Ein schöner Tag. Vormittags zum Grafen, dann arbeitete ich bis 11 h zu Haus. Therese besuchte ihre Mutter, hernach gingen wir zusammen zur Ascher. Beim Schanzel sahen wir die Donau an, welche noch immer wächst. Wir schlichen zum Brückenbau, setzen uns in eine Hütte, da entdeckte mir Therese, dass sie und Korntheuer zu meinem Geburtstag einen Spaß machen wollten, mir ein Quodlibet aufzuführen, welches ich Therese aus verschiedenen Gründen widerriet, hauptsächlich, weil sie einen neuen Part zu studieren hat. Als wir zum Prater kamen, fanden wir die ganze Allee überschwemmt. Nun waren wir in Verlegenheit. Da fuhr der Flötist Mayer mit einem jungen Mann vom Prater herauf. Diese sprachen wir an, sie führten uns durch die Jägerzeil bis zum Theresientor. Wir marschierten durch die Weissgärber. Beim Brückenbau konnten wir wegen Wasser auch nicht weiter, und mussten durch die mächtig lange Gartnergasse wallen. Die Hitze war drückend, Therese wurde ganz schachmatt. Therese ging allein zur Ascher, ich sah noch erst die Verwüstung an, welche die Donau im Prater macht. Bis zur Brücke, welche auch geschlossen ist, reicht das Wasser. Nach Tisch und bis ½ 9 h saßen wir im Garten, die Schwägerin der Ascher und die bejahrte Mamsell Regerl waren da. Ich fing an, Zoten zu sagen, weil mit der Bestie nichts anderes zu reden ist. Langsam schlichen wir in die Stadt und begaben uns gleich zur Ruhe. Heute schlossen die Schauspieler mit „General Schlenzheim“.
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Von heute an kostet das Pfund Rindfleisch 9 x, Kerzen 20 x, Seife 19 x. Noch fühlen wir des Friedens gesegnete Früchte nicht. Ein heiterer, warmer Tag, den Vormittag beim Grafen und Kárner. Therese hatte die 1. Probe von „Marie de Montalban“, Oper in 4 Akten von Winter. Mittags allein. Therese studierte, dann kam Salieri und abends ging sie zu Brandl. Ich arbeitete nach Mittag, richtete die 400 fl. zum Anlegen zusammen und begab mich abends über die Bastei ins Kärntnertor-Theater, Anfang der Ferien der deutschen Schauspieler. Man gab „Fassbinder“ und Terzett von Gioja, worin statt der Casentini die Angrisani tanzte. Es war sehr leer. Ich stand erst um ¾ auf 8 h vom Schreiben auf und blieb nur bis nach dem Terzett, die Soli wartete ich gar nicht ab. Vadász begleitete mich zum Brandl. Wir blieben bis ½ 10 h, außer mir, Therese, Brandl, Frau und Martini war niemand. Brandl ging mit mir uns, quälte so lang, bis wir nachgaben und in den Seitzer Keller stiegen. Er bewirtete uns mit Ofner und Hausen. Um ½ 11 h ins Bett.
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Ich war den Vormittag beim Grafen, Therese hatte Probe von „Maria von Montalban“. Wie gestern ein warmer heiterer Tag. Ganz früh war ich bei Stessel und erlegte ihm gegen Kassaquittung 400 fl., unser erstes Erspartes seit jenem langjährigen Schlag. Kárner besuchte ich. Mittags war Cziskowsky unser Gast. Für Stessel, welcher mir erzählte, dass am letzten Donnerstag meine Kantate, welche ich am 22. März schrieb, und wozu Fuchs die Musik komponierte, mit dem ganzen Orchester probiert wurde, und sehr gefiel, schrieb ich die Kantate ab. Statt Therese sang indessen die Rumfeld. Ich schrieb nach Tisch an Fuchs, dann auch meiner kränklichen Mutter und versicherte sie, dass ich ihr 3 Bouteillen Malaga schicken werde. Dann konzipierte ich einen Aufsatz gegen die Bestie, die verwitwete Sekretärin Anna Kaufmann auf Freund Karners Ersuchen, welchen und die Woller ich nach Mittag besuchte. Therese und ich arbeiteten den ganzen Nachmittag und Abend, waren allein zu Haus und legten uns um 10 h schlafen. Mir war nicht ganz wohl; ich hatte so viele aufsteigende Hitzen und fürchtete Folgen.
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Bis 10 h beim Grafen, dann hatten wir bei Mayer Ausschuss-Sitzung bis 12 h, welche ganz ruhig auseinander ging. Therese holte ich in der Kirche ab, wir gingen eine Weile auf dem Graben und Kohlmarkt spazieren. Mittags allein. Gestern hatte beim Braun der Ausschuss-Sitzung, in welcher bestimmt wurde, dass die hier bleibenden Schauspieler diesen Monat spielen und dafür die doppelte Gage erhalten werden. Nach Mittag kam Salieri, Therese studierte, ich arbeitete. Später kamen Korntheuer und Holzinger. Ersterer fuhr nur mit Therese herum spazieren, Goldmann muss heute ins Kärntnertor-Theater in „Puls“. Wir warteten bis ½ 8 h, dann gingen Therese, Korntheuer, Holzinger, Frau, Goldmann und ich in die Roßau zur Schwann in den Garten soupieren. Holzinger klagte mir sehr gegründet über das unfreundliche Betragen seiner Frau und ihre ganz vernachlässigte Erziehung. Wir waren draußen munter und froher Dinge, saßen bis gegen 11 h in dem vollen, ganz illuminierten Garten, sahen dann im Tanzsaal dem Tanzen zu. Es war leer. Eine schöne Mondnacht machte uns das Nachhause gehen sehr angenehm. Um 12 h legten wir uns. Baumann gab mir von Perinet diese Kleinigkeit auf die 8 Inspizienten des Hoftheaters, Lang, Brockmann, Weidmann, Klingmann, Ziegler, Roose, Koch und Koberwein „Der geschäftige Inspizient“: „Sieben Uhr ist’s ! Jakob, lass anfangen ! Dafür hab ich 200 Gulden. Dann setz ich mich auf’s Bankerl und denk an meine Schulden“.
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Heiter und sehr warm. Therese hatte früh Probe von der „Maria von Montalban“, ich war beim Grafen. Müller schickte das von ihm erfundene Piadamor, und nahm dafür das aufrechte Pianoforte, welches ich von der Gulyás am 11. Hornung 1802 kaufte, zurück. Ich bin nun in der Erwartung, was ich aufzahlen muss. Es machte ein kleines Derangement, weil das Piadamor dreieckig ist; so kam es an den Pfeilern am Platz des Sekretärs zu stehen. Kárner besuchte ich. Mittags allein. Nach Tisch sang Therese beim Salieri, welcher das Instrument besonders lobte. Ich arbeitete bis 5 h, dann fuhren Therese, Korntheuer und ich im Pirutsch in die Leopoldstadt, dann an der Donau zur neuen Brücke und in die Ingenieur-Akademie. Um 6 h waren wir zurück. Ich schrieb noch etwas, begab mich dann ins Burgtheater „Räuberhöhle“, heute zum 1. Mal im Burgtheater. Im Parterre noble fand ich Kárner mit Stollhofer (?), welcher ich Gesellschaft leistete. Die Martini fuhr mit Therese ins Theater. Es war nicht sehr voll und gab ein schönes Theater. Im Nachhause gehen ging der Sänger Brizzi mit seiner Frau; beim Mandoletti-Krämer bekam sie eine Ohrfeige von einem etwas kleinlichen Menschen. Warum, weswegen weiß ich nicht. Der ganze Kohlmarkt war gleich voll Menschen. Ein dicker Italiener, der auch Deutsch sprach, nahm sich der Brizzi an, ließ ihn arretieren und ging als Zeuge mit. Ich retirierte mich nach Haus. Therese war schon zu Hause. Sie gab mir ein von ihr selbst gesticktes, batistenes Chemisett und überraschte mich dadurch auf die angenehmste Art. Ich bin mit Therese, dem guten, edlen Geschöpf unaussprechlich glücklich. Abends regnete es etwas.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).