo man den „Dorfbarbier“ und das „Waldmädchen“ gab; wegen ersterem galt die Wette des Diners Ich ging mit der Hammár auf das erste Parterre, sah Nina, sie mich und so unterhielten wir uns sehr angenehm. Nach dem Theater soupierten wir beim Lampel und gingen schlafen. Ich schlief ruhig und sanft.
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Früh beurlaubte sich Ringer und schied dann, um nach Hause zu fahren. Ich arbeitete mit frohem Mute und ging dann zu meinem lieben v. Kárner in die Stadt, speiste mit Seitz beim Steindl. Nach Tisch besorgte ich Geschäfte, dann besuchte ich die Gassmannischen, welche mir erzählten, dass Fräulein Schmidtmayer (?) mich in Gnaden bemerkte. Nanette und Therese gingen in die Redoute, ich ins Marinellische Theater, wo man zur Einnahme des LaRoche den zweiten Teil vom „Donauweibchen“ gab, welcher sehr gefiel und ungleich besser ist als der erste. Nach dem Theater soupierte ich mit den Brandlischen beim Igel, blieben bis 1 h und gingen dann ins Kaffeehaus an die Donau, wo wir Barbaras tranken und spielten. Es war noch 3 h, als ich ins Bett kam; es ist sehr unangenehm, seinen Schlaf so ohne besondere Unterhaltung opfern zu müssen. Auf dem St. Stephansfreithof begegnete ich dem französischen Gesandten Bernadotte, einem großen, hageren, finsteren und schönen Mann, mit einem langen Gesicht, gebogener Nase und sehr imponierender Miene.
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Heute arbeitete ich ruhig und sehr fleißig. Mittags aß ich bei Brandl. Abends besuchte ich Herrn v. Karner, welcher Sophie bis Wimpassing begleitete und erst in der Nacht zurückkehrte. Von diesem Menschenfreunde erfuhr ich die Bestätigung, dass ich mit meinem Gehalt in meiner vorigen Aktivität bleibe. Wie innig ich ihm für diese väterliche Wohltat, und dem besten Fürsten für so viel Gnade danke, kann ich nur fühlen. Klimbke besuchte ich diesen Abend auch und kaufte 6 Stück Tücheln für 15 fl. von einer sächsischen Fabrik, die sehr artig sind. Ich begegnete Therese, Ninna und Agnes und ging mit selben auf die Bastei spazieren; Therese und ich schwätzten sehr viel von der Einrichtung unseres Hauswesens und unterhielten uns sehr angenehm. Alle zusammen gingen wir ins Burgtheater, wo ein Lustspiel von Lippert „Keiner ist, was er scheint“ zum ersten Mal gegeben wurde. Es ist ein alltägliches Intrigenstück ohne Interesse. Nach dem Theater begleiteten ich und Mayer (?) die Gassmannischen nach Hause und ich ging auch gleich nach Hause.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).