Sehr veränderlich. Den Morgen regnete es ein paar Stunden sehr stark. Ich war den ganzen Vormittag beim Grafen, Quarin kam hin und beurlaubte sich, weil er morgen nach Prag reiset. Therese war bei Stöger, bei uns waren Werlen, Nitschner und Goldmann Josephine, ich traf aber keines mehr, weil ich in Peters Compagnie war. Der Graf gab mir zur Badener Reise 100 fl. Mittags allein, nach Mittag arbeitete ich. Therese ging zur Phillebois Abschied nehmen. Im Kärntnertor-Theater „Amors Bild“, dann „Die 2 Savoyarden“. Mad. Pedrillo, geb[orene] Eigensatz tritt zum 2. Mal auf und die Ambros wagt es, den 2. Sav[oyarden] zu spielen. Nach 5 h kam Peter und quälte mich so lang, bis ich in seiner und Zeuners Compagnie auf die Landstraße in den Esterházy-Garten fuhr. Wir nahmen Bartl und Winkler (?) mit, durchsuchten den ganzen Tempel, den ganzen Garten, blieben bis nach 8 h, plauderten mit Pölt und soupierten beim Hirschen. Therese hatte die Pepermann, Rodler, 2 Goldmann und Werlen zu Besuch.
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Abwechselnd Regen, fatales Wetter. Früh zum Grafen, zu Stessel, mit dem ich wegen Erlegung von 200.000 fl zu tun hatte. Vor 8 h war Leber da und nahm mir heute von der Wunde das Pflaster weg. Mittags allein, Nitschner und Goldmann trafen sich, es gab amorose und mitunter gelose Szenen. Nach Mittag arbeitete ich, nach 5 h zum Grafen, meldete ihm, dass ich morgen wegen Quartier nach Baden fahre und übergab ihm die 200.000 fl., welche Stessel erlegte. Heute erhielt ich vom Magistrat das Vormundschafts-Dekret über die 2 Bischofischen Waisen. Bis 7 h war ich mit Stessel beim Grafen, begleitete und schwätzte mit ihm bis ½ 9 h, dann nach Haus. Goldmann Josephine uns Werlen waren bei uns. Erstere ist bestimmt in Nitschner verliebt, der Knoten ist gesprungen, sie empfindet. Ihre Feinheit, Verstellung, mitunter Stolz vermischt mit Koketterie, wollen es nicht gestehen, aber man ist auch etwas fein, man hat etwas Scharfblick, Menschenkenntnis u. dgl. und sieht klar. Er ist capet (?), hängt ihr einen Stein an u. dgl. Ich hatte mit ihr manchen Spaß, fühlte ihr auf den Zahn, es schmerzte etwas. Sie gingen und ich legte mich.
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Ein schöner warmer Tag. Abends gegen 7 h Donner und Regengüsse am Fuß des Wienerberges, in Wien selbst nur etwas. Fahrt nach Baden mit der Nitschner. Sie holte mich um 7 h ab. Das Sattelpferd hinkte, wir kamen erst um 10 h zum Herzogbad, da wohnt die alte Frau. Sie empfing uns herzlich und lud mich zum Speisen beim Hafner. Ich suchte gleich um Quartier und begegnete Gold, der mit mir suchte, und fand mit vieler Mühe in Gutenbrunn No. 41 beim Berger, ein paar Zimmerchen für 2 fl. 15 x täglich. Gegen 12 h stellte ich mich auf den Platz, sprach Masini, Crasern (?), Schmidt, Schmirer, Spuler, sah die galante Welt aus der Kirche in den Park gehen, wohin ich mich auch begab. Der Hof fand sich ein. Im Kiosk war Musik und sehr voll. Beim Speisen unterhielt ich mich mit der Tochter des Branbauer (?), einem gewesenen reichen Wirt und einem älteren Mädchen aus Mähren. Um 4 h standen wir auf, da ging ich in des Scheiners Kaffeehaus, langweilte mich eine Stunde, dann in das Herzogbad und wir fuhren mit der Reserl fort. Am Wiener Berg traf uns das fürchterliche Gewitter. Um 8 h war ich zu Haus, traf Therese allein und plauderte mit ihr. Um 9 h ins Bett und schlief recht gut.
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Kühl, trüb, meistens Regen. Den ganzen Vormittag beim Grafen und Stessel. Nitschner und Goldmann fanden sich, Werlen, der Lästige für sie, war Zeuge. Therese war bei Stöger. Heute fangen die Opernferien an, das Kärntnertor-Theater ist geschlossen, im Burgtheater „Straßenräuber aus Kindesliebe“. Mittags allein, nach Mittag arbeitete ich. Goldmann Josephine war da. Später wegen Stessel zum Grafen, machte einige Geschäftsgänge und ging auf einen Akt ins Burgtheater, dann nach Haus, obwohl ich Compagnie zum Schwätzen fand. Hatte mit Goldmann und Werlen, der auch für sie brennt, für den sie aber kalt ist, viel Spaß. Therese ging heimlich mit Goldmann zu den Salesianerinnen,
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Kühl, aber heiter. Früh weckte mich meine gute Therese mit einem herzlichen Glückwunsch und Küssen. Sie gab mir von ihr selbst verfertigte schöne Schlafhauben und Brustzelteln, die sie gestern heimlich mit der Goldmann holte. Alles von ihr macht mir viele Freude und doppelten Wert haben die Arbeiten ihrer Hände. Ich suchte ihr etwas zu vergelten und machte ihr mit einem kirschroten Schal ein Geschenk, den ich von Rosalien kaufte. Rodler frühstückte bei uns, sie wollte mir ein Gilet geben, selbes wird aber erst am Freitag fertig. Später kamen die Goldmann und Nina. Mit Werlen fuhr ich in die Porzellanfabrik, dann den ganzen Vormittag beim Grafen. Mittags erfuhr ich von der gewöhnlichen Liebesstunde von N[itschner] und G[oldmann]; bei beiden brennts lichterloh. Rodler und Jean waren unsere Gäste. Nach Tische kam die Goldmann, wir besuchten nach 5 h Eckhart, machten dann die Tour über die Glacis zum Burgtor hinaus. Abends war es zu kühl um im Freien zu sein. Rodler und ich entschlossen uns, ins Burgtheater zu gehen, zum 1. Mal „Die Unvermählte“. Es war nicht sehr voll, wir fanden Platz und Compagnie, obwohl es schon 7 h vorüber war. Es war eine wohltätige Erscheinung, es war mir wahre Erholung, nach so langer Zeit wieder etwas Gutes zu sehen. Kotzebue blühender Dialog, Witz und schöne Bilder zeichnen sich im ganzen Drama vortrefflich aus. Klimbke führte Josephine nach Haus. Therese fand es behaglicher, mit der Goldmann zu Hause zu bleiben.Eingeheftetes Billet:5. Juli 1808. Lieber, Guter ! Keine Worte, die man Wünsche nennt; Du kennst mein Herz und meine innige Liebe zu Dir. Meine Mühe und guter Wille sei Dir Ersatz für ein Geschenk von Werte, welches ich so gern gegeben hätte, wenn mein Geld hinreichte. So baue ich auf Dein Herz, das gut ist, und auf Deine Anhänglichkeit. Du wirst diese Kleinigkeit nicht verschmähen, weil es Dir Dein Weib gibt, die mit ganzer Seele an Dir hängt.Therese.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).