Heiter, gefroren. Früh zum Grafen, er reiste von Terz[aga ?] ab. Später zur Polly (?], dann in Compagnie des Finettl zum Kanal, um das Verfahren wegen dem Verkauf des Kaiser-Holzes, den Stoß zu 33 fl. Zu sehen. Wegen des gestrigen Exzesses, als ein Franzose wegen einigen Scheitern Holz einen Laternanzünder erschoss, wodurch beinahe Aufstand unter dem versammelten Volk entstanden wäre, wird kein Holz mehr weggegeben. Von da marschierte ich über die Glacis zu Koch, der noch immer wegen Fieber und Heiserkeit krank ist, erzählte von der Vereinigung der deutschen Oper in der Stadt und an der Wien, dass Weigl Direktor beider Opern und Treitschke Sekretär sei, dass Sonnleithner nun auf die Oper keinen Einfluss mehr habe. Ich fürchte, wegen Weigls Bequemlichkeit dürfte es schlimmer gehen. Als ich zu Hause kam, überraschte mich mein liebes Weib außer Bette. Oeppinger erlaubte ihr aufzustehen. Mittags allein, nach Mittag zu Haus. Abends zum 1. Mal im Burgtheater „Oheim“, Lustspiel in 5 Akten von Iffland. Wurde nicht zum Besten gegeben, da auch die Besetzung nicht ganz passend war, langweilte also noch mehr, als man von der ohnedies schon langweiligen Arbeit vermutete. Rooses Charakter, ein junger Kaufmann, der alles nach dem zu hoffenden Gewinn schätzt, Neffe des Onkels Bartmann, und Weidmann, Geheimrat Fernau (?), der an die Seelenwanderung glaubt, und darauf stirbt, dass in ihm der Geist des Knipperdolling, eines verrückten Schneiders und Religionssektierers gefahren ist, sind neue Charaktere. War leer und gefiel nicht.
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Heiter, trocken, abends Schnee. Früh arbeitete ich, später mit Finettl spazieren. Um 12 h mit Sonnleithner auf dem Hof, wo die Bürgerkompagnien und Franzosen versammelt waren, die dann vor das Schottentor zogen, auf dem Mist- und Holzplatz ein Karree schlossen, und Zeugen sein mussten, wie der Spielmann, der vor ein paar Tagen einen Hausmeister erstach, erschossen wurde. Ich ging mit hinaus, sah aber wegen Holz die Exekution nicht. Er war sehr entschlossen, setzte sich zu einem Schilderhaus nieder, verband sich selbst die Augen und wurde ins rechte Wang so getroffen, dass er gleich tot war. Vor und nach der Hinrichtung wurde Rebell geschlagen, dann marschierten alle Franzosen und Bürger an dem Toten vorüber. Platzkommandant Morand war auch draußen. Von ihm erschien heute ein Ordre du jour, dass in der Stadt um 10 h und in den Vorstädten um 9 h alle öffentlichen Orte geschlossen sein müssen, und keine Franzosen mehr auf den Straßen sein dürfen. Mittags waren Therese und ich ganz allein. Nach Mittag las ich, da kam die Goldmann mit Schwester. Abends war Therese allein, ich ging ins Burgtheater „Zwei Posten“ und DeCaros Pas de deux, hielt mich meistens bei der Kasse auf. Sah den Bauchredner Thiemet (?) im kleinen Redoutensaal, er unterhielt mich weit weniger als das erste Mal, es war auch leer. Um 9 h war ich schon zu Haus. Therese sagte mir, die Kunz befindet sich heute besser.
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Drei Könige, feucht. Vormittag arbeitete ich, ging wegen der Orleans (?) zu Cavriani, schrieb meinem Grafen und schlich dann meiner gewöhnlichen Promenade nach. Mittags allein, nach Mittag zu Hause. Ich habe den Schnupfen und Therese darf noch nicht ausgehen. Heute marschieren die Franzosen ab. Ich sprach mit dem Pfarrer Stadler im Lerchenfeld, er sagte mir, dass die Sterblichkeit sei sehr groß, in einer Stunde seien in den Spitälern schon 12 gestorben. Man zähle Tage, an welchen in Wien ohne Franzosen schon 60 Personen starben, meistens an Nervenfieber. Mayer von Brünn schrieb mir und Klimbke einen kläglichen Brief. Letzterer erzählte mir von der Krida von Jordan und Compagnie, id est Walcher, welche ihm viel zu schaffen gibt. Abends in die Theater, im Burgtheater „Haus zu verkaufen“ und „Vetter in Lissabon“, im Kärntnertor-Theater „Muta“ und DeCaros. Es fing abends zu regnen an und so blieb ich im Burgtheater. Ich fand wenig Compagnie, es war sehr leer und war so unglücklich, meistens zu schlafen.
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Regen und heftiger Wind. Vormittag setzte ich die Revision des Küchenbuches fort, suchte Stessel auf, machte einen Besuch. Ich fand heute für mich fatale Theater „Epigramm“ und im Kärntnertor-Theater „Romeo“, zum letzten Mal. Therese befindet sich noch nicht wohl, seit gestern steht sie als krank unter den Theatervorfällen. Ich erzählte ihr den Sturz der Klob vom Fenster, den sie mit Fassung anhörte. Mittags allein mit Agnes. Heute marschierte eine starke Kolonne Franzosen ab, auch unser Oberster. Lange war ich bei Stessel, der mir erzählte, dass am Sonntag das Te Deum in Eisenstadt war, das Regiment Lindenau auf dem Platz gemustert wurde und morgen Ball ist. Bei Therese war Agnes, sie erhielt wegen Schmuck Besuch von der Grünberg (?), die an der Wien heute statt der abgegangenen Menner (?) die Königin der Nacht spielt. Sie weinten beide zusammen, weil die Grünberg über ihr Schicksal und die Misshandlung beim Theater klagte. Auch die Goldmann war da. Ich tournierte es in Scherz, bediente alle mit Tokajer und machte ihr so eine frohe Stunde. Ich begab mich in beide Theater. Im Burgtheater kam ich mit Kühnel zusammen. Schiegl (?) sperrte uns eine Loge auf, und wir plauderten durch einen ganzen Akt von Eisenstadt, von Siess' Erhebung zum Oberbuchhalter, von der Schwäche der Stimme der Schmidt, welches der Fürst in der „Entführung" selbst bemerkte. Von da ins Kärntnertor-Theater, ich kam eben hin, als im Parterre noble sich zwei Offiziere ohrfeigten und das Manöver fortsetzten, als sie schon in der Vorhalle waren. Crescentini sang zum Abschiede sehr mittelmäßig und wurde zuletzt samt der Campi vorgerufen.
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Heiter, aber sehr kotig. Früh schrieb ich an den Grafen, später zu Stessel, Theaterkanzlei, Kassa, dann ins Kärntnertor-Theater zur Probe von „Deserteur“, Ballett in zwei Akten zum Vorteil der Gladiateurs und Pantomimisten im Kärntnertor-Theater, vorher „La Muta“. Ein wahrer Jux. Ich unterhielt mich, sprach auch mit Joseph Weigl wegen Therese und dem Rechnungsstreich wegen Königin der Nacht. Mit Stessel speiste ich im Hotel garni sehr mittelmäßig. Nach Mittag zu Haus bis ½ 7 h, Krendl (?) war da und mit ihm ins Kärntnertor-Theater. War meistens bei der Kasse und überzeugte, was uns der Ballett, der totaliter ausgezischt wurde, uns für einen Jux gab.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).