Trüb, mitunter Regen, kühl. Ich befinde mich nicht wohl, die Goldene Ader schmerzt mich sehr heftig. Schon vor 8 h zum Grafen, wo ich den ganzen Vormittag blieb. Es gab viel mit den Geldern, mit Stessel und Offenheimer zu tun. Letzterer kaufte unsere Wolle für 315 fl. zu Zentner, weswegen ich die Kontrakte machen musste und auch den ganzen Nachrmittag zu tun hatte. Bei uns waren Nitschner, Werlen und Goldmann, ersterer klagte, dass ihm Werlen nicht vom Flecke geht, und bat mich, sich nach Mittag finden zu dürfen. Das macht mir im Stillen viel Lachen. Mittags allein, nach Mittag ging Therese wegen Baden zu Oeppinger. Ich war bis 7 h beim Grafen, schrieb mit Offenheimer zu 315 fl. für den Zentner die Wollkontrakte, er und Zinnicq (?) kamen zur Unterfertigung. Da gab mir Offenheimer mit der Äußerung eines Douceurs 25 fl. Die entrüstete mich so sehr, dass ich gleich dem Grafen sagte, ich will selbes zurückgeben, woran er mich verhinderte. Mich wurmte es sehr. Abends war ich zu Haus. Goldmann, Werlen und eine Zeitlang Nitschner waren da. Um 9 h legte ich mich voll Verdruss.
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Kalt und stürmisch. Um 6 h stand ich auf, um in einem Briefe an Offenheimer meine Galle auszugießen, welches ich auch weidlich tat. Später zu General Strauch (?) und Stessel, den ich meinen Aufsatz an Offenheimer lesen ließ und ihn billigte. Er staunte über diese Knickerei. Den ganzen Tag beim Grafen. Mittags allein, nach Mittag zu Haus. Werlen stört die beiden Liebenden; ich machte mir den Spaß und nahm ihn mit uns, bei der Kokorzova (?) den Bschaidner abzuholen. Führte ihn zur Musik in die Roßau, dann mit Bschaidner in den Esterházyschen Garten auf die Landstraße, durchstrichen ihn, besuchten Köstler, plauderten mit Pölt und warteten bis 6 h auf Nitschner. Er fuhr mit uns zu ihm. Wir teilten die Zimmer ein, jausneten etwas und kamen um 9 h zurück. Die Bulla, Werlen und Goldmann waren bei uns. Therese hatte heftige Kopfschmerzen, ich war auch nicht ganz wohl, habe schmerzhaften Schnupfen und legte mich gleich.
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Windig, mehr heiter. Der Graf fährt nach Preßburg und ich tat mich gütlich, lag bis 9 h. Kleinrath und Stessel kamen wegen einem Sessel. Den Vormittag war Eckhart bei uns und war fast in Verzweiflung, dass man ihn so schikaniert, dass er kaum wird nach Baden können; wie fatal für mich ! Dann bat mich Origoni, ich möchte mit Terzaghi eine Lustreise nach Eisenstadt machen, meine Mutter ließ uns schicken, dass sie künftige Woche nach Wien kommt und Oeppinger verbot Therese wegen Vollblütigkeit zu baden. Schlag auf Schlag folgte alles heute. Ich besorgte mehrere Aufträge, Therese ging zu Stöger und schrieb samt mir meiner Mutter. Mittags allein, nach 4 h mit den Goldmann und Nitschner zu Rodler, wo Baron Mayern (?) und Frau von Vogt (?) waren. Ich führte sie in des Keglevich’ Quartier und zeigte ihnen, was frei war. Sie waren sehr angenehm überrascht und sagten mir viel Verbindliches über meinen Geschmack. Wir blieben bis ½ 7 h, die Mädchen begleiteten mich bis zum Roten Turm, und ich entschloss mich, weil der Abend so angenehm war, nach langer Zeit wieder ein Theater zu besuchen. Ging ins Leopoldstädter Theater, zum 1. Mal „Beide Marillo“ von Gleich, eine elende Arbeit und Kopie von „Abälino“. Ich fand zwar Compagnie, plauderte mit Arbesser, langweilte mich doch zu sehr. Therese war allein zu Haus.
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Ein warmer Tag. Ich lag lange, hatte Besuch von Leber, dem der Graf Wein schichte, von Kleinrath, wegen einem Dreh-Sessel für Stessel. Therese fing schon früh an, wegen der Badener Reise herzurichten und beschäftigte sich den ganzen Tag. Um 10 h ging ich zu Offenheimer. Mit einer Menge Komplimente gab mir der Schuft 100 fl. Als ich’s ansah, dachte ich mir, Jude bleibt Jude. Ich war im gräflichen Haus und um ½ 10 h holte mich Rodler ab und wir, 2 Goldmann, Nitschner und Werlen, besahen Czernins Galerie und Zimmer. Pichl Architekt gesellte sich auch zu uns. Nachher kam ich in Peters Compagnie und kaufte bei Geissler für Therese ein graues ganz (?) Spazier-Parasol. Ich legte selbes zur Wäsche. Wir aßen allein; als Therese nach Tische unter der Wäsche herumsuchte, fand sie selbes und äußerte große Freude. Eckhart begegnete ich, es freute mich innig, ihn zu sehen. Er war heute etwas ruhiger und erlaubte mir, einige Male im Johannis-Bad zu baden, doch nicht lang zu bleiben, und so schied ich auf Wiedersehen. Nach Mittag arbeitete ich, die lieben G[oldmann] und N[itschner] fanden sich, der lästige Werlen verfolgt sie stets. Sie hat heute im Burgtheater „Deutsche Kleinstädter“ zu spielen, Rousseau als Olmers (?), Ochsenheimer als Sperling, Wagner den Klaus statt Baumann. Therese beurlaubte sich heute von der Stöger, nach Mittag kam sie selbst mit Theresens Schülerin Henriette um Abschied zu nehmen. Therese bot der Henriette ein schönes Bouquet zum Angebinde an. Abends ging ich spazieren und sah wegen Theresens percalenen Handschuhen nach. An der Wien spielt heute Brockmann den König Lear, die übrige Besetzung ist elend. Aus Verlegenheit und langer Weile sah ich 1 Akt von den „D[eutschen] Kleinst[ädtern] an und wurde von der neuen Besetzung nicht sehr erbaut. Nachher schlich man herum und soupierte in LaTraits Compagnie.
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Ein schöner Tag. Im Theater an der Wien „Erinnerung an den 6. Jänner 1808". Bis 9 h rangierte ich im Bett so manches. Nitschner begleitete mich zur Terzaga, die ich beredete, die Eisenstadt-Fahrt bis Ende Monats zu verschieben. Mittags allein mit der Rodler. Ich sprach Prinz, plauderte auf dem Graben und Kohlmarkt herum, Goldmann Josephine, Nitschner, Bulla und Werlen trieben ihr Unwesen bei mir. Peter sprach ich und machte ihm Hoffnung, in Goldmanns Compagnie zu ihm zu kommen. Therese beschäftigte sich den ganzen Tag mit Packen, ging nicht aus. Nach Mittag las und ruhte ich, nach 5 h kam Nitschner, später Goldmann; sie blieben bei uns. Ich ging nach 6 h in Hugelmanns Kaffeehaus, setzte mich und sah eine Weile die Fahrenden und Gehenden. Später in LaTraits Compagnie zu Peter, blieben in seinem Garten, aßen und begaben uns um 10 h nach Hause. Mittags ist mein Graf angekommen, er ließ mich gleich rufen. Wir sprachen über Verschiedenes, er trug mir Quartier in seinem Hause an, welches ich gegen August mit Dank annahm. Abends wurde noch alles gepackt und zusammengerichtet, um morgen schneller fertig zu sein. Nina kam von Baden, brachte den Bettpack, erzählte von der Liederlichkeit unseres Badner Hausherrn, von der verdächtigen Gesellschaft im Haus, worunter auch Partien Juden sind, und von einer Schmutzerei im ganzen Häusel. Die Hausfrau und Werlen waren bei Therese, letzterer half Therese zu packen und Kaffee und Bettpack zu schließen. Um 11 h kamen wir ins Bett.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).