Trübe. Therese hatte mit ihrem Königin-Kleid vollauf zu tun. Ich ging zum Grafen, um 11 h in die Theaterkanzlei, mit Mayer ins Laboratorium und über die Bastei nach Hause. Wir suchten Therese auf der Bastei vergebens, denn sie war zu Besuch bei Rösner. Mayer und die Tischlerin speisten bei uns. Nach Mittag kam der Uhrmacher und Frau; sie machten mit Therese eine Promenade auf der Bastei. Ich blieb zu Hause und erwartete Lichtenstein, der aber – vom Pferd geschlagen – nicht kam. Abends gingen wir ins Kärntnertor-Theater „Dorfbarbier“, Terzett. Beim Terzett gingen wir und aus Jux zur Schwann ins Gasthaus. Da soupierten wir mit Süssmayer und Punto und plauderten bis nach 10 h.
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Früh zum Grafen, dann in die Theaterkanzlei, wo ich mit Klimbke die Registratur ordnete. Heute zog Haim von der Kanzlei weg in das Comptoir des Barons. Klimbke erhielt heute 50 fl Zulage, also 350 f.l. Um 1 h ging ich ins Kärntnertor-Theater um Lichtenstein zum Speisen abzuholen. Wir fanden eben Süssmayer bei uns, welcher mit Therese die Arien passierte, und luden ihn auch zum Speisen ein. „Zauberflöte“ und überhaupt Therese war der Stoff unserer Unterhaltung. Nach Mittag ging ich zu Klimbke, abends zur Generalprobe von der „Zauberflöte“; sie dauerte von 6 bis nach 10 h. Es war so voll, dass man es ein schönes Theater nennen kann. Kaiser und Kaiserin waren da. Sie ging sehr unordentlich und lässt sich wenig versprechen. Ich bin sehr missvergnügt. Am Ende hatten Mayer und Sacchetti blutige Händel. Therese fiel beinahe in die Versenkung, weil die Leute den Strick nachließen. Pfersmann schimpfte über Lichtenstein und sagte, Lichtenstein könne Musik, aber keine Direktion verstehen. Dies verdross mich sehr.
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Erste Aufführung der „Zauberflöte" Früh ging ich zu Distler um Sitze, dann zum Grafen, in die Theaterkanzlei. Gewey begleitete mich mit dem Juden Oeppinger nach Hause, wo wir Umlauf fanden. Gleich nachher kam Lichtenstein; Therese passierte ihre Arien und Lichtenstein rezitierte ihre Rolle. Es war die Veranlassung zu einer herzlichen Szene: Lichtenstein küsste mich. Er ging nachher zu Braun. Umlauf speiste mit uns. Nach Mittag um ¼ auf 4 h kam die Margaritha und Maurer mit Anhang und ich führte sie ins Kärntnertor-Theater. Es war ein fürchterliches Gedränge, und die Tore konnten erst beim Anfang der Oper geöffnet bleiben. Die Einnahme belief sich auf 1045 fl. Im Ganzen gefiel die Oper sehr, Therese aber machte Furore. Nach ihrer ersten Arie – die schon durch den lautesten Beifall unterbrochen wurde – wurde zweimal, da sie schon vom Theater weg, außerordentlich geklatscht. Königlich freute mich dies, und ich mehrte meine Freude durch den Gedanken, ihr ein neues Kleid Freude zu machen. Lange erhielt die Saal den Beifall nicht. Mit Entzücken ging ich auf’s Theater, küsste Therese, machte allen mein Kompliment und ging dann mit Lichtenstein, Süssmayer und Lippert zur Schwann soupieren. Da wurde über die Oper räsoniert. Pfersmann kam auch, dann der Arzt Sommerer (?), der mit einem Lärm Theresens einzige Kunst lobte; „Kunst ohne Vergleich !“ schrie er. Lichtenstein sagte zu mir „Eigentlich hat nur Ihre Frau allein in der ganzen Oper Furore gemacht". Bis 12 h saßen wir zusammen; ich hatte eine der frohesten Stunden meines Lebens. Als ich nach Hause kam, wurde Therese gleich wach und wir schwätzten noch zusammen eine Stunde. Die Saal wurde vorgerufen und sagte so eine Menge, vieles, einstudiertes Zeug von Gnade, Nachsicht, erstem theatralischem Versuch und dergleichen, dass viele sagten, sie war sehr gut vorbereitet und hat gut auswendig gelernt. Lichtenstein allein dirigierte diese Oper mit sehr viel Kunst, Talent und seltener Bescheidenheit.
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Regen. Früh um 8 h war ich in Menzels (?) Gewölbe und kaufte für Therese 8 Ellen schön gestickten Musselin, trug ihn gleich nach Hause und überraschte damit das liebevolle Weib. Sie hatte eine große Freude darüber und das mehrte meine unendlich. Dann ging ich, weil mir der Graf schrieb, dass Therese allein gefallen habe und einen Sitz wünscht, in die Kasse und Theaterkanzlei, dann zum Grafen und nach Hause. Therese arbeitete, ich auch; schrieb Stessel und meiner Mutter, der ich das Buch und den Zettel von der „Zauberflöte“ schickte. Um ½ 2 h ging ich zu Lichtenstein, um ihn zum Speisen abzuholen. Wir speisten recht vergnügt und er versprach, morgen wieder zu kommen. Während dem Speisen brachte Rathmayer ein geschmackvoll vergoldetes Schreibzeug mit ihrem Namen und der Inschrift: „Wenn sie mich braucht, so strömt Glück ihren Freunden zu", das ihr die Porzellanfabrik zum Beweis ihres Dankes für ihren kunstvollen Gesang anbot. Ganz kindisch freute sie dieses Präsent und sie ging gleich mit dem Schreibzeug und dem Musselin zur Mutter, um es ihr zu zeigen, welche Freude zu äußern schien. Um 4 h ging Lichtenstein weg und ich um ½ 5 h ins Theater, zum 2. Mal „Zauberflöte“. Therese sang besonders die letzte Arie mit noch mehr Liebe; die Einnahme 709 fl..
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„Zauberflöte“ zum 3. Mal, Einnahme 906 fl.. Früh zum Grafen, dann in die Theaterkanzlei. Die Pepi war bei Therese und ließ sich zu Mittag laden; sie speiste mit Lichtenstein bei uns. Die Mozart ließ Therese sagen, dass sie ihr in der „Zauberflöte" den reichsten Ersatz für alle Leiden anbot, die sie in Hinsicht der musikalischen Talente ihres Mannes litt. Gräfin Traun, Hadik, Breuner und Graf Carl gratulierten ihr. Koch ließ ihr sagen, dass sie sowohl in Gesang als Spiel einzig sei; alles ist voll von ihrem Lob. Nach Tische ging ich mit Lichtenstein zu Brandmayer, fuhren im neuen Phaeton über die Glacis zu seiner Wohnung, stiegen beim Theater an der Wien ab, um selbes zu sehen; es gefiel ihm sehr, nur ist alles zu groß angetragen. Lichtenstein ritt in die Stadt, ich ging ins Kärntnertor-Theater; es war sehr voll. Therese sang sehr kunstvoll und nahm das F. Ich schwätzte mit Mayer und Teiner und lud ersteren samt seiner Frau am Sonnabend zur „Zauberflöte“ ein. Mit Kirstein war ich auf dem Theater.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).