Schön und warm. Den Vormittag beim Grafen, in No. 810 und beim Brandl. Ich ging ein wenig spazieren, mittags allein. Nach Tische gingen wir zusammen in No. 810, dann wieder zu Haus; ich arbeitete bis es dämmerte. Therese hatte Besuche von der Goldmann, Lavotta und Brandl Reserl; mit letzterer ging sie zu Walnefer, wo sie sich den Abend unterhielt. Sie ist zum Entbinden. Die Lavotta führte ich ins Burgtheater, ich ging ins Kärntnertor-Theater. Seit langer Zeit wieder „Klara von Hoheneichen“; es war voll. Die Roose als Klara, Lang als Adelungen strengten sich an. Im 3. Stock fand ich die Jeanette, mit welcher ich bis zum Wilden Mann, ich aber gleich nach Haus ging.
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Michaelstag. Früh begegnete mir Walnefer und erzählte mir, dass seine Frau in der Nacht von einem Knaben entbunden wurde. Therese fuhr mit Nina, Saal und Mutter um 9 h nach Laxenburg, es wird „Der Vater von ungefähr“ und „Dorfbarbier“ gegeben. Bei dem so schönen Wetter hätte ich selbst Lust, mitzufahren. Ich war dem Vormittag beim Grafen, in No. 810, dann nach Haus, wo ich bis 1 h arbeitete. Ich speiste bei Brandl, trank Kaffee und spielte 2 Partien Billard beim Angerholzer. Nach Tische arbeitete ich zu Haus. Um 4 h holte mich die Reserl zum Walnefer zur Taufe ab. Ich blieb dabei, nach selber aber empfahl ich mich in aller Stille und trollte mich ins Leopoldstädter Theater, Henslers wirklicher Anfang seiner Pachtung und Direktion. „Dankbarer Sohn" von Engel, die Braut des Wässerer (?) Riedmüller (?) trat als Kätchen auf. Nachher ein allegorisches Singspiel in 1 Akt von Meisl, „Das friedliche Dörfchen“, dem Wiener Publikum gewidmet. Eine neue Kurtine von Dolliner, Figuren von Husz, neue Dekorationen von Svitil gefielen. Das Singspiel gefiel mir im Lesen besser als in der Aufführung. Am Schlusse wurde Hensler hevorgerufen. Er dankte in zierlich gesetzter Rede, versprach Fleiß, Ordnung, Neuheit etc., bat um Unterstützung der Gönner und so fiel die neue Kurtine. Ich fand die Holleschek (?), Greger (?), setzte mich in ihre Nachbarschaft, plauderte mit ihnen und begleitete sie bis zum Theater an der Wien. Dann ging ich allein nach Haus und ins Bett. Therese kam von Rösner begleitet um 1 h nachts nach Haus. Sie unterhielt sich besser als am Sonntag, die Gesellschaft wurde auch viel besser bedient. Die Saal machte eine Menge Streiche um Aufsehen zu erregen, gab Übelkeiten vor, ließ den Hofdoktor Hubmann rufen, wollte in Laxenburg bleiben, welches ihr aber nicht gelang. Vor dem Souper fuhr sie, Mutter und Treitschke nach Haus. Baumann ließ Champagner geben, trank die Gesundheit des Kaisers und der Kaiserin, sagte es dem Riedl, welcher es billigte. Abends beim Wegfahren musste er für den Champagner 25 fl. zahlen. Welch einen Lärm hatte Adam ! Er und Rösner fuhren mit Therese und Nina.
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Heiter, aber windig und heftiger Staub. Früh zum Grafen, mit ihm in No. 810, zum Levi, dann nach Haus. Therese schlief bis 10 h, ging in die Kasse um die Gage, um Schmalz zum Eberl, zum Brandl. Ich musste in die Große Schiffgasse zu Therese.(?) Siss (?), dann nach Hause. Früh schrieb mir Kühnel im Namen des Kárner und bat mich um eine Kommission an Giáy. Mittags allein. Ich war nach Mittag zu Haus, später suchte ich Giáy auf, um mit ihm wegen Quartiergeld, halbjährlich 225 fl. des Werschafeld [recte Verschaffelt ?] zu reden, fand ihn aber nicht, sondern hinterließ es ihm schriftlich. Abends war Therese ein paar Akte im Burgtheater „Barbiere di Siviglia“, ich aber im Kärntnertor-Theater „Inkognito“. In beiden Theater sehr leer. Ich plauderte mit Toms (?), schlich nach dem Theater in dem schönen Mondabend ein Stück herum bis zum Eisernen Mann, dann nach Haus.
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Heiter, aber heftiger Wind und Staub. Früh vor 8 h zum Grafen, um 9 h in No. 810. Da holte mich Therese ab, wir fuhren bis zur Hudsthurmer Linie, von da gingen wir zu Fuß über Meidling, Grünen Berg, beim Schönbrunner Garten vorbei nach Hetzendorf No. 44 zum Cölestin Mayer. Wir besuchten die neu verheirateten Leute in ihrem Landgut und fanden alles in großer Unordnung, alles im Werden. Viel Geld und ein ganzes Jahr gehört dazu, etwas zu schaffen. Wir speisten bei ihnen gut. Nach Tisch kam Fritsch, gewesener Kammerdiener beim Grafen Seilern, lud uns in sein Haus ein, welches groß und bequem gebaut ist und einen schönen Garten hat. Wir besuchten ihn, den kaiserlichen und den gräflich Stephan Zichyschen Garten, letzterer ist im englischen Geschmack angelegt Therese blieb indessen bei der Pepi. Um ½ 6 h brachen wir auf. Fritsch war so gefällig und begleitete uns durch den Schönbrunner Garten bis zum eisernen Gitter. Hier akkordierte ich einen Fiaker bis zum Theater an der Wien. Da stiegen wir aus, Therese ging nach Haus, ich ins Theater „Die Schwätzer“, Lustspiel in 5 Akten vom seligen Weidmann. Es war in den unteren Plätzen voll. Beschart von Berlin als St. George gefiel mir sehr. Er spielte den windigen, gewandten, doch mit Noblesse ausgestatteten, sich allein liebenden Franzosen vortrefflich, wurde vorgerufen und sprach: „Ihre Huld und Achtung ist mein schönster Lohn“. Um ½ 9 h war das Stück zu Ende. Ich ging noch ins Burgtheater „Deutsche Kleinstädter“ und sah noch den halben letzten Akt. Beim Herausgehen traf ich Stessel, mit dem ich herumschlenderte und nebst anderem hörte, dass am Montag mein alter Freund Friedrich Rhode bei den Barmherzigen begraben wurde. Er war ein guter Mensch !
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Kalt, trübe, abends Regen. Früh zum Grafen. und um 10 h zum Mayer in die Institutssitzung. Dann suchte ich Stessel, fand ihn aber nicht. Therese besuchte die Hackel, speiste bei der Hitzinger, ich beim Wolf in der Au, wo ich mit Soor zusammentraf. Nach Mittag war ich zu Haus, Therese kam auch bis ½ 6 h. Ich begleitete sie zur Schmirer, wo sie mir ein Uhrband strickte, begab mich ins Burgtheater „Mädchen von Marienburg“ und ins Kärntnertor-Theater „Tage der Gefahr“. In beiden Theater sehr voll. Mit Umlauf ging ich nach Haus und ins Bett. Der starke, anhaltende Regen wird das morgige Haupt-Manöver wohl vereiteln.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).