Kalt, trüb. Im Burgtheater „Das Porträt der Mutter“, Reil als Hofrat Wacker; im Kärntnertor-Theater „Leonore“, im Theater an der Wien „Deserteur“ und die Pantomime von Lafargue „Insel der Amazonen“ Früh zum Grafen, der noch liegt. Therese hat vollständige Probe von „Adam in der Klemme“ samt Ballett. Ich ging zu Stessel, Kárner. Mittags speiste Peck bei uns, wir sprachen von seiner unglücklichen Liebe zur Jeanette, von dem Schuft Sonnleithner, von der ScHmutzerei mit mir wegen des 1. Parterres, wegen Kränkung des Peck selbst, endlich, dass Röckel heute wieder Probe soufflierte und man mit ihm in der „Iphigenie in Aulis“ zufrieden war. Er wurde bestellt, Montag bei der Produktion zu soufflieren. Peck war unser Gast, nach Tisch führten wir Therese zu Stöger und Liebisch, suchte für die Nord Kappenmuster aus. Dann ich zum Eckhart, Porzellanfabrik und Brandmayer. Beim Grafen blieb ich bis 9 h, schrieb den Bericht des Winkelwirts zur Krone in Hall Jos[eph] Straub, und des Oberstleutnants Taxis an den Kaiser wegen Entwaffnung und Gefangennehmung der Bayern in Tirol ab. Dann brachte ich Theresen Gefrorenes, bei welcher die Hocheder und Schmidt mit Mafficioli waren. Ging ins Burgtheater, Reil wurde öfter applaudiet, nicht vorgerufen. Heute erschien der 6. Bericht aus dem Hauptquartier in Sacile den 16. April 1809, über eine Schlacht bei Pordenone am 14., in welcher 6000 Gefangene gemacht wurden, worunter die Generale Paze (?) und Bressan (?), und 16 Kanonen, 3 Adler genommen wurden. Ehz. Johann und der Vizekönig kommandierten.
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Kalt, heiter, es wird gar nicht warm. Im Burgtheater „Hass allen Weibern“ und „Abdul“, im Kärntnertor-Theater „Mathilde Gräfin von Gießbach“, im Theater an der Wien „Raul der Blaubart“. Ich war den ganzen Vormittag beim Grafen, er hütet noch immer das Zimmer. Therese ging zur Stöger Lektion geben. Mittags allein, nach Tische zum Grafen, dann in Peters Gesellschaft. Heute wird der Tag und das Wetter benützt, im Garten mit Gärtnern und Tagwerkern gearbeitet. Ich sagte Peter, dass Eckhart sich anbot, den Kopf der Roose ausbleichen zu lassen; sein Eigensinn will ihn selbst bleichen und sicher verderben. Wir tranken Kaffee, es kamen Ullmann und die Czaczek. Um 6 h gingen Jungmann und ich in den Prater, viele Menschen, kehrten aber gleich wieder um. Ich machte mich ins Burg-, dann ins Kärntnertor-Theater. In ersterem fand ich Gesellschaft, schwätzte und scherzte mit Castelli, der mit seinem schönen Mädchen war, dann ins Kärntnertor-Theater. Therese war nach Tische mit Hocheder bei der Goldmann, die durch ihren Quacksalber täglich schlimmer wird, und kündigte ihr an, dass um 6 h abends der Zimmermann, von der Nagy gezahlt, erscheinen wird. Dann ging sie, ihre Rolle zu passieren zu Koch, der am Podagra laboriert und sie sehr freundschaftlich aufnahm. Er beschied sie am Dienstag wieder. Abends machte sie sich mit Caroline den Spaß, gingen zum Werlen und gratulierten ihm. Erst um ½ 10 h kam sie nach Haus.
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Ein finsterer Tag. Meines würdigen Vaters Namensfeier, sanft ruhe er. Feierliche Kriegsprozession von den Augustinern zu St. Michael, den Schotten, Hof, St. Peter nach St. Stephan, die Gewölbe und Theater sind geschlossen. Die Kaiserin, Hofstaat, alle Kanzleien gehen mit, die Bürgercorps paradieren. Therese ging mit Nina zur Bayer (?), dann mit Caroline auf den Straßen herum Das Ganze ist rührend und feierlich. Ich ging um 7 h zum Grafen und um 8 h auf die Straßen. Mittags allein. Ich sprach mit dem Fürsten, der durch einen Jäger vom Moritz die Nachricht erhielt, dass er außer Landshut bei einem Verhau durch die Hand geschossen, und sein Bruder Louis durch seinen rechten, noch gesunden Fuß einen Schuss bekam, bei Gelegenheit, als die Vereinigung von Davoust mit Masséna gestört wurde.. Am Eck der Drei Laufer sah ich die Prozession, die volle 2 Stunden dauerte. Die Kaiserin und alle Damen hatten schwarze Voiles. Ich kam zwischen Silko (?) und Freundin zu stehen. Den übrigen Vormittag beim Grafen, der wegen dem Schlag und der Nachricht, dass wir zurückgedrückt werden, sehr düster war. Nach 1 h war erst die Prozession geendigt. Die Kaiserin fuhr mit der Louise und dem Kronprinzen von St. Stephan zurück, aber nicht in Gala. Nach Mittag waren Peck und Rökkel da, ich fuhr zum Lackierer, zu Liebisch, dem ich die Gilets zahlte. Blieb bis 6 h beim Grafen, wohin einer nach dem anderen mit Nachrichten kam. Der Erste war Stuppan mit der Nachricht, dass Carl bei Ingolstadt den Napoleon geschlagen habe. Ich lief gleich nach Haus, um es Therese zu sagen, die an Kopfschmerzen lag und sie vor Freuden verlor. Bald nachher fuhr sie zur Probe von „Adam in der Klemme“, samt Divertissement. Ich kam auch hin und erzählte, dass Carl vom Schlachtfelde nur mit Bleistift schrieb, welchen Zettel der Kaiser der Kaiserin sandte. Ich blieb bis 8 h in der Probe, dann trank ich in Compagnie Bier, um 9 h nach Haus. Therese fuhr nach der Probe noch zur Akademie bei der Stöger, sang mit der Henriette ein Duett aus „Adelasia und Aleramo“ von Mayr, und kam erst um 11 h nach Haus. Die Fürstin Leopoldine und der Fürst fuhren zu Moritz nach Landshut, sie vermuteten ihn aber in Linz schon zu treffen. An Vinzenz nahmen sie einen Brief mit. Alle Straßen sind voll freudetrunkenen Menschen.
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Ein düsterer, trüber Tag. Therese hat um 9 h Probe. Früh zum Grafen, der noch nimmer nicht ausgeht. Im Burgtheater „Botaniker“, Reil als Bretfeld, nachher „Hass allen Weibern“. Im Kärntnertor-Theater zu Baumanns Einnahme „Adam in der Klemme“, Oper in 1 Akt, dann verbundenes Divertissement von Taglioni und Hornung, Musik von Diabelli; lässt sich nichts Gutes ahnen. Um 10 h wegen Loge und Sitz zu Baumann. Früh erschien der 7. Bericht von der Armee mit einem Brief des Kaisers an Feldm[arschall] Joseph] Colloredo, Schärding am 22. April. Napoleon kam am 19. zur Armee. Carl rückte mit dem 3., 4. und 5. Corps gegen die Donau nach Kelheim und Regensburg. Am 20.hat Regensburg kapituliert, 1800 Mann gefangen. Hauptquartier Carls bei Eglofsheim am 21. Davoust griff bei Eckmühl an und wurde nach 12 Stunden zurückgeschlagen. Der FML Lusignan und die Fürsten Moritz und Louis Liechtenstein sind verwundet. Die Schlacht dauert schon 3 Tage und ist noch nicht entschieden. Napoleon fing gleich nach seiner Ankunft zu schlagen an. Mittags in Peters Gesellschaft, Therese speiste allein. Nach Mittag zu Grafen. Um 6 h erschien der 9. Bericht – der 8. wird nachgetragen – und erhielt nichts Tröstliches; der Feind gewann wieder Eckmühl an der Laber und unentschieden endete die Schlacht, die 6 Tage dauerte. Im Kärntnertor-Theater war es außerordentlich voll. Gilge, Ullmann, Jungmann, Czaczek, Peter waren zusammen in Compagnie. Schlechteres gab es nie etwas, als Oper und Ballett ist. Es wurde beides schauerlich ausgezischt. Selbst Baumann wurde nicht geschont, der in dummen Ausdrücken abdankte, dass nur ein Wien, ein Publikum sei. Im Ballett wurde die Tanzerei von Soldaten mit Gewehren unaufhörlich ausgezischt. Hornung als Provost des Balett-Corps ist sicherlich sehr unglücklich mit seinen Produktionen. .
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Ein schöner Tag. Im Burgtheater „Schweizer Familie“, Im Kärntnertor-Theater „Thekla die Wienerin“, im Theater an der Wien „Der lustige Schuster“, Oper in 3 Akten, Musik von Paër, übersetzt von Stegmayer. Früh zum Grafen, Kasse, nahm für Heiss eine Loge im Burgtheater. Es erschien der unglückliche 8. Tagesbericht, in welchem uns bekannt gemacht wird, dass die Division Benyovski-Infanterie, welche über die brennende Isar-Brücke passieren musste, starke Verluste erlitt. Davoust soll mit Kavallerie eingehauen und uns zurückgeschlagen haben. Alles ist in größter Bestürzung. Der Kaiser soll aus schon aus Schärding nach Wien, und weiter nach Ungarn gehen, die Kaiserin lässt schon packen. Welch schreckliche Aussichten, die Folgen sind gar nicht zu berechnen. Was wird aus uns noch werden ! Mittags allein, nach Tische kam Peck, der um Jeanette unmäßig schwärmt, und uns quält, mit ihr zu reden. Später kam sie und äußerte für ihn keine Hoffnung: Er ist zu sehr empfindlich. Ich fuhr zum Brandmayer, Porzellanfabrik, da gab mir Passy ein sehr schönes Schreibzeug, weiß mit Gold, mit einem Tableau einer Bibliothek, für Peck, weil er den Doppler im Orchester plazieren wird. Später zu Peter, wegen Maler (?), Eckhart (?), dann ins Burgtheater, wo auch alles ganz betroffen war, und zur Karilla. Therese war mit der Schmidt zu Haus; das gute Weib ist auch sehr betroffen. Heute erhielt sie ihr Stammbuch, mit den Devisen Quarins und der Familie Phillebois. Fürst Moritz und Louis Liechtenstein sollen von Linz auf der Donau herabgebracht werden.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).