Als ich erwachte, fand ich auf dem Nachtkastel ein Billett von meinem lieben guten Weibe und einige Knittelverse von Nina, nebst weisseidenen gestreiften Strümpfen. Nebst der schönen gestrickten Weste überraschte mich Therese mit einem braunseidenen Beinkleide, schön gemacht, und von Kirstein einen grauseidenen Sack, freute mich ebenfalls. Ich ging zum Grafen, Therese zur Ascher, ich zu Brandl. In der Theaterkanzlei trafen wir uns und gingen zum Tischler, zur Pepi, dann nach Hause, wo Vinzenz Brandl und Mayer unserer warteten. Meine Mutter und Schwester schrieben mir und schickten einen Kalbsschlögel und Schinken. Abends sang Therese im Burgtheater in „Ciabattino“. Ich ging ins Kärntnertor-Theater „Unglückliche“, „Alceste“, dann ins Burgtheater zu Therese, wohin mich Wokurka begleitete. Da blieb ich bis zum Ende. Die Sepherl war in „Alceste“; ich schlief schon, als sie kam.
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„Zauberflöte" zum 10. Mal, 557 fl. Früh schrieb ich der Chatrin wegen Musselin zu Nachtleiberln garnieren. Nach 8 h ging ich zum Grafen, dann zum Kampf, welcher mich für meine Arbeiten schlecht bezahlte. Im Bureau war ich auch; um 12 h in die Theaterkanzlei, wo bestimmt wurde, dass zu der Fress-Kantate weder Pfersmann, noch Mayer, noch Therese erscheinen. Auf dem Graben bat ich den Lichtenstein, der Assen [sic, recte wohl Ascher] die Rolle vom „Opferfest“ und „Soliman“ nicht mehr zu geben. Er sagte mirs zu und ich ging gleich zur Assen (?) um ihrs zu sagen; fand Therese, welche da speiste. Mit mir speiste Eckhart. Nach Mittag brachte Chatrin der Therese einen niedlichen Kopfputz. Nachher schrieb ich meiner Mutter und der Csekonics. Mit Lichtenstein, welcher mir sagte, dass sich die alte Saal wegen Anwesenheit des Kirstein im Garderobezimmer beklagte, plauderte ich und schilderte ihm alle diese bösen Streiche, welche das ungezogene Mädchen täglich begeht. In der Singerstraße begegnete ich der Rösler, welche mich versicherte, dass sie ebenfalls von der wohlgeordneten Mahlzeit wegbleibt. Therese sang sehr schön; wegen Wegfahren wagte die Saal nichts zu sagen und so fuhren sie in 5 zusammen.
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Früh ging ich ins Bureau, zum Grafen, in die Theaterkanzlei, [wo ich] wegen den gestrigen Fehlern bei den Versenkungen derb die Wahrheit sagte. Dann zur Weinmüller und mit ihr in die Spalier-Niederlage und Cotton-Gewölb. Bei Neumann machte ich auch wegen Wedgewood (?) einen Besuch. Mittags waren wir allein. Nach Mittag ging ich mit dem Tapezier zu Weinmüller, dann zu Neumann, wo ich Rösner und Frau fand. Mit diesen ging ich zu Seidl, dahin kamen Stengel (?), Hofmüllner (?) und Waldon. Alle engagierte ich zu uns auf Schinken und Kalbsschlögel; sie ließen sich’s wohl geschehen. Mit Waldon ging ich ins Burgtheater „Dorfbarbier“ und ländliches Divertissement. Therese hatte vor Mittag Besuch von Rösner. Nach Mittag gab sie Besuch der Galvani; mit dieser ging sie zum ersten Mal zum Baron Lichtenstein, welcher sie sehr freundschaftlich aufnahm; dann mit ihr ins Burgtheater, wo ich Therese sprach.
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Theateranekdote: Braun trug dem Gioja auf, eine Figuration zu probieren. Dieser erklärte sich, er könne es nicht selbst nicht tun, wegen Viganò, als erstem Ballettmeister und wegen dem Corps de Ballet. Hierauf kamen sie in Wortwechsel. Haim musste den Polizeikommissär Löwenau [rufen ?] und Braun vollführte die Torheit und ließ Gioja ins Polizeihaus setzen, wo er bis 7 h blieb. Auf dem Anschlagzettel war „Alceste“; Braun ließ ein Pflaster darauf kleben: „Heute kann „Alceste“ nicht gegeben werden, statt dessen wird „Waldmädchen“ aufgeführt.“ Früh ging ich zum Grafen, zu Walther; nach Hause, wo ich Weinmüller erwartete, mit welchem ich zum Tischler ging. Im Rückweg ging ich zur Ascher, wo mich Therese rufte; sie speist dort und ich allein mit der Tischlerin. Nach Mittag kam Rösner, fing einen Bücherkatalog zu machen an. Dann der Tischler, mit diesem ging ich zu Weinmüller; zur Assen (?), zum Seidl. Ins Kärntnertor-Theater „Poche ma buone“ und „Waldmädchen“. Auf dem Theater klagten mir Joseph Weigl und die Dorn ihre Entlassung. Therese war bei Assen.
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„Zauberflöte" zum 11. Mal, 453 fl.. Früh ging ich zum Grafen; nach Hause. Dann schrieb ich an Lichtenstein sehr einen herzlichen offenen Brief in Betreff der Zahlungen des Sattlers, des Porzellans, der Barany und meiner Auslagen. Mit dem Anstreicher ging ich zur Weinmüller und mit ihr in die Tischlerniederlage und zum Kleinschenk, um dessen Zimmer anzusehen. Therese war bei der Assen. Inzwischen besuchte uns Baron Lichtenstein mit seiner Frau, und niemand war zu Hause. Eckhart leistete uns Gesellschaft. Zwischen dem Essen kam Ulbrich wegen dem Geld und der Weinmüller ihr Maler. Nach Mittag gingen wir über die Bastei zu Liebisch und kauften der Resel einen Wallis. Großbauer und den Anstreicher führte ich ins Theater; Therese sang sehr schön. Kam im Theater mit meinem lieben Kárner zusammen; wir küssten uns traulich und voll Freude des Wiedersehns. Ich ging mit ihm in den 3. Stock wo wir den 1. Akt zusammen blieben. Mit dem Falk (?) lud ich ihn auf morgen zum Speisen ein. Mit Lichtenstein sprach ich; er küsste und versicherte mich, dass ich ihm mit meinem Brief einen herrlichen frohen Abend gemacht habe, dass Therese wegen der Zulage zum Braun gehen soll. Im Burgtheater war zum ersten Mal „Das Kästchen“, Lustspiel in einem Akt; wurde vollkommen verhöhnt und ausgelacht, so wurde vom Publikum noch kein Stück misshandelt. Dann der „Bettelstudent“.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).