Schwül, trüb. Früh 8 h kam Leber und sagte, ich könne heute ausgehen. Ich zog mich an, arbeitete an Höglers Konto, ging um 11 h selbst in die Kasse, Kärntnertor-Theater. „Armida“, Duport tanzt. Wegen Sitzen für Keglevich ging ich dann selbst zu ihm, brachte Höglers Konto und erklärte ihm, wie schwer es sei, Sitze zu bekommen. Im Burgtheater „Üble Laune“, Mad. Schreck spielte die Therese, des geh[eimen] Rats Tochter. Später zum Grafen, arbeitete, dann machte ich Promenade auf dem Markt, kam bei der Geissler in Peter Compagnie, der mich begleitete. Er ging dann zu den Ursulinerinnen, um seiner Schwester einen Besuch zu machen, weil Therese die Stögerischen sonntags ins Kloster führen möchte. Högler brachte mir Zeichnungen von Billetts für mich. Mittags allein. Es fing zu regnen an, mehrere Wettergüsse folgten, welche meine Promenade hemmten. Ich war nach Mittag zu Haus. Es kam Lefèvre von Hetzendorf, dann Werlen und Frati (?) mit seiner Tochter, die eine sehr fertige Klavierspielerin ist und Therese die Arie von Triebensee auf Nitschners Geburtsfest akkompagnierte. Lissl kam auch und klagte mir wegen Krauss. Goldmann Josephine, Werlen und Nina blieben den Abend bei uns, die Zeit wurde mit Singen zugebracht. Schreibers kam vom Theater mit der Nachricht, dass die Nalej-Neuville sich den Fuß überstauchte und vom Theater getragen wurde.
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Schwül, trüb. Im Kärntnertor-Theater „Essex", Mad. Schreck als Rutland, im Burgtheater „Armand“, Dirzka als Wasserträger. Bis nach 9 h lag ich im Bette, da Leber nicht kam, ging ich dann zum Grafen, blieb bis 11 h. Schlich herum, traf Peter, Fuchs, der wieder hier ist, um morgen bei den Ursulinerinnen das Amt zu dirigieren und ging mit ihm zur Nitschner, die sich sehr freute, mich wieder zu sehen, und mir eine Mohren-Henne (?) zum Geschenk machte, welche ganz schwarz ist. Mit Peter schlich ich auf dem Markte, er begleitete mich nach Haus. Mittags allein. Therese war bei Stöger, Rivolla gratulieren, bei mir war Wilh[elm] Neumann. Da ihn aber bloß Interesse zu mir führte, so ließ ich vom Namensfeste nichts merken. Nach Mittag arbeitete ich, schrieb und sandte Sollberger (?) die Kantate vom Nitschner. Therese besuchte Hocheder, später kam Peter und führte Therese ins Ursulinenkloster, um eine Schwester Mater Baptista kennen zu lernen. Die Bulla, später die Hocheder kamen und holten Therese ins Kärntnertor-Theater ab. Ich ging auch zum 1. Mal wieder, um die Fleck zu sehen. Fand Mayerhofer, Peter, Werlen, blieb in ihrer Compagnie und freute mich, wieder in Melpomenens Tempel zu sein. Sie gefiel mir nicht besonders, hat kein angenehmes Organ, keine Stärke, ist monoton. Ein paar Stellen mit der Königin, dann ihre Rosen-Szene gelangen ihr. Die Weissenthurn, vorzüglich aber Lang und Ziegler spielten vortrefflich. Mayerhofer kam mit Hoffmann und Prinz zusammen, Therese ging nach dem 3. Akt nach Haus. Fleck wurde vorgerufen und sprach von vollendeten Künstlern.
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Ein schöner Tag. Stuwers erstes Feuerwerk. Ich erhole mich langsam und fühle mich sehr matt. Den Vormittag beim Grafen, Theaterkanzlei, -kasse und Graben, Kohlmarkt, wo ich piano herumschlich. Eckhart, Peter und Mayerhofer waren unsere Gäste. Therese ging nach Tische mit den 2 Großbauerischen ins Kloster zu Peters Schwester, die sie überall herumführte. Um 5 h ging ich zum Grafen, mit dem ich zu tun hatte. Er fuhr nach Seibersdorf, ich, Therese und Mayerhofer gingen mit Peter in seinen Garten, wohin Patsch einen Augenblick kam. Wir blieben den Abend da, soupierten etwas im Garten der Sieben Kurfürsten und trollten uns nach Hause. Im Hereingehen hörten wir die Kanonade vom Feuerwerk.
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Warm. Früh kam Leber nach Verlauf von 2 Tagen wieder, verordnete, den Balsam wegzulassen und nur das Pflaster allein auf die Wunde zu legen. Ich zahlte in der Spalier-Fabrik und Tischler-Niederlage, war in der Kasse, hatte meine Diana mit und musste zusehen, wie ihr ein brauner wilder Mops die Jungfernschaft raubte. Josephine wollte ich besuchen, fand sie aber zu meinem Verdruss nicht. Bis um 12 h arbeitete ich, kam dann in Peters Compagnie und speiste bei ihm. Nach Tische kam Patsch. Ich fuhr in die Stadt und ging abends ins Theater an der Wien. Zum 1. Mal „Urlaub“, Lustspiel in 1 Akt, worin die Brochard und Renner spielen, dann „Harlekins Verwandlungen“, Pantomime in 2 Akten mit Tänzen und Gefechten, von Coralli und Lafargue, Musik von Gyrowetz. Therese war am Vormittag bei Stöger, aß allein mit Nina und war nach Mittag und abends zu Haus. Von 4 bis 6 h war Werlen bei uns, wir räsonnierten über die politischen Angelegenheiten, über Österreichs und unser polirisches Schicksal und fanden, dass der Blick der nicht fernen Zukunft zum Verzweifeln ist; ich ward sehr melancholisch. Ich kam in Nitschners und Sollbergers (?) Compagnie; dies entschädigte mich wegen des elenden Machwerks der beiden Sachen, welche verdient missfielen. In Geweys Compagnie, der mich in politischer Hinsicht beruhigen wollte, ging ich in die Stadt.
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Ein warmer Tag. Heute spielt die Schreck in der „Aussteuer" im Burgtheater die Sophie. Ich hatte heute vor Mittag 2 Mal starkes Nasenbluten. Mayer kam von Hetzendorf, um wegen seiner Gelder andere Dispositionen zu treffen, aus Furcht vor dem künftigen Schicksal des Staats. Er und Werlen speisten bei mir. Ich ging den Vormittag bis 12 h nicht aus, arbeitete und schloss meine Rechnungen. Therese ging zu Stöger und in die Theaterkasse. Gleich nach Tisch kam die Artillerie-Banda. Therese probierte die Kantate vom Triebensee auf Nitschners Geburtsfest, Werlen, Therese und Goldmann probierten einige Terzette, dann waren Therese und ich allein. Abends ging ich ins Burgtheater ins Parterre, bediente die Mama mit Himbeerwasser, war sehr galant. Setzte mich dann ins Orchester und sah das Stück mit außergewöhnlicher Aufmerksamkeit. Die Fleck gefiel nicht sehr, wurde aber doch vorgerufen.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).