Kalt. Früh schrieb ich an Kárner, dass die Hofschauspieler, Sänger und Tänzer drei Vorstellungen bei Gelegenheit des Lustlagers in Laxenburg geben, dass die Schwarzleithner (?), des Lichnowsky Geliebte, gestorben sei, dass sich Mittwoch in der Landstraße im Engel nach Mittag der Dragoner-Leutnant Mayer, Sohn des ehemaligen Kaffeesieders Mayer, wegen Abgang von Montierungsgeldern erschossen habe, dass am Montag beim ersten Kavallerie-Manöver von 3 Regimentern 10 Kürassiers stürzten und 2 Reitknechte überritten wurden und tot blieben. Dann begab ich mich wegen Ransch zu Klimbke, von da begleitete mich Hennings (?) nach No. 810 und zum Brandl. War zu Haus, mittags allein. Wir schwätzten von der Kanalfahrt nach Laxenburg und zurück für 36 x, wo man hier um 6 h einsitzt und in Laxenburg abends wieder um 6 h zurückkehrt und bestimmten, mit einer Gesellschaft den Jux mitzumachen. Nach Tische schrieb ich, ging zum Friess, Pletterl und in No. 810, dann ins Kärntnertor-Theater, zum 2. Male „Portugiesischer Gasthof“ und „Tanzschule“. Gefiel auch heute nicht. Therese war in der Theaterloge, ich holte sie ab und ging mit ihr nach Hause.
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Kalt, aber heiter. Früh arbeitete ich, dann ging’s zu Friess, Brandl, Klimbke und in No. 810. Ich erzählte Therese, dass ich gestern im Theater Zoller und Woller traf. Sie erwartete ihre Schwester, um mit ihr wegen der morgigen Laxenburger Fahrt zu reden. Nina kam und es wurde bestimmt, dass Therese mit Nina nach Laxenburg fahre. Therese speiste bei der Brandl, ich mit dem Major Posch beim Traiteur Beaucousin, so-so. Nach Mittag suchte ich den Poltoni auf, um mich mit ihm wegen der Kanalfahrt nach Laxenburg abzumachen. Ich fand ihn in seinem Bureau beim Hirsch, Korntheuer und Kölbinger bei ihm. Franz Brandl begleitete mich zum Spediteur von der Kanal-Schiffahrt Soukup, wo kein Billet mehr zu haben und wirklich schon 4 Schiffe voll sind. Später suchte ich den Grafen auf, begab mich zur Marsigli und in No. 810, dann nach Haus. Therese war den Abend allein. Ich sah ins Burgtheater „Verbrechen aus Ehrsucht“, dann ins Kärntnertor-Theater „Barbiere di Siviglia“, in beiden Therese leer. Ich war müde, trollte mich bald nach Haus und lag um 9 h schon.
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Kalt, trübe, auch etwas Regen und heftiger Wind. Fahrt nach Laxenburg; Karussell von 32 Oberoffizieren des Albertischen Kürassierregiments auf dem Turnierplatz, nach Mittag 4 h. Abends italienische Oper „Musicomania“, dann Terzett von Gioja und Pas de deux von DeCaro und Salvatore Viganò zusammengeschmolzen. Die 2 Brandl und ich stiegen bei den Paulanern auf einen sogenannten Zeiselwagen, die Person zu 40 x, und fuhren in Gesellschaft von jungen Leuten aus Comptoirs nach Laxenburg; unser waren 16. Ich bestellte mir gleich beim Traiteur ein Essen für 2 fl. mit der Theatercompagnie. Nachher fuhren wir mit einem Vetter von Brandl, dem Schlosser Clement (?), ins Lager bei Münchendorf. Hier stiegen wir aus und passierten die 3 Kürassierregimenter Nassau, Albert und Mack; bei dessen Traiteur frühstückten wir vortrefflich in der Hütte Lungenbratl. Hier stiegen wir wieder ein und fuhren zur Infanterie, welche eine starke Viertelstunde entfernt liegt. Das ganze 1.Treffen durchgingen wir, welches sich bis an Trumau erstreckt, wo der Stab und Kommandant Herzog von Württemberg einlogiert sind. Das Lustlager soll 34.000 Mann stark sein. Beim 2. Treffen siegen wir wieder ein und fuhren nach Laxenburg bis zum Parapluie. Hier ging’s zu Fuß zum Karussell-Platz, der – nach meiner Meinung sehr unglücklich – zu dieser militärischen Übung mit Blumen verziert ist. Es sind Gerüste für 7, auch 8000 Zuseher erbaut. Den Aigner (?) suchte ich auf um zu erfahren, wo ich Therese finde. Sie war mit der Gesellschaft beim Traiteur, wir trafen uns. Da ich sah, dass sie wegen Speisen schlechte Aussichten haben, suchte ich andere Wege, kam mit Roose, Frau und mit ein paar jungen Männern zusammen, mit welchen ich für 2 fl. Sehr mittelmäßig aß. Nach Tisch gleich zum Karussell. Riedl war so höflich, uns auf die bessere Galerie am Turnierplatz zu lassen, wo wir alles bequem sahen. Gleich beim 1. Contra stürzte ein Offizier. Anfangs ritten 2, dann 4, 6 und am Schlusse 8 Stabsoffiziere. Sie machten so lange Touren, dass es schon dämmerte, als der letzte Contra begann. Mir gefiel das Ringstechen, Springen und zugleich Köpfe abschlagen. Als ich zurückkam, fand ich Therese an der Tür des Theaters. Sie klagte mir, dass sie nicht wohl sei. Ich blieb den Abend auf dem Theater und unterhielt mich gut. Therese blieb ruhig im Garderobezimmer, es wurde ihr leichter. Nach dem Theater wurden beim Traiteur 3 Tafeln, für die Sänger und Tänzer, Ballettcorps und das Orchester gedeckt. Sie bekamen aber nichts zu essen, als ungeniessbare Überbleibsel, und nicht einen Bissen Brot, denn in ganz Laxenburg war nichts für einen Kreuzer zu haben. Elendere Anstalten lassen sich nicht denken; schon zu Mittag wurden sie schlecht bedient. Abends erhielten sie gar nichts, also mussten die Armen abgemattet und hungrig um 12 h nach Haus fahren. Ich fuhr mit dem Harfner Müller, Hackel und Therese. Um ½ 2 h kamen wir an.
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Kalt. Früh ging ich zum Grafen, Therese schlief noch. Zum Fischer an die Wien wegen Bezahlung der Londoner Schneiderausgaben, in No. 810, dann nach Haus. Ich fand die 2 jungen Köstler von Eisenstadt, lud sie zum Speisen, auch Eckhart. Nach Mittag arbeitete ich zu Haus, ging zum Brandl und nach No. 810. Abends ins Kärntnertor-Theater „Maria von Montalban“; die Schmirer Jeanette, die beiden Köstler, Jean, Joseph Hitzinger, ihre Reserl und Hoffmann führte ich in die Loge. Therese sang meisterhaft und übertraf sich selbst. Nach dem Theater nach Haus. Die Jeanette begleitete ich und soupierte bei ihr etwas.
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Ein schöner, heiterer Herbsttag. Den Vormittag beim Grafen und in No. 810. Früh 8 h führte ich auf Empfehlung der Marsigli den jungen Ransch zu Klimbke, dieser ihn zum Advokaten Kliemstein (?). Mittags allein. Nach Tische gingen Therese und ich allein in No. 810, von da zum neuen Weissgärber Brückenbau und in den Prater. Wir blieben beim 1. Kaffeehaus bis um 6 h sitzen. Schuster, die Baumann und Mery (?) vom Leopoldstädter Theater kamen zu uns. Wir plauderten mit ihnen von ihrem Theater, gingen mit ihnen bis dorthin, dann nach Haus. Therese blieb, ich machte mich ins Burgtheater „Bürgerglück“, ging zur Hälfte des 2. Akts ins Kärntnertor-Theater. Dort begann eben die „Tanzschule“; vorher war der „Portugiesische Gasthof“. In beiden Theatern, leer. Mit dem Harfner Müller und Pasquale Angiolini begab ich mich nach Hause. Es war ein schöner Mondabend.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).