Ein schöner heiterer Tag; meiner guten Mutter Namensfest, Therese schrieb ihr zum Namensfest und auch den schrecklichen Tod der Ascher. Therese erhielt früh Besuche, dann ging sie zum Brandl, wo sie speiste. Ich war den Vormittag beim Grafen, zu Haus und von 12 bis 1 h auf der Bastei. Es war so warm, so angenehm und so schöne Gesellschaft wie in der Redoute. Ich plauderte und ging mit Pekarek, Kridl (?) und Moreau. Mittags bei Brandl, nach Tische zu Haus und abends im Theater an der Wien. Zum 1. Male „Cyrus“, große Oper in 2 Aufzügen, Musik und Poesie von den 2 Brüdern Seyfried. Cyrus Simoni, Mandane (?) Campi gefielen, die Dekorationen sind schön, die Kleidung teils griechisch, römisch, teils persisch, viel aber bloß Phantasie. Beim Siegesmarsch sind 13 Personen zu Pferd, 3 Pferde in Cyrus' Triumphwagen eingespannt. Viele Dekorationen ist der Oper einziger Wert; sie wird kein Glück machen. Beim Herausgehen begegneten mir Woller und Frau, die mir erzählten, dass Zoller heute abgereist sei. Therese sang heute im Burgtheater „Achille“ und lag in heftigem Kopfschmerz. Die Ärmste macht mir recht bange.
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Neblig. Vormittag beim Grafen und Woller. Kárner, welcher gestern von Eisenstadt kam, besuchte mich mit Kühnel. Sie erzählten mir, dass alle Hofstaatsrechnungen wieder zur Buchhaltung kommen, dass Kühnel aufhört, Hofstaatsbuchhalter zu sein, dass Croll dies ausgesponnen habe, dass Joël und Grassalkovich Triebfedern seien; dass der Fürst dem Kárner das versprochene und verschriebene Haus der Sanger (?) weggenommen und ihm dafür jenes des Fleischhauers Arnold (?) gab, welches er für 15.000 fl. kaufte; dass alle diese Expeditionen, wovon Kárner nichts wusste, aus Joëls Feder flossen, und ihm ganz unvermutet und zugleich der W[irtschafts ?]direktion und Buchhaltung zugestellt wurden. Wie niederträchtig ! Eckhart war unser Gast. Nach Tische ging ich zu Kühnel, plauderte mit ihr, gab ihnen die Loge ins Kärntnertor-Theater „Hippolyt und Roswida“. Später kam Kárner und Kühnel, mit diesen ging ich in der Stadt herum. Wir plauderten, dann zu Lis[ette] Rummer (?), und um 8 h ins Kärntnertor-Theater in die Loge. Im Parterre plauderte ich mit Nigst, dann nach Haus. Bei Therese war die Woller, welche sie ins Burgtheater führte, „Musicomania“ und Terzett mit Giulio Viganò und Capelletti. Sie waren meistens auf dem Theater und in der Loge. Die Sepherl schickte ich zur Babett; sie befindet sich besser und die anderen ruhiger.
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Etwas trübe. Früh zum Grafen, nach Haus. Um 12 h zum Kárner, wo ich mit Baron Fellner zusammentraf, dann zu Kühnel. Patsch und Rosalie waren unsere Gäste, unterm Essen kam auch mein Bruder. Nach Tische spedierte ich Therese zur Woller, mit dem Zins an Zoller für Hauters Wohnung. Ich schrieb, ging zu Schaidegger, wo alles in Verwirrung über des Prince Ausbleiben war, zu Nigst und dann ins Kärntnertor-Theater „Räuberhöhle“. Die Oper ging nicht gut zusammen. Nach dem Theater ging ich mit Nigst in den Dempfinger Hof soupieren und blieb bis nach 10 h.
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Katharinenfeier. Früh ging ich zur Woller gratulieren. Man empfing einen Herbstblumenstrauß mit einem Gedicht, Theateralmanach, Brieftasche und Fächer; alles machte ihr viel Freude. Dann zum Grafen, mit ihm zum Tischler Reimann, wo wir einen sehr schönen Tisch fanden, dann nach Hause, wo ich schrieb. Therese schickte ich zu Kupka, um Bancozettel wechseln zu lassen. Mittags speiste Therese bei der Gulyás, wo man ihr Namensfest feierte. Ich ging zu Kárner; vorher besuchte uns Neumann, wo viel von der unglücklichen Ascher gesprochen wurde. Gewey, Stegmayer, Frankstein, mit ihm der Schauspieler Koller (?), Maisano, Verebely (?), Beethoven und ich gingen zur Schwann speisen. Gewey sagte folgenden Gedanken auf Aschers Grab: „Hier liegt sie, wie sie oft sich legte; nur dass sie sonst den Arsch dabei bewegte“. Nach Tische ging ich zur Woller. Wir tranken Kaffee, dann hob man sich ins Kärntnertor-Theater „Findelkind“ und „Tanzschule“. Weidmann als Affenpreis, die Stephanie als Findelkind würzten das Stück. Die Woller, Therese und Lisette waren im 4. Stock. Ich besuchte den 3. Stock, plauderte mit der Ziegler, das Parterre, traf Nigst und Mutter. Weidmann annoncierte für den nächsten Tag und sagte: „Im Burgtheater habemus crastine die honorem aufzuführen, producere Die Epigonen, im Kärntnertor-Theater Mariandl von Mandelbaum, a non, Maria von Montalban“. Der Gedanke wurde mit vielem Lachen und Klatschen aufgenommen. Nach dem Theater soupierten wir mit Moreau bei Woller, dann wurde gepunscht. Wir unterhielten uns bis ½ 12 h und fanden alles vortrefflich. Besonders exzellierte der Punsch. Moreau begleitete uns.
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Ein rauer, windiger Wintertag. Früh zum Grafen, zum Hofagenten Kunze (?) wegen 2 Eimer Székelyhider Wein. Zu Woller, nach Haus, da fand ich Moreau, Rottruff und Schwester. Um 12 h besuchte ich Kárner, Therese und ich speisten allein. Nach Tische arbeitete [ich ?]. Viermal kam Woller gelaufen, um 12 fl. von mir zu haben. Therese sang mit Salieri den Castor aus des Abbé Vogler „Castor und Pollux“, welchen, und den Part der Phöbe ihr Schindlöcker mit der Bitte brachte, dass sich Therese einen wählen und den Gewählten in der Sozietäts-Akademie zu Weihnachten singen möchte, in welcher diese Oper aufgeführt wird. Er setzte noch hinzu, es geschähe auf Verlangen der Kaiserin, welche anstatt der Schulz – die diesen Part beim Fürsten Lobkowitz sang – Theresen ausdrücklich verlangte. Der junge Fantz (?) brachte mir ein neues Besteck, weil das meine schon eingestossen und beschädigt war. Ich brachte den Kohl'schen die Loge im Kärntnertor-Theater, welche vor Freude sehr überrascht waren. Mit Therese fuhr die Woller Lisett und Carl ins Kärntnertor-Theater „Maria von Montalban“. Ich war im Parterre und auf dem Theater. Therese sang sehr brav. Nigst war im Parterre, mit dieser und dem alten Seyfried plauderte ich. Nach dem Theater nach Haus.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).