Simonsfeier. Ein heiterer Tag. Therese kaufte sich einen weiß atlassenen Hut, nahm ihren Mantel und fuhr in die Probe. Mir wurde das Simandl-Diplom als Hauskomtur geschickt, Therese lachte sehr darüber. Sie speiste allein und ging nach Tisch zur Ascher, welche uns Champagnergläser und –flaschen schickte. Ich früh in No. 810, zu Teki (?), zu Prantner, wo ich der Hausfrau ihr Holz zahlte. Zu Klimbke, dem ich von Brandmayer zu seiner Reise einen Wagen verschaffte, zu Brandl, dann zu Kárner, wo ich bis 1 h blieb. Einen Augenblick nach Hause, nachher mit Stegmayer, Frankstein, Maisano (?) und dem gewesenen Buchhändler Kaiserer (?) zur Schäferin speisen. Nach Tisch ging ich auf die Wieden in Schwarzenbergs Garten zur Laforet, dankte ihr und zahlte den verfertigten Mantel. Von da nach Haus, und von da zur Schaidegger, wo wir uns von ihrer Familie, ihrer Mutter – der sie am Magdalenentage eine artige Illumination machten und so eine rührende Feier ihres Namensfestes hatten – ihrer Schwester Therese, die älter und Braut mit dem Großhändler Schwarz von Pest ist; beide, die Pepi und Tini - Christine Müller - zeigten mir die Porträts ihrer Mutter, Schwester, künftigen Schwagers, dann ihr eigenes, welches ich ganz unähnlich fand. Ich forschte um ihren Plan, der ihr künftiges Tun bestimmen soll, und erhielt zur Antwort, die Pepi habe keinen. Meine Erwartung, meine Teilnahme ist so groß, dass ich nur die Rückkehr zu ihrer Mutter voraussehe. Von ihnen ging ich ins Burgtheater „Tage der Gefahr“, dann nach Haus.
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Nebel, mittags heiter. Therese studierte ihren neuen Part, dann fuhr sie in die Probe. Ich arbeitete, ging in No. 810, zum Wisenfeld, schrieb dem Grafen, dann Mauchter (?) eine Bittschrift an den Fürsten. Mittags allein, nach Tische besuchte und Mayer mit der Pepi, denen ich mein Simandl-Diplom zeigte. Therese hatte abends wieder Probe. Um 4 h fuhr ich mit Kárner in den Prater, dann ins Theater an der Wien. Zum 1. Mal „Tot und lebendig“, Lustspiel in 1 Akt aus dem Französischen übersetzt von Castelli, den ich bei Bittermann im Haustheater spielen sah; nachher „Pächter Robert“, Singspiel in 1 Akt aus dem Französischen von Seyfried, Musik von Lebrun. Um ½ 9 h war das Theater schon geendet. Ich fuhr mit Kárner bis zum Kärntnertor-Theater, sah dort noch den Pas de deux von DeCaro und Gioja. Rauecker (?) führte mich nach Haus. Therese fand ich studieren. Klimbke verschaffte ich durch Brandmayer ein Kalesch, um nach Mähren zu reisen.
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Kalt, aber heiter. Früh arbeitete ich und las bis 11 h, dann in No. 810, Therese hatte um 10 h Probe. Ich besuchte Kárner, ging mit ihm auf die Bastei, wo die ganze beau monde promenierte. Wir speisten beim Mounier (?), tranken beim Taroni Kaffee mit Rack, wo ich den Stallmeister Rosenzweig vom Arnsteiner sprach, der zum Fürsten als Bereiter kommt. Mit Kárner fuhr ich in den Prater, es war sehr kalt. Wir trafen mit dem Marcus Neve (?) Zahnarzt aus Korfu, und der Lisette Zaffer (?), dermal verehelichten Viotti - ihr Mann ist Geiger beim Kurfürsten von Salzburg - zusammen. Angenehm war uns diese Erscheinung nach so vielen Jahren, freudig das Wiedersehen. Kárner fuhr mit ihr, ich mit ihrer Gesellschafterin und Neve ins Kärntnertor-Theater „Räuberhöhle“. Therese spielte mit vieler Laune. Sie hatten Sitze im 3. Stock, ich ging mit Kárner ins Parterre noble, dann ins 2. Parterre, wo ich Czeipp mit Madlen sprach. Zum Ende war ich im 3. Stock und fand von Eisenstadt den jüngeren Gall, Burgerth Ignaz (?), Walch (?) und Dominik Heyssan (?). Neve und ich begleiteten Viotti und Gesellschaft nach Hause, Lange Bastei Nr. 1253, 2. Stock. Es war ein prächtiger Mondabend, Neve begleitete mich. Bei Therese speisten Ascher und Babett, nach Mittag besuchte sie Sturioni und sang ihnen vor. Heute um 10 h fuhr Klimbke nach Mähren ab. Ich unterhielt mich heute sehr gut und hatte einen angenehmen Tag. Therese besuchte heute mit Ascher den Neumann, dann sahen sie ihre neue Wohnung am Tiefen Graben an. Die Benkó Therese war heute sehr schlimm geworden.
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Kalt, aber heiter. Früh arbeitete ich zu Hause, später in No. 810 und ins Tuchdepot des Fürsten, aus welchem ich ein Stück franzblaues Tuch von 27¼ Ellen für 8½ fl. nahm und gleich nach Hause tragen ließ. Kárner besuchte mich, der mir sagte, ich möchte zur Viotti gehen, ihn zu entschuldigen, dass er nicht käme und wir uns abends an der Wien an der A[bend ?] kasse treffen, wozu ich auch Billetts nahm. Ich war bei ihr bis 1 h und ging über die Bastei nach Haus. Therese hatte heute vor Mittag 2 und nach Mittag 1 Probe von „Onkel in der Livrée“. Pepi und Eckhart waren unsere Gäste. Nach Mittag ging ich zu meinen Flüchtlingen, um 5 h zur Viotti und mit ihr ins Theater an der Wien, „Alceste“, in 2 Akten travestiert von Richter. Nie habe ich mich so elend unterhalten; ich konnte mich kaum des Schlafes erwehren. Nach dem Theater gleich nach Haus. Das Stück Tuch von der Neustädter Fabrik machte mir viel Vergnügen. Kárner fühlte abends Schmerzen an seinem Fuß, konnte gar nicht ausgehen und so blieb sein Sitz gesperrt. Heute schrieb ich der Schaidegger (?) einen Zettel ins Kärntnertor-Theater „Essighändler“, Musik von Mayr, und Terzett. Sie war allein mit der Tini in der Loge. Heute nach Mittag um 3 h starb die Therese v. Benkó im 20. Jahre an einer rheumatischen Krankheit. Sie war ein liebes, hübsches Mädchen, deren Tod sehr auf mich wirkte. Die Gesellschaft und ihre Familie verlieren an ihr ein würdiges, angenehmes Mitglied.
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Allerheiligen, rauer Wind. Therese hatte vor Mittag Probe vom „Onkel in der Livrèe“. Früh schrieb ich, dann zu Kárner, der eben die Dekrete für Canto als Stalldirektor und Jos Rosenzweig als Bereiter herstellte. Er gab mir den Auftrag, nach meinem Vorschlag beim Zoller der Beridez ihre Wohnung bis Georgi für Hauter zu mieten, um selben bald aus dem Roten Haus zu expedieren. Ich beurlaubte mich bei Kárner, der heute nach Eisenstadt fuhr, traf Rosenzweig am Hof, besuchte ihn einen Augenblick, ging zu Viotti, auf die Bastei, wo ich Zoller und Woller sprach, zu Brandl, wo ich speiste. Therese speiste bei Hitzinger, besuchte Ascher am Tiefen Graben, die dann zu ihr kam, später auch die Barany. Beide fuhren mit ihr ins Kärntnertor-Theater „Achille“. Ich ging Mittag zur Teki (?), mit ihr zur Laucher, dann zu unseren Flüchtlingen, wo ich den Abend blieb. Die Schaidegger dauert mich sehr, ihre Lage ist höchst unangenehm. Um ihnen die Zeit zu verkürzen, spielte ich Saunikel. Dann ins Burgtheater, anstatt dem „Schreibpult“ wegen Krankheit des Nouseul „Bruderzwist“. Nach dem Theater nach Hause.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).