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Lfd Nr Jahr Monat Tag Eintrag Namen Referenz
3066 1805 12 25 Christtag. Sehr morastig. Im Redoutensaal ist heute die Aufführung der „Jahreszeiten". Es singen die von gestern. Früh schrieb ich, Starhemberg brachte mir Briefe vom Grafen. Ich ging zur Terzaga, eine Weile herum, dann in des Grafen Haus. Mittags allein, dann schrieb ich dem Grafen. Goldmann kam, später Salieri, welcher von der gestrigen Musik in Schönbrunn erzählte, dass sie dem Napoleon nicht gefallen hat, er sehr düster war und nicht einmal das Ende abwartete. Abends ging ich herum, suchte Compagnie, und ging mit Stegmayer und Seyfried ins Süsse Löchel. Ich war nie da, staunte über die Höhlen und unterirdischen Gänge, in denen sich ein paar 100 Menschen fanden, und blieben länger als eine Stunde. Wir trafen nur Bürgermädchen, Köchinnen, Handwerksburschen, Livréen, Franzosen, dieses bunte Gewühl und unsere Maskierung unterhielt mich. Den übrigen Abend war ich mit Therese und Goldmann zu Haus. Band 05 (V.), Seite 108v
3067 1805 12 26 Heiter, gefroren. Heute war bei Braun Deliberation zwischen Jos[eph] Weigl, Treitschke und Schikaneder wegen Entlassung der italienischen Oper und des Balletts und Ausführung neuer Pläne etc. Früh schrieb ich, besuchte Starhemberg bei Cavriani, sprach lange mit ihm, er versicherte mich des nahen Friedens. War in der Theaterkasse und ging nach 11 h mit Therese, Nina, Goldmann, Barany und Tochter auf die Burgglacis, wo heute mit den Franzosen und Bürgern wegen Nichtpassieren in den Alleen Exzesse vorfielen und ein Kaufmann mit dem Bajonette durch den Arm gestossen wurde. Wir fanden einen französischen Husaren und einen vom Magistrat mit der Schärpe am Anfang der Allee, der die Leute abwehrte. Zum Stubentor gingen wir herein. Therese führte ich nach Haus und ich suchte mir Compagnie zum Speisen. Um 3 h holte ich Therese, Nina, Goldmann und die Rösler, verheiratete Haselbeck (?) ab und führte sie zum Krippenspiel auf die Landstraße. Wir unterhielten uns recht gut und hatten viel Spaß. Abends schrieb ich bis 7 h, dann ins Burgtheater „Johanna von Montfaucon“ dann ins Kärntnertor-Theater „Muta“ und „Vologesus“, ziemlich besetzt. Ich plauderte auf dem Theater und führte beide Goldmann nach Haus. Band 05 (V.), Seite 108v
3068 1805 12 27 Gefroren, doch nicht sehr kalt. Früh schrieb ich meiner Mutter, dem Stessel und Kühnel. Ging herum, um 11 h mit Therese und Goldmann durch die Währinger Gasse – wo ich in der Joseph[inischen] Akademie die Besichtigung der Präparate erkundigte, die man täglich sehen kann – zur Linie hinaus, über die Felder und zur Nussdorfer Linie herein. Es war eine angenehme Promenade. Mittags allein, nach Mittag arbeitete ich zu Haus. Abends ins Kärntnertor-Theater „Horatier“, in den 3. Stock, wo ich Rathmayer duch Zufall begleitete und von Eifersucht, Zeisers (?) Liebschaft etc. possierliche Sachen erfuhr. Therese holte ich im Burgtheater ab, „Schwarzer Mann“ und „Tanzsucht“. Sie war lange schon in keinem Theater. Band 05 (V.), Seite 109r
3069 1805 12 28 Schnee, Regen und außerordentlicher Morast. Der Friede ist angeschlagen, sagte mir der Barbier beim Eintritt. Therese zog sich schnell an und ging lesen. Es lautete so: „Se. Exzellenz, der Marschall von Frankreich Soult, hat mir die erfreuliche Nachricht mitgeteilt, dass der Friede zwischen Sr. Majestät, dem römischen und österreichischen Erbkaiser, und Sr. Majestät, dem Kaiser der Franzosen, zu Preßburg geschlossen worden sei. Ich eile, dieses erwünschte Ereignis dem Publikum bekannt zu machen, und es einzuladen, Gott dem Allmächtigen die schuldige Danksagung bei St. Stephan abzustatten, woselbst das Te Deum heute um 11 h feierlich abgehalten wird. Wien am 28. Dezember 1805. Rudolph Graf von Wrbna, landesfürstlicher Hofkommissär“. Um 10 h ging ich zu Kilian und brachte Theresen 3 Paar weißseidene Strümpfe als ein kleines Andenken des Friedens. Dann sah ich alle Bürgercorps nach St. Stephan ziehen, Graf Wrbna und Fürst Trauttmannsdorff sah ich fahren. Schade, dass so ein teuflisches Wetter alle Feierlichkeit stört. Marschall Soult und eine Kompanie Grenadiere zog mit klingendem Spiel in die Kirche ein, und ließ ihr Spiel bei allen Teilen des Amtes hören. Der Trommelschlag und diese ganze Zeremonie machten den feierlichen Actus noch erhabener. In der alten Mutterkirche möchten wohl diese die ersten Trommelschläge gewesen sein, die man hörte. Erst um 1 h war das Hochamt geendet und die Bürger, welche auf dem Platz paradierten, zogen zurück. Mittags allein, Therese schwimmt in Vergnügen und Frohsinn und schrieb heute der Krieghammer. Nach Mittag schrieb ich dem Grafen, schickte ihm, dem Keglevich und meiner Mutter – der wir zugleich für den erhaltenen Schinken dankten – die Friedenskundmachungen. Ersterem schrieb ich noch, dass Crescentini vom Napoleon als Kammersänger mit 30.000 Francs und Pension verschrieben sei. An den Gesichtern der Wiener bemerke ich keine außerordentliche Freude. Viele glauben ihn nicht, viele sind damit nicht zufrieden. Ich hätte nie gedacht, dass es hier so viel stupide Menschen gibt. Abends ging ich ins Kärntnertor-Theater „Dorfbarbier“ und „Seehafen“ (?), im Burgtheater „Stille Wässer“; es wird sehr leer sein. Bei dem feierlichen Friedensfest erinnere ich mich der Proklamation des Kaisers Napoleon an die Große Armee, gegeben zu Ulm am 12. Oktober 1805: „Soldaten ! Ihr würdet schon jetzt, wenn Österreich den Krieg nicht erklärt hätte, in London sein, um die Beleidigungen zu rächen, welche England seit 6 Jahrhunderten Frankreich zugefügt hat. Morgen führe ich Euch gegen die Österreicher. Erinnert Euch, dass diese Bundesgenossen der Engländer sind. Es soll das Gegenstück zur Schlacht bei Marengo geliefert werden; es soll noch mehr geschehen: es darf kein Mann von der feindlichen Armee zurückkommen. Sie ist von allen Seiten eingeschlossen. Nach dieser Niederlage wollen wir nach Wien eilen, um die Vernichtung der feindlichen Armee zuerst zu überbringen und Europa von den Einfällen der Kosaken zu schützen“. Napoleon erließ gestern zum Abschiede an die Bewohner Wiens eine Proklamation, die so freundlich als weise geschrieben ist, und die 15. besondere Beilage zur Wiener Zeitung ist, und reiste heute früh von Schönbrunn nach München ab. Der Friede wurde am 26. früh 5 h, zu Preßburg im Primatialpalaste zwischen dem k.k. österreichischen Abgeordneten, FM Fürsten Johann von Liechtenstein und Graf Ignaz von Gyulay, nebst dem Staatssekretär von Hopp (?) dann dem kaiserlich-königlich französischen Minister der Ausw[ärtigen] Angelegenheiten, C[harles] M[aurice] Talleyrand de Perigord Exz[ellenz] abgeschlossen. Bei uns waren am Abend Treitschke mit Frau und Wallaschek. Dann, als ich auch noch Stessel geschrieben, und ihm alles zugeschickt, begab ich mich zum „Dorfbarbier“, der heute ohne allen Jux und matt gegeben wurde. Ich hielt mich meistens auf der Bühne, plauderte mit Sonnleithner, und kam eben zu einer Ohrfeigen-Affäre zwischen dem Gladiateur Gaugibus Sedini, und dem Liebhaber der kleinen Groteske Linderer (?). Therese, Goldmann und ich plauderten zusammen bis 11 h und freuten uns des Friedens. Band 05 (V.), Seite 109r
3070 1805 12 29 Stinkender Nebel, großer Morast. Heute machten schon die kaiserlich-königlich französischen Garden den Anfang zum Abmarsch der Franzosen. Ich schrieb vor Mittag, Therese packte ihre verborgenen Schätze aus. Später begab ich mich in die Kasse, schlenderte herum. Im Burgtheater „Wandernde Komödianten“ und „Tiroler“, im Kärntnertor-Theater „Hamlet“; Koch aus Salzburg spielt den Hamlet. Mittags allein, es erschienen schon Neujahrs-Gratulanten. Nach Tisch kam mein Bruder, dem Therese als nachträgliches Angebinde ein französisches 5-Franc-Stück schenkte. Neumann kam, mit diesem plauderte ich, Origoni besuchte mich und brachte mir einen Einschluss vom Grafen. Die Beck war bei uns, deren Fritz ich ins Theater mitnahm. Anfangs ging ich ins Kärntnertor-Theater, fand da Compagnie, dann ins Burgtheater und dann wieder ins Kärntnertor-Theater. Der Nebel war abends undurchsichtig. Als ich an Grafen und Stessel geschrieben hatte, ging ich mit Neumann ins Holz-Gewölb, fand da Drenner (?) und Schmidtmann. Band 05 (V.), Seite 109v
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.

Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:

  • Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
  • Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
  • Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
  • Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
  • Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.

Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).


(†) Peter Prokop, Wien, im Februar 2016

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