Früh zu Kárner; wir sprachen über verschiedene Gegenstände seines Geschäftes. Er übergab mir Rechnungen zur Beurteilung, mit welchen ich mich den ganzen Tag beschäftigte. Mittag besuchte mich Kárner, abends wieder, da gingen wir zusammen ins Burgtheater „Toller Tag“. Therese war bei Klimbke wegen unserer Landpartie. Er sagte ab, er, der uns selbst aufforderte ! Dies verdross mich nicht wenig; ich beschloss, einmal zu fahren und führte es auch aus. Kiepach, Schmid und Brandl engagierten sich mit uns. Kárner und ich soupierten im Lothringer. Um 11 h nach Hause.
Band 04 (IV.), Seite 72v
1872
1802
9
19
Ein angenehmer Herbsttag. Früh zu Kárner; sprach mit ihm von Geschäften. Um 11 h mit Therese, Kiepach und Zrust in die Peterskirche. Therese sang mit Maurer ein Duett von Danzig, welches er selbst dirigierte, und von vortrefflicher Wirkung war. Brandl und seine Frau holte ich zum Speisen ab; sie, Kárner und die Goldmann waren unsere Gäste. Wir waren munter und hatten manchen Spaß. Bei Tisch erhielt ich einen Brief von Krieghammer, mit Einschluss an Hofrat Sonnenfels, welchen ich nach Tische übergab. Kárner fuhr mit dem Dummrian Kerner nach Baden in die letzte Redoute. Therese und ich gingen ins Kärntnertor-Theater „Die Unglücklichen“, Bernardi blies auf der Flöte vortrefflich; „Tänzerin aus Athen“ zum 3. Mal. Nach dem Theater ins Bett. Schmid schlief bei uns. Um 6 h starb heute die Großherzogin Marie Luise, 29 Jahre alt, an einer unglücklichen Geburt, samt dem neugeborenen Kind.
Band 04 (IV.), Seite 72v
1873
1802
9
20
Fahrt nach Laxenburg und Schönau. Vor Mittag trüb, nach Tische heiter. Kiepach, Moreau, Schmid, Therese und ich fuhren um 6 h weg. In der Apotheke stiegen wir ab, wo uns der Junge mit Kaffee, Bäckerei und Obst bediente. Er gab uns einen Führer, der uns erstens in die Ritterburg, Knappenherberge, Haus der Laune, Fischerdörfel, Einsiedelei, zum Ringelspiel, zur neuen Grotte und zum Prater führte. Am meisten überraschte uns die Burg, die von Beschreibung zu weitläufig und vergebens wäre, da man sie sehr artig in den „Spazierfahrten um Wien" findet. Im Prater ließen wir uns wiegen, Therese wiegt 65 (?), ich 130 Pfund. Beim Traiteur speisten wir gut. Vor 2 h fuhren wir nach Schönau. Auf dem Weg unterhielten wir uns mit Scharaden, lachten viel, besonders über Schmid. Um ½ 4 h trafen wir in Schönau ein. Braun hatte eben Jagd und saß mit 28 Personen an der Tafel. Ganz fremd, wussten wir keinen Bescheid. Zuerst sahen wir die Kühe, welche im Freien standen, schönes Vieh und artig rangiert. Neben des Maiers Haus ist sehr elegant und wird jetzt gemalt. Dann die Biber. Als wir zum Schlosse zurückkehrten, trafen wir mit Feiglfeld zusammen, welcher so gefällig war, uns im Garten herumzuführen. Zuerst kamen wir an das Fass des Diogenes; die Statue ist täuschend aus Wachs gemacht. Von da zum Monument Alxingers, dann zu einem hohlen Baum, der sich öffnet und einen Durchgang gewährt. Gleich kommt man zu einem Baum, der mit seinen dürren Ästen quer über dem Kanal liegt und den Übergang vermarchet (?). Ein Druck, der Baum teilt sich, macht eine bequeme Brücke, über welche man zum Berg der Liebe kommt. Der Berg ist mit Rosen und anderen Blumen bepflanzt, davor ist eine schöne Kaskade, die über das Wort „Geniesse !" fällt. Eine entferntere Brücke macht ein Schiff, auf welchem man sich selbst von einem Ufer zum anderen mittels eines an einem Rad befestigten Stricke ziehen kann. Zuletzt kamen wir zur Schaukelbrücke, welche an Stricken hängt, dann durch Felsengänge zum Tempel der Nacht. Man begann ihn zu erleuchten; in der Hoffnung, ihn bald wieder zu sehen, verließen wir ihn, bewunderten den Wasserfall, durch welchen Licht in die große Grotte fällt. Wir durchstrichen einige Partien des Gartens, sahen das nicht ganz vollendete Binderhaus, welches von außen mit allen erforderlichen Holzgattungen, von innen mit allen Binderwerkzeugen versehen; das Fischerhaus, vor welchem auf 4 hohen Stangen Flaggen aufgesteckt sind. Die Partie ist sehr schön. Vor uns ein großer Teich, welcher bis zum Tempel reicht, dann 12 bunte Schiffe, einige mit Flaggen, machten sich recht gut. Braun führte eben selbst die Gesellschaft herum. Beim Fischerhaus stieg alles in die Schiffe ein und fuhr unter Begleitung einer türkischen Musik zum Tempel. Fackeln begleiteten uns durch die labyrinthischen Felsengänge, welche sich bald auf-, bald abwärts schlängeln, zum Bad. Ein artiges Zimmer, mit einem Ruhebett, Toilette. An der Wand springen 2 Fenster auf, durch welche man in eine von hangenden, alabasternen Lampen beleuchtete Felsenhöhle sieht, in deren Grund Wasser fließt. Das ist ein zauberischer Anblick, man dünkt sich in einer Feenwelt zu sein. Von da in den Tempel. Das Rollen des Donners und das Rasseln der eisernen Pforten machen einen düsteren Eindruck. Den Tempel besser zu schildern als in den „Spaziergängen um Wien“ vermag ich nicht und so genügt mir diese Schilderung ganz. Dem Wunsche Brauns folgend zeichnete ich mich mit der übrigen Gesellschaft in das Gedenkbuch ein, das Nämliche taten wir auch in Laxenburg. Wie die Gesellschaft im Tempel war, begann eine sehr feierliche Stille und das Flötenspielwerk mit dem Quartett aus „Palmira“, Silenzio etc., dann noch ein Stück von Salieri, auf welches der sehr artige Braun Therese aufmerksam machte. Auf einmal wurden die alabasternen Lampen ausgeloschen und der Tempel ward vom Mond erleuchtet. Die Beleuchtung war bei der Stille sehr melancholisch. Majestätisch nahm sich der nächtliche Horizont mit den vielen Sternen aus. Als wir aus dem Tempel kamen, war es schon finster, mühsam fanden wir zum Schloss und unseren Wagen. Um ½ 8 h fuhren wir weg, in Traiskirchen soupierten wir, welches uns teuer zu stehen kam. Um ½ 1 h kamen wir nach Hause. Es war eine schöne Mondnacht.
Band 04 (IV.), Seite 72v ff.
1874
1802
9
21
Wegen Tod der Großherzogin 2 Tage kein Theater. Früh ging ich mit Waldon die Leiche auf dem Paradebett zu sehen, dann auf die Maut und Tabak-Appalto. Mittags speisten Agnes und Goldmann bei uns. Nach Mittag arbeitete ich. Abends 5 h sahen wir den Leichenzug an. Später begleiteten Kiepach, Moreau und ich die Goldmann nach Hause, gingen in der Stadt herum und in das Bierhaus nebenan soupieren. Therese war mit der Agnes bei Siccard.
Band 04 (IV.), Seite 73r
1875
1802
9
22
Ein schöner Herbsttag. Heute schrieb ich Krieghammer. Vor Mittag im Bureau, mittags allein. Nach Mittag ging Therese zu Kleiner, ich mit Porz (?) und Pletterl auf die Wieden, im Gusshaus, um die Statue Josephs zu sehen. Wir bewunderten Zauners Kunst. Im Januar soll das Pferd gegossen werden. Der Staub ist heute unerträglich; wir gingen eine Zeitlang auf der Bastei, auch da staubte es. Den Abend brachte ich bei Brandl zu, soupierte da, ging um 9 h weg und fand Therese schon zu Hause.
Band 04 (IV.), Seite 73r
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).