Ein schöner, kalter Tag, neuer Winter. Früh arbeitete ich zu Haus, um 8 h zum Grafen. Therese gab ihre Lektionen. Ich schrieb meiner Mutter und schloss 2 Pfund Schokolade bei. Später zu Keglevich und Stessel. Im Burgtheater „Ostade“, Oper in 1 Akt, Musik von Weigl, Mlle. Killitschkys (?) erster Versuch als Marie, misslang, denn sie wurde nicht einmal vorgerufen; dann die „Weinlese“. Im Kärntnertor-Theater „Die Prüfung“, Lustspiel in einem Akt, dann „Jurist und Bauer“, im Theater an der Wien „Klara von Hoheneichen“, im Leopoldstädter Theater „Sitah Mani“, Heurteur zum letzten Mal als Karl XII. Vor 8 h zum Grafen, wo ich bis nach 12 h angeschmiedet war, dann mit Peter zur Karilla, der ich Schreibzeug und Sonntag einen Indian versprach. Mittags allein, nach Tische mit Kutschersfeld zu Reimann, ihm brachte ich die Loge an der Wien. Zum Bartl beim Karpfen wegen Farben-Wachs, und zum Habor (?). Abends ins Burgtheater, fand Kárner, Nitschner, welcher die Inspektion hatte. Nach der Oper suchte ich Compagnie und aß Aufgeschnittenes. Therese war mit Werlen und Schmidt.
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Kalt, gefroren, doch heiter. Früh arbeitete ich, um 8 h zum Grafen. In Geschäften zum Auersperg, Stessel, Theaterkasse, dann zu Keglevich. Im Burgtheater „Hass allen Weibern“ und „Briefwechsel“, Lustspiel in 2 Akten; im Kärntnertor-Theater „Zwei Worte“, dann „Helena und Paris“ Nach langer Zeit soll die Nalej-Neuville nach des General Sherlocks (?) Abschaffung wieder tanzen. Früh zahlte ich und hörte, dass heute der Kaiser zur Armee abreiste. Eine Proklamation an die Völker Österreichs ist mit Würde und Energie geschrieben. Ich versandte selbe an meine Mutter, Csiba, Gittig, Persanter und die Gräfin. Mittags allein, nach Tische kamen Peck und Jeanette. Ich sprach mit Kárner wegen Geweys Oper „Er hält richtig Wort“. Dann bei Peter, um bei der Versetzung des Teichs an Rooses Monument gegenwärtig zu sein. Um 7 h zum Spektakel ins Kärntnertor-Theater, Therese blieb zu Haus mit Werlen und Caroline. Leeres Therese. Peck sagte mir, dass die Neuville schon zur Probe durch 2 Polizeikommissäre gebracht wurde, wovon einer Müller war, wo sie erklärte, sie tanze nicht. Man drohte ihr mit dem Polizeiarrest, sie antwortete, dies könne man nicht, denn sie begebe sich in den Schutz der französischen Regierung und ihrer Gesandtschaft. Dies half nichts, sie wurde geradenwegs ins Polizeihaus geführt und blieb auch da. Zu Hause erklärte sie vor 4 Zeugen, sie tanze nicht eher, bis die Franzosen in Wien sind. Nach der Oper annoncierte Neumann für morgen, dann trat Baumann hervor und sprach: „Wegen mutwilligen Hindernissen der Mad. Neuville kann das Ballett nicht gegeben werden. Sie ist bereits der Behörde zur Zurechtweisung übergeben worden“ – allgemeines Klatschen und Bravo-Rufen – „statt dessen wird das Divertissement von Herrn Taglioni „Das belebte Bild“ gegeben“. Ich ging dann auf’s Theater, sprach mit Treitschke, Sonnleithner, Neumann, die erzählten mir umständlich von der Bosheit dieses Weibes. Sie muss bis Ende Monats im Arrest bleiben, dann wird sie über die Grenze geschickt. Fiat Justitia..
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Gefroren, trüb. Im Burgtheater „Armand“, Blum von Pest als Wasserträger; im Kärntnertor-Theater“ Radikalkur“, im Theater an der Wien „Rochus Pumpernickel“. Den Vormittag beim Grafen. Er gab Billetts zu der Harfner Longhi (?) ihrem Konzert im kleinen Redoutensaal. Therese aß zu Haus, ich bei Peter in Jungmanns Gesellschaft, da entwarfen wir den Plan, Sonntag den Amtsschreiber Ringsmaul vor das peinliche Gericht zu stellen, wozu Kridl und Werlen als Beisitzer gewählt wurden. Abends ins Leopoldstädter Theater „Dämona, das Höckerweibchen“, Zauberstück in 3 Akten. Wir fanden Prinz und Marie. Jungmann wartete nicht ab, Peter und ich gingen allein in die Stadt. Bei Therese waren die Hausfrau und Schmidt.
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Kalt, Regen. Geburtstag von Theresens Mutter. Sie kaufte ich 22 Ellen Leinwand und Barchent, mittags Wein, wo sie speiste. Ich aß mit Baron Peck zu Haus allein. Im Burgtheater „Rätsel“ und „Witwe von Kecskemet“, im Kärntnertor-Theater „Zwei Worte“, die unglückliche Mlle. Killitschky versucht zum 2. Mal; dann „Gespenst im Traum“. Die Nalej-Neuville sitzt noch im Polizeihause. Im Theater an der Wien „Rochus Pumpernickel“, im Leopoldstädter Theater „Laternenfest“ und 2 patriotische Lieder von Peter „Wir kennen Dich usw.“ an Carl und „Österreichs Kinder an ihren guten Vater“, Musik von Tuczek. Den ganzen Nachmittag zu Hause, Peck las mir immer von seinen Anekdoten, Gedichten und Briefen vor, dann las und schrieb ich. Der Regen dauerte fort. Abends in beide Theater, sehr leer. Im Kärntnertor-Theater sah ich den Ballett. Therese hatte heute die erste Probe von „Adam in der Klemme“, Fortsetzung vom „Dorfbarbier“, zu Baumanns Einnahme; von Stoh (?), Musik von Diabelli; samt einem Divertissement von Hornung.
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Kalt. Im Burgtheater „Faniska“, Blum in Weinmüllers Rolle als Zamojski. Im Kärntnertor-Theater „Epigramm“, im Theater an der Wien „Das Kleid macht nicht den Mann“, dann Pantomime „Die Insel der Amazonen“, in 2 Akte von Lafargue, beides zum ersten Mal. Im Leopoldstädter Theater „Chinesische Laternen“, samt den gestrigen patriotischen Liedern. Früh zum Grafen, Stessel und Keglevich. Therese hat wieder Probe von „Adam in der Klemme“. Heute erschien Carls Proklamation an die Deutschen. Mittags allein, nach Tisch zum Bartl wegen Farben-Wachs, zum Instrumentenmacher Moser wegen Schuld von 1000 fl. und zu Liederscron wegen ihrer anverlangten Kapitalerhöhung. Endlich zum Peter, blieb in seiner Gesellschaft, sprach später mit Erhart. Ging ins Leopoldstädter Theater, fand Schmirer, Spuler mit Anhang, Frey mit Stephanie, Woller und Zoller, plauderte mit Hensler, dann nach Haus. Therese ging wegen ihrer Heiserkeit nicht aus.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).