Nebel, sehr kotig. Früh zum Grafen, dann in den kleinen Redoutensaal, wo ich Robertsons Luftball, samt dem Korb, die neue Gondel und den Fallschirm sah, worin sich Montag sein Zögling herablassen wird, und für den Grafen und Therese Galeriebillets nahm. Mittags war Jean unser Gast. Nach Tische arbeitete ich, später mit Therese zum Wasser und in die Tuch-Niederlage. Therese singt im Burgtheater in „Selico“, in welches ich anfangs ging, dann ins Kärntnertor-Theater „Johanna von Montfaucon“, Stentsch’ von München 2. Rolle als Philipp. Gefiel nicht und wurde nur mühsam vorgerufen: „Der Beifall eines gebildeten Publikums ist des Künstlers schönster Lohn. Urteilen Sie nun, wie glücklich ich bin !“. Nach dem Theater nach Hause. Im Theater plauderte ich mit dem Schauspieler Flebe (?) von Pest, der morgen nach Graz reist.
Band 05 (V.), Seite 45v
2642
1804
10
27
Schlechtes Wetter, abwechselnd Regen. Der Vormittag wie sonst, mittags allein. Nach Tische fuhr ich immer herum, teils zur Donau, Reimann etc. Um 5 h mit Demmer, Krüger, Stegmayer, Schmidmann (?) und Fischer zum Weinberg, nach 6 h ins Theater „Salomos Urteil“, Oper in 3 Akten von Stegmayer. Die Eigensatz als Sana (?) machte Furore. Ich hatte Compagnie, sonst hätte es mich gelangweilt.
Band 05 (V.), Seite 45v
2643
1804
10
28
Neblig, abends Regen. Vormittag zum Grafen, dann meine gewöhnliche Promenade. Mittags aß ich bei den Brandlischen, mittelmäßig. Therese speiste alleine zu Hause. Nach Tische zu Hause, da starb eben General Brentano, um ½ 3 h. Ich schrieb an Keglevich, dann machte ich mit Therese eine Promenade auf die Bastei. Therese ging ins Kärntnertor-Theater „Beschämte Eifersucht“, nachher „Domestikenstreiche“, ich ins Burgtheater „Dorfbarbier“, nachher auch ins Kärntnertor-Theater. Die „Domestikenstreiche“ sind eine elende Farce und wurden ausgezischt. Fand Compagnie und holte Therese ab; die Ärmste hat wegen dem Toten Angst.
Band 05 (V.), Seite 45r
2644
1804
10
29
Trübe. Luftfahrt von Robertsons Zögling, und dessen Herabstürzen mit dem Fallschirm. Früh zum Grafen, um 11 h nach Haus, etwas speisen, dann fuhr ich mit Therese und Jean in den Prater. Nach und nach versammelten sich viele Menschen. Um 1 h war die bestimmte Stunde des Aufsteigens, und um 4 h geschah es erst. Erstlich füllte sich der Ballon langsam, dann trennte sich der weiß und kirschenrot-taffetne Fallschirm vom Ballon, öffnete sich die Luftklappe und endlich verwebten sich die Stricke. Der Ballon musste nachgefüllt werden. Er erhob sich ungefähr 70 bis 80, anstatt der versprochenen 200 Klafter. Der junge Mensch schnitt sich schon los, als der Robertson den Schuss machte. Er stürzte anfangs sehr schnell herab, bis sich der Schirm entwickelte, dann schwebte er ganz langsam herab und kam bei Wagners Hütte nach den Bäumen herab. Der entwickelte Fallschirm und das Herabsinken gab ein prächtiges Schauspiel. Unbeschädigt kam er an, wurde mit Vivat-Rufen empfangen, zur Hofloge und zum ganzen Publikum geführt. Ich ging noch zum Grafen, später ins Kärntnertor-Theater „Elise Valberg“, Stentsch' letzte Gastrolle als Fürst, dann spielte Mad. Demmer die Obersthofmeisterin, beide äußerst mittelmäßig. Ich ging noch auf einen Plausch ins Burgtheater „Deux journées“, nach dem Theater nach Haus. Wir schwätzten noch [von dem] sein sollenden „Milchmädchen“, von der heutigen Luftfahrt, von dem Steigen des kleinen Ballons, , dem Douceur von 100 fl. für jenen, welcher den großen Ballon unbeschädigt bringt, der Angst, dass sich die Schnüre verstricken und der Ärmste herabstürzt etc.
Band 05 (V.), Seite 45r
2645
1804
10
30
Kalt, mitunter Regen. der Vormittag wie sonst. Mittags allein, wir ließen uns einen Teil des Bratens schmecken, welchen uns Mutter Mame (?) von Eisenstadt schickte. Nach Tische kamen zu Therese die Weinmüller mit Mutter und Grünberg. Therese schenkte beiden ihr Bild. Ich arbeitete, dann mit dem Fabriks-Kontrollor Kritzinger (?) in die Niederlage, von da zu Oberst Liederskron, Brandmayer. Abends im Burgtheater „Revers“, Lustspiel in 5 Akten von Jünger. Das Stück machte mir viel Lachen und erinnerte mich sehr an Jüngers unersetzlichen Verlust. Therese unterhielt sich den Abend bei Gulyás.
Band 05 (V.), Seite 45r
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).