Heiter. Früh arbeitete ich, dann mit Therese und Goldmann zum Wasser-Magazin, dann ich allein zum Reimann. Mittags allein. Ich suchte Stessel auf. Therese singt heute wieder zum ersten Mal, im Burgtheater „Molinara“. Im Kärntnertor-Theater „Das war ich“ und Terzett mit DeCaro. Kühnel gesellte sich zu unserer Promenade und ließ sich von Goldmann besiegen ! Ich war in beiden Theater, überall mittelmäßig, überall langweilte ich mich.
Band 05 (V.), Seite 111r
3082
1806
1
10
Trüb. Heute ist der Töpfer unser Gast. Früh wegen Keglevich und seinen Kästen zu Reimann, dann an die Donau. Therese war Krankenwärterin bei ihrer Mutter, und speiste auch da. Vor Tische fuhr ich noch mit Stessel in die Ingenieurs-Akademie, um mich wegen dem Kadetten Klauzal zu erkundigen, zugleich sprachen wir den jungen Kühnel. Nach Mittag schrieb ich an den Grafen und der Keglevich. Abends mit Wanzmann ins Bierhaus, dann ins Kärntnertor-Theater „Weltton und Herzensgüte“, Lustspiel in 4 Akten von Ziegler. Nach vielen Jahren renoviert aufgetischt, wobei die Krüger als Gräfin Albosi (?) sehr unangenehm war. Außerordentlich leer. Therese sang im Kärntnertor-Theater (?) in „Pamela“. Wir hatten Besuch von der Goldmann ihrem Adorateur, dem Brigadegeneral Turrin-Schnitzer (?), doch einem artigen, nicht ganz jungen Mann. Sehr überraschte uns dieser Besuch, den er um ½ 7 h wiederholte, aber niemanden fand. Er macht Streiche.
Band 05 (V.), Seite 111r
3083
1806
1
11
Teuflisches Wetter. Schnee und Regen strömen herab, es will gar nicht Tag werden. Ich arbeitete in Rechnungs-Revision, schrieb und antwortete Mayer in Brünn, ging wegen Strachin (?) und kaufte von Gallini (?) einen Ziegel. Mittags allein, nach Mittag endete ich Mayers langen Brief, schrieb auch an den Grafen, begab mich abends in die Theater. Im Burgtheater „Geständnis“ und „Deutsche Kleinstädter“, im Kärntnertor-Theater „Caliph“ und Terzett mit Gioja. Die Eigensatz und Zimmermann spielen heute zum letzten Mal in „Caliph“. Erstere heiratet einen polnischen Grafen, man sagt, auf eine galante Art, letzterer ist abgedankt. Er war wieder betrunken, was ihm oft passiert und sagte ein paar Sachen in seiner Rolle, die verdienen, unter die Anekdoten aufgenommen zu werden. Erstens hat er zu fragen: „Ist es ein Prinz ?“, er sagte: „Ist es ein Prince ?“ dann: „Ich schwöre es, er soll sterben“. Im Munde eines Türken machte er noch mehr lachen und unterbrach fast das Spiel aller. Beim Ballett war ich auf der Bühne. Heute sind zwei Kundmachungen, von Wrbna und Fürst Johann Liechtenstein unterzeichnet, worin das Publikum vom längeren Aufenthalt der Franzosen unterrichtet und zugleich ermahnt wird, sich ruhig und freundschaftlich zu betragen und Aufläufe und Zusammenrottungen zu vermeiden. Heute sind die Franzosen von allen Wachen abgezogen und die Bürger haben sie wieder besetzt.
Band 05 (V.), Seite 111r
3084
1806
1
12
Institutssitzung. Böses Wetter. Früh arbeitete ich, dann zur Sitzung. Bei der Sitzung wurden unsere Remunerationen angewiesen. Nach selber ging ich spazieren, sah das 16. und 22. Dragonerregiment durch die Stadt marschieren. Mittags allein. Durch Kárner erhielten wir Schinken, welche König brachte. Ich arbeitete, richtete die Kassen in Ordnung, schrieb dem Grafen nach Preßburg und ging, weil es sich aufheiterte, mit Therese und Goldmann auf die Bastei spazieren. Abends ins Kärntnertor-Theater „Dorfbarbier“ und „Deserteur“, Taglioni als Deserteur und Regnier (?) als dummer Junge. Wird nichts daraus, Musik und Bearbeitung sind zu schlecht. Im Theater hörte ich, dass Stegmayers Oper „List und Zufall“ mit Süssmayers Musik gestern im Theater an der Wien solenn ausgezischt wurde. Therese war bei ihrer Mutter zu Haus, dann den Abend allein. Die Goldmann spielte im Burgtheater „Landmädchen“. Die Franzosen haben sich schon sehr sküsiert.
Band 05 (V.), Seite 111r
3085
1806
1
13
Trüb. Im Burgtheater „Pamela“ und „Deserteur“, im Kärntnertor-Theater „Tag der Erlösung“, Anspielung auf den Abmarsch der Franzosen. Noch ist Wien nicht geräumt. Früh arbeitete ich zu Haus, dann ins Haus des Grafen, wo ich den Kellerstand abschloss. Später mit Therese und Goldmann spazieren. Mittags speisten die Rottruff und Mädel bei uns, die auch samt Vadász, der von Eisenstadt kam, die Promenade mitmachten. Wir gingen zum Burgtor hinaus und zum Roten Turm herein. Nach Mittag arbeitete ich, schrieb meiner Mutter, da kam die Dauer zu Besuch. Abends in Compagnie mit Vadász ins Kärntnertor-Theater, Therese sang im Burgtheater. Beim Ausgehen fanden wir eine Kundmachung angeschlagen: worin sich Se. Majestät äußern, dass sie nie ihr dankbares Herz den Edelmut und die Liebe der Wiener und Österreicher vergessen lassen, welche sie bei einer so schweren Prüfung erprobten, dass sie sich freuen, eiligst in die Mauern ihrer geliebten Hauptstadt zurückzukehren, um den Wohlstand zu verschaffen, den sie so sehr durch ihren Biedersinn und Vaterlandsliebe verdienen; auf ausdrücklichen Befehl Sr. Majestät des Kaisers und Königs, Rudolph Graf von Wrbna, landesfürstlicher Hofkommissär. Im Theater erfuhr die Goldmann, dass ihr Anbeter, der noch ein Monat hier zu bleiben versprach, gestern mit der DeCaro-Bossi – man sagt, er heirate sie links – nach Paris abgereist sei. Ich musste lachen, weil ich ihn am letzten Freitag beim Besuch gleich als Schützen und Streichmacher charakterisierte. Mons. Turrin entfloh mit seiner Helena.
Band 05 (V.), Seite 111v
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).