Ein schöner Tag. Heute wird in Eisenstadt das Marienfest gefeiert. Heute ist Stuwers 3. und letztes Feuerwerk. Früh kam der Vetter Augustin, dem ich einen Ehekontrakt aufsetzte, dann der Uhrmacher. Später schrieb ich an Paur nach Eisenstadt wegen Aufnahme eines Knaben von Klimbkes Bruder in das Neustädter Kadettenstift. Um ½ 12 h machte ich eine Promenade auf dem Graben und Kohlmarkt, eine Stunde. Hernach auf die Bastei, da begegnete mir die Barany und lud mich auf Mittag, welches ich annahm. Therese speiste beim Hitzinger, besuchte nach Mittag den Walnefer, welchem sie die Loge ins Kärntnertor-Theater „Repressalien“ gab und unterhielt sich den Abend zu Hause. Es trübte sich; ich ging um 4 h in den Prater, begegnete Vogovics und Etzelt, mit welchen ich eine Weile ging, sonst trieb ich mich immer allein herum. Das Feuerwerk war wie gewöhnlich, mittelmäßig. Hauptdekoration war der türkische Turm in Eisgrub. Auch die Gesellschaft war nicht sehr schön und zahlreich. Nach dem Feuerwerk ging ich mit dem Maler Stiberger (?) in die Stadt, ins Kärntnertor-Theater „Repressalien“. Ich kam zum letzten Akt, der sehr gut gespielt wurde. Koch leistete alles, was ein vollendeter Meister leisten kann. Von Salieri hörte ich, dass gestern Sonnabend nach Mittag 4 h der Kapellmeister Franz Xaver Süssmayer im 37. Jahr an der Auszehrung starb. In seiner Krankheit schrieb er eine Messe, ein Ballett und 2 Opern. In seinen letzten Tagen fing er noch eine italienische Operette an.
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Regen, sonst trübe. Früh arbeitete ich, später zu Brandl, und in No. 810 wo ich mit den Handwerkern viel Verdruss habe. Die Hollischek (?) war unser Gast, blieb auch den Nachmittag bei Therese und fuhr mit ihr abends ins Kärntnertor-Theater „Räuberhöhle“, führte sie in die Theaterloge; die andere hatte die Großbauer. Ich schrieb nach Mittag dem Grafen, war in No. 810, bei Marsigli. Dann ins Burgtheater, zum 1. Mal „Der Vater von ungefähr“, Lustspiel in 1 Akt, aus dem Französischen übersetzt von Kotzebue, gefiel nicht; zum Schluss die „Spanier“. Nach dem Stück begab ich mich ins Kärntnertor-Theater und kam kurz vor Therese Arie im 2. Akt, die sehr gefiel. Nach dem Theater ins Bett.
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Ein schöner Tag. Früh zu Brandl, in No. 810, zum Epp (?) in den Römischen Kaiser, dann mit ihm wieder in No. 810. Mittags speiste Therese bei der Uhrmacherin, wo sie schon den Vormittag stopfte; ich beim Brandl, wo auch die Lienhart (?) war. Nach Mittag schrieb ich an den Grafen, schickte zum Großbauer die Loge, holte Therese, dann die Brandlin ab. Fuhren zum Steinrucker (?), dann zum Brandmayer und zum Wasser in den Prater. Bei den Kaffeehäusern stiegen wir ab, fanden die Etzelt und Menzel, Therese und die Brandlin setzten sich zu ihnen, sie tranken Kaffee und blieben zusammen. Ich retirierte meine Wenigkeit zum Ochsen, trank Bier und aß Schinken. Ich fuhr zum Kärntnertor-Theater, um ins Theater an der Wien zu gehen. Zum 1. Mal „Die Schwätzer“, Lustspiel in 5 Akten, worin Beschart vom Berliner Hoftheater spielte. Es war so voll, ich ging zurück und mit Baranyay und Teki (?) in die Stadt, ins Burgtheater „Barbiere di Siviglia“, nachher ins Kärntnertor-Theater „Vater von ungefähr“ und „Tänzerin aus Athen“, ziemlich voll. Ich war auf dem Theater und holte von der Marsigli die Probeschrift von Max Rantsch. Dann im 4. Stock, wo ich Pepermann und bei ihm die Charlotte Eberl, Tochter des seligen Landschaftssekretärs und einstige Geliebte des Giáy traf. Zusammen gingen wir nach Haus. Therese holte ich bei Brandl ab.
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Vormittag neblig, nach Mittag heiter. Früh beim Brandl und in No. 810, dann arbeitete ich zu Haus. Mittags allein. Nach Tisch kam der türkische Jude Major, der Theresen ihr großes Umhangtuch mit einem schöneren austauschte. Nach Mittag las ich. Um 4 h zur Laucher, welcher ich die Loge gab, dann zu Brandl und in No. 810. Abends ins Burgtheater „Ersatz“, dann ins Kärntnertor-Theater Helene, wo ich blieb. Ich war auf dem Theater, den Plätzen und in der Loge. Nach dem Theater ins Bett. Therese unterhielt sich den Abend bei der Schmirer, wo sie mit Korntheuer zusammenkam.
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Früh Regen, neblig später. Therese und ich fuhren zum Hafner, dann in den Augarten. Letztes Augarten-Konzert. Die Milder sang eine Arie von Haydn, die Stummer spielte ein Pianoforte-Konzert von Mozart. Therese fuhr nach Haus, ich blieb in der Musik, plauderte mit Strack, dem alten Andreas Eberl, ging nach der Musik in der Allee auf und ab und mit dem Flötisten Mayer (?) in die Stadt, in No. 810, wo ich bis 12 h blieb. Nachher schrieb ich zu Haus, mittags war Moreau unser Gast. Nach Tisch arbeitete ich zu Haus, ging zu Klimbke wegen dem Rantsch und bestimmte, abends ins Kärntnertor-Theater zu gehen. Zum 1. Mal „Der portugiesische Gasthof“, Oper in 1 Akt von Cherubini; in der Musik soll viel Schönes sein. Zum Schluss Vogel-Pas de deux von Angiolini und Gioja. Nach Mittag war die Schmirer bei Therese und lud sie abends zu sich. Das Kärntnertor-Theater war voll. Es begann die Symphonie, die wenig gefiel und so gefiel das Ganze immer weniger, bis die Oper ganz ausgezischt wurde. Saal und Tochter sangen als Vormund und Mädel, Hunnius als Wirt, und trotzdem fiel die Oper ganz durch. Ich weiß mir kein Beispiel, dass eine neue deutsche Oper so a terra ging. Die Saal hätte eine ganz hübsche Arie – die zweite – zu singen, wozu sie aber viel zu schwach ist. Nach der Oper auf’s Theater. Treitschke, Thaddä und Joseph Weigl suchten das Missfallen ganz einer Wiener Partei zuzuschieben; der vernünftige Teil schrieb es aber dem schlechten Buche, ohne aller Neuheit und Interesse, und der äußerst mittelmäßigen Musik zu. Katter sagte ihnen derb die Wahrheit und sprach mir aus dem Herzen. Nach dem Pas de deux ins Bett.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).