Sprung zur TabelleSprung zum MenüSprung zur SucheHotkey Referenz
Anzeige von 3086 - 3090 aus 11858
Sortiere nach 
Lfd Nr Jahr Monat Tag Eintrag Namen Referenz
3086 1806 1 14 Feucht, trüb. Früh erwartete ich Vadász, ging mit ihm herum. Zur Polly wegen meinem Gilet, welches sie schon so lange behält, dann mit Therese und Goldmann Promenade über Gumpendorf bei der neuen Linie durch die Allee und über Mariahilf herein. Der Wind heiterte zwar aus, brannte durch sein Wüten sehr in der Nase und Ohren. Mittags allein, nach Mittag arbeitete ich, ging herum. Heute erwartete man schon unsrige Soldaten. Im Nachhause gehen sah ich einen ganzen Transport russischer Verwundeter zum Burgtor hinausfahren. Abends ins Burgtheater, zum 1. Mal „Fridolin“, dramatisches Gedicht in 5 Akten von Franz Kaspar von Holbein, nach Schillers Ballade „Der Gang nach dem Eisenhammer“. Ins Kärntnertor-Theater „Zwei Posten“ und Terzett, die Loge gaben wir in die Buchhandlung. Ich erhielt Briefe vom Grafen, ging zur T[erzaga], plauderte mit Huber, dann erst ins Parterre. Die ersten 4 Akte gefielen sehr, der 5., die Erscheinung des Ritters – Bernardi – als Fridolins Vater, machte Langeweile und das Stück weniger gefallen. Ich unterhielt mich mit Schillers Gedichten. Band 05 (V.), Seite 111v
3087 1806 1 15 Vormittag heiter, nach Mittag Schnee. Früh schrieb ich an den Grafen, besorgte mehrere Geschäfte, ging mit Therese, Polly, Schmirer und Goldmann in die Porzellanfabrik, wohin ich die Proklamation von Kaiser Franz brachte. Sie ist vom Kaiser aus Feldsberg vom 15. Jänner 1806 datiert und vom Kaiser eigenhändig unterschrieben. Sie ist herzlich und mit Offenheit geschrieben. Polly war unser Gast. Nach Mittag schrieb ich, ging in die Theaterkasse, zum Grafen ins Haus. Er schrieb mir, dass er morgen komme. Abends in beide Theater, im Burgtheater „Entzifferung“, Kärntnertor-Theater „Fridolin“. Von allen Seiten werden Anstalten zum morgigen Empfang des Kaisers gemacht. Passy sagte mir, dass auch ihre Fabrik geschlossen bleibt, dann en passant, dass Marechal Soult mit General Wrbna in der Porzellanfabrik waren, und Wrbna so galant war, ihm zu sagen, er möchte sich als Freudenbringer etwas aus der Produktion nach seinem Geschmack wählen; Soult und seine Adjutanten nahmen beinahe alles was hübsch war, nahmen um einen Wert von 6000 fl.. Band 05 (V.), Seite 111v
3088 1806 1 16 Ein hübscher, doch feuchter Tag. Des Kaisers Ankunft. Alle 5 Theater sind frei, abends Redoute. Im Burgtheater „Hausdoktor“ und „Tochter Pharaonis“, im Kärntnertor-Theater „Dorfbarbier“ und „Ser... ?“ Äußerst lebhaft war es schon am frühesten Morgen auf allen Straßen. Goldmann und Rösner frühstückten bei uns. Mit letzterer ging ich zum Seitzerhof, von wo aus heute zum ersten Mal die 2 Grenadiercompagnien auf die Burgwache zogen. Sie sind sehr galant adjustiert und gut exerziert. Kaufmann Mayer und Bäcker Schöffmann sind Hauptleute. Wir sahen auch das Corps junger Stände und die bürgerliche Kavallerie hinausreiten, um den Kaiser am Spitz in Floridsdorf zu empfangen. Nachdem wir bei der Ablösung am Burgplatz blieben und diese vorüber war, durchstrichen wir alle Straßen, durch welche der Kaiser fuhr, postierten uns auf dem Lichtensteg, trafen mit Stegmayer zusammen und machten einen kleinen Einfall ins Fleischhacker-Bierhaus. Um ½ 12 h kam der Kaiser und die Kaiserin. Es war ein feierlicher Zug und das ganze ein wahres Nationalfest. Ich sah ihn noch auf dem Graben und Josephsplatz. Therese holte ich bei Lavotta ab, ging mit ihr auf den Burgplatz und sahen da alle Bürgercorps vorbei paradieren. Der Hof und Adel sahen an den Fenstern zu. Erst um 3 h kamen wir nach Hause. Nach Mittag ruhte ich aus, abends mit Kridl (?) in beide Theater, doch blieben wir in der Loge im Kärntnertor-Theater mit Kunz, Nanette Pretsch, Walnefer, Joseph Brandl, Heufeld (?) und einem Fremden. In beiden Theatern erschien der Hof, in die Redoute, wo ich auch war, aber nur bis 1 h blieb, kam der Kaiser allein. Überall wurde er mit den einstimmigsten Vivat-Rufen uns Klatschen empfangen. In der Nacht wurden von der Armee Ehz. Carls 50 Kanonen gebracht. Band 05 (V.), Seite 112r
3089 1806 1 17 Neblig. Den ganzen Vormittag mit dem Grafen beschäftigt. Nachmittags mit der Gulyás und Pretsch auf die Wieden, um für die Terzaghischen für morgen Zimmer zu suchen. Ich fand eines beim Goldenen Bären. Abends ins Kärntnertor-Theater, zum ersten Mal „Singspiel an den Fenstern“, Oper in einem Akt übersetzt von Treitschke, Musik von Nicolo [sic, recte Issouard], dann „Atalante“. Die Cilli Laucher trat als Primadonna auf, ist höchst unwürdig, eine vorzustellen. Die Oper hat hübsche Musik und ist wegen der Dekoration originell. Hat nicht sehr gefallen. Dann holte ich Therese im Burgtheater ab, sie war mit Goldmann in der Loge. „Die Hagestolzen“, Eigensatz zum letzten Male als Margarethe. Sie wurde vorgerufen und sprach zum Schluss ihrer Rede: „Möchten Sie durch die Erinnerung an mich meinen Fleiß belohnen !“ Beim Herausgehen nahmen wir Abschied von ihr. Kaiser und Kaiserin erschienen in der Oper und wurden mit lautem Vivat empfangen. Band 05 (V.), Seite 112r
3090 1806 1 18 Vormittag heiter, nach Mittag stinkender Nebel. Ehz. Carls, Johanns und Maximilians Ankunft mit der Garnison, Austeilung der Ehrenmedaillen und Revue auf der Glacis unter dem Donner der Kanonen. Früh mit dem Fiaker zu den Terzaghischen, dann, um Therese eine Überraschung zu machen, um gesperrte Sitze an die Wien. Zum letzten Mal die Eigensatz als Marie in „Blaubart“, welche Therese nie sah. Später auf die Wieden zum Goldenen Bären, um Arrangements zu ihrem Empfang zu machen. Um ¼ nach 10 h rückte Ehz. Carl schon mit seinen Truppen bei der Favoritenlinie herein. Ein lautes Vivat scholl ihm entgegen. Voraus waren ein paar Züge Ulanen, dann ein, zwei Regimenter Ulanen, nach diesen meistens ungarische Infanterie und zum Schlusse ein Regiment Husaren. Alles stellte sich in 2 Treffen auf der Glacis vom Stuben- bis zum Schottentor auf. Ehz. Carl hing mehreren die Ehrenmedaillen selbst an, dann erschien der Kaiser mit der Generalität, und begleitet vom jungen Adel und der bürgerlichen Kavallerie. Fürst Esterházy ritt in ungarischer Generalsuniform mit, und ritt Schritt für Schritt die Reihen durch. Gegen das Stubentor schlossen die Husaren, gegen das Schottentor die Ulanen die Flügel. Beim Schottentor ließ der Kaiser die Truppen vor sich defilieren und kam erst um 2 h unter allgemeinen Vivat-Rufen in seine Burg zurück. Mittags allein, nach Mittag zu Haus, las einige Gedichte von Schiller, ging aus und abends mit Therese und Pretsch Nanett in Begleitung des Czermak an die Wien. Der „Blaubart“ wurde von allen Seiten äußerst mittelmäßig gegeben, sogar die Pferde fehlten. Die Eigensatz wurde vorgerufen und sprach in der größten Eile: „Ihre Güte wird mir ewig unvergesslich bleiben“. Im Rückweg sahen wir noch im Kärntnertor-Theater den letzten Akt von „Oheim“. So voll es draußen war, so leer war es in der Stadt. Band 05 (V.), Seite 112r
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.

Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:

  • Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
  • Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
  • Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
  • Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
  • Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.

Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).


(†) Peter Prokop, Wien, im Februar 2016

Copyright © 2025 Heraldisch-Genealogische Gesellschaft "ADLER", Wien. All Rights Reserved. Austria-1095 Wien, Postfach 7, Universitätsstraße 6/9b