Pfingstmontag. Die Barometer fallen. Stürmisch, unerträglicher Staub. Im Burgtheater „Tancred“, Tragödie in 5 Akten von Goethe, Mad. Schreck als Amenaide, im Kärntnertor-Theater Orpheus, im Theater an der Wien „Camilla“ mit Buchwieser. Ich gab Quarin die Loge, ging ins gräfliche Quartier, zahlte mehreren, entließ den Postillon Kray (?) wegen Betrügereien. Ging in die Theater kasse, erwartet Peter und Mayerhofer auf dem Kohlmarkt, sprach mit Prinz und sah die Anschlagzettel des DeBach, der den Circus Gymnasticus eröffnet. Des rasenden Staubes wegen ging ich nicht zum Peter essen, suchte mir Compagnie in der Stadt und ging nach Mittag nach Haus. Therese saß allein, fand die Hitzinger und Lenerl von Hütteldorf, arbeitete und ließ mir Eibisch-Salbe auf die Goldene Ader legen, welche mich heute besonders schmerzt. Mayerhofer holte mich ab, ich ging mit ihm ins Burgtheater, wohin auch Werlen kam, blieb in ihrer Compagnie, auch Zeuner (?) fanden wir, und so passierte der Abend, wozu auch Peter weidlich beitrug, der nachkam. Vorher soupierten Mayerhofer und ich im Michaeler Bierhaus. Die Fleck spielte den 1. Akt gut, weniger gefiel sie in den folgenden. Wurde vorgerufen, und da sie auf den Hoftheatern zum letzen Mal auftrat, nahm sie in gewöhnlichen Worten Abschied.
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Pfingstdienstag. Am Vormittag warm, mittags trübte es sich und am Nachmittag fing es still und anhaltend zu regnen an. Früh arbeitete ich zu Haus, dann in die Theaterkasse. Im Burgtheater „Julchen“ von Huber, im Kärntnertor-Theater „Dorfbarbier“ dann „Figaro“ Ballett in 3 Akten von Duport, Dekorationen von Janitz. Duport tanzt zum 1. Mal als Figaro. Von da zum Keglevich, Erdödy und Wisenfeld wegen Tabakstaub für Werlen. Mit Peter zu Geissler, Mittags allein, nach Mittag zu Haus. Therese, die Bulla, Rodler und Schmidt wollten Werlen im Liechtensteinschen Garten bei der Musik überraschen, der Regen verdarb aber den Spaß. Ich ging abends ins Kärntnertor-Theater, fand meine ganze gestrige Compagnie und hatten zusammen viel Spaß. An der Wien ist „Camilla“, die zwar gefiel, aber das Haus nicht füllt. Die politischen Aussichten scheinen sich immer zu verschlimmern, denn alle Staatspapiere und Lose sind heute wieder beträchtlich gefallen. Der Sovereign kostet 30 fl., der k[aiserliche] # 10 fl. 33 x, der 20er 45 x. Das Fleisch kostet heute 18 x, die ord[inären] Kerzen 45, gegossene 48 x. Das Ballett ist klein und hat sehr artige, graziose Sachen. Taglioni, Neuville, Coustou (?) und DeCaro führen recht liebliche Tänze auf, Aichinger spielt den Bartolo vortrefflich. Duport hat seltene Leichtigkeit und Festigkeit und wurde fast nach jedem Akt vorgerufen. Die Hitze und Völle waren sehr groß.
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Ein kalter, windiger Tag. Ich musste die ganze Nacht husten, darum fand mich Leber noch im Bett. Früh wurde ich schon von Erdödy, Cavriani, Keglevich, Quarin und Origoni um die Loge zum „Barbier von Sevilla“ bestürmt. Ich ging in die Kasse, zum Hartl wegen Sitzen an die Wien zu „Psyche“, wenn Duport tanzt. Da hörte ich, dass die Laucher heute wegen ihrer Schwangerschaft im „Caliph“ nicht spielen kann, am 15. reist sie ab. Ich war bei Rohrweck und nahm für Peters Illumination 36 Lampengläser und sandte sie ihm durch Mayerhofer. Therese war bei Stöger. Mittags allein, nach Mittag schrieb ich an den Grafen und arbeitete immer. Therese hatte Besuche von der Goldmann, Schmidt, Werlen und seiner Tante Beer. Sie gingen in den Schwarzenbergischen Garten und tranken abends Kaffee. Bei mir blieb die alte Töpfer und um 7 h ging ich ins Burgtheater „Quälgeister“, Lustspiel in 5 Akten. Im Parterre fand ich die Krünes und Bischof Pepi, die nach Mittag bei mir waren und mich baten, bei beiden Mädchen Gerhabenstelle zu vertreten, da ihr Vater heute begraben wurde.
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Kühl, aber ein heiterer Tag. Am Vormittag war ich zu Haus. Nitschner, Werlen, Therese und Goldmann probierten Canons. Im Burgtheater „Gulistan“, im Kärntnertor-Theater „Freemann“, an der Wien „Agnes Bernauer“, Mad. Schreck spielt sie. Im Prater treibt heute DeBach sein Unwesen im Circus Gymnasticus. Ich war bei Krautauer, er ersuchte mich um Geld. Ich schrieb seinetwegen an Stessel und ersuchte ihn, mit Ende Monat die 4000 fl. auszuzahlen. Nitschner und ich verabredeten, zusammen bei den Sieben Kurfürsten zu speisen. Mayerhofer speiste mit uns. Nach Tische kam Therese mit den 2 Goldmann, wir gingen in den Prater, fanden Nitschners Gattin und machten uns zusammen in den Circus. Therese ließ ich mit den beiden Goldmann durch Seppel in den Prater führen. Wir unterhielten uns beim DeBach gut, der Circus ist angenehm zu sehen. Von den Reitkünsten sahen wir nichts Neues. Nachher brachen wir durch den Prater und fielen beim Peter ein, M[ayerhofer] war da. Die Damen tranken Kaffee, wir aßen Würste, tranken Bier und waren vergnügt, als wir um 10 h nach Haus kamen.
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Warm, veränderlich. Im Burgtheater „Alte und neue Welt", im Kärntnertor-Theater „Wandernde Komödianten“ und „Figaro, Barbier von Sevilla“. Früh kam Westen (?) vom Grafen Wenkheim, dem ich wegen Übergabe der Kontrakte und Steuerbücheln ein Billett vom Eppinger (?) gab. Später in die Theaterkasse und zu Keglevich, der morgen mit der Gräfin nach Nagy Oroszy abreist.Therese war bei Stöger. Mittags allein, ich hatte von der Goldenen Ader heftige Schmerzen. Nach Tische schrieb ich meinem Grafen, dass sich die politischen Aussichten etwas erheitern. Gegen 5 h ging ich zum Peter, sprach mit Patsch, später mit Mayerhofer und Zeuner (?) Alles arbeitet an der Verfertigung der Laternen und Zubereitung zur großen Illumination. Therese nahm heute zum ersten Mal den Buberl ins Kärntnertor-Theater mit. Die Eigensatz begegnete uns mit der Schwester und schien über das Wiedersehen mächtig große Freude zu äußern. Sie versicherte uns nächstens zu besuchen. Abends regnete es und wurde sehr kalt. Therese erzählte, dass der Buberl sehr viel Lärm und Lachen machte.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).