Trüb, kühl, windig; mittags wurde es heiß. Im Kärntnertor-Theater „Corradino“, im Theater an der Wien Hambuch von Stuttgart in „Johann von Paris“, dickliche Figur mit mittelmäßiger Stimme. Wir frühstückten in der Hütte, um 7 h Andres mit Therese in die Stadt. Ich blieb im Garten, arbeitete, schloss die Schankrechnung, schrieb an den Grafen. Ging mit Reinl seinen Garten anzusehen, welchen er zu Bauplätzen abteilen will. Kridl brachte Zeitungen und Komödienzettel. Gegen 2 h kamen Therese und Andres wieder, wir aßen in der Hütte. Nach Mittag kam der junge Ehmann und zeigte mir das Haus des Wiener, welches bei Maria Stiegen gebaut wird. Später kam die Armassi mit einem ungarischen Garden, die Gewey, Jeanettl, Haim mit Prosky (?), Ball, welche mir eine schöne Haube mit Perlenbordüre brachte, die Kupfer Lina machte mir ein Uhrband, Benedetti brachte mir eine Gruppe des Abendmahls nach Leonardo da Vinci und dem Bahrdt (?), vom Evarist einen eleganten Stiefelknecht. Michel kam auch, mit diesem konsultierten wir wegen dem falschen Dekret der Direktion. Er ist meiner Meinung, gleich um Abänderung beim Kaiser einzukommen. Wir saßen bis 9 h im Zelt beisammen; Andres schlief bei uns.
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Ein heisser Tag mit Sturm, Staub zum Ersticken. Im Kärntnertor-Theater „Zelmira“, im Theater an der Wien „Vier Temperamente“, Maurer und sie von Stuttgart. Mein gutes Weib gab mir zum 52. Geburtstag 12 weiße Sacktücher und 2 Gilets, welche mich herzlich freuten. Die kleinste Gabe von ihr macht mir so viel Vergnügen. Der Morgen war noch ruhig. Wir frühstückten mit Reinl, Andres, Mayer in der Hütte, nach 7 h in die Stadt, zur Ball. Arbeitete zu Hause, ordnete für morgen an. War bei Sina wegen den 3 Widdern, konzipierte eine Schrift an den Kaiser. Fuhr um 1 h in den Garten, aß mit Therese allein. Wohlfarth schickte eine Windtorte mit Obersfaum und 2 Bouteillen Himbeersaft, die Reimann schickte uns Lungenbraten und Guglhupf, da waren wir reichlich versehen, nur die Hitze plagte uns, und der Staub. Abends kamen die Reimannischen mit dem Verwalter Pollack vom Weinzierl-Hofe des Ehz. Ludwig welches mich sehr freute, und sonst die gewöhnliche Gesellschaft. Von der Galerie sahen wir das Begräbnis eines Obersten vom Fuhrwesen, welches ein Regiment begleitete.
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Der Morgen war trüb und stürmisch und scheint unseren Jux zu vereiteln. Im Kärntnertor-Theater „Geheimnis“, dann zum 1. Mal Ballett von Taglioni in 3 Akten, „Die heftige junge Frau“, Mme Courtin. Im Theater an der Wien „Don Juan“ mit Hambuch von Stuttgart, gefiel. Andres kam zum Frühstück in die Hütte, Therese beschäftigte sich mit Anordnen, Herrichten, Aufschreiben. Ich schrieb die Bittschrift an den Kaiser, dann dem Grafen nach Piestyan. Sepherl kam, brachte Zeitungen und Komödienzettel, und um 2 h große Lieferung im Janschky-Wagen. Nach Mittag große Arbeit, Kridl und Andres halfen Therese aufschneiden, dann kam auch noch ein Fass Bier. Wir gaben 3 Schlögel, Hirschwildpret, 4 Zungen, 5 Salami, 3 Guglhupf à 2 fl, 5 Kirschentorten, 4 Maß Gefrorenes vom Franz Van der Venne, Käse, Kirschen, Birnen, alles in Menge. Andres besorgte Violinspieler, Orgelmann, ebenfalls auch Emanuel und Evarist, alles wetteiferte, den Abend angenehm zu machen. Der Opernchor sang mehrere Chöre aus dem „Freischützen“ und anderen Opern, welche im Freien die schönste Wirkung hervorbrachten. Inzwischen wurde viel getanzt, gelacht, gescherzt. Vom Jakob brannte ein kleines Feuerwerk ab. Die Unterhaltung dauerte bis 12 h. Was uns im Gedächtnis blieb, bestand die Gesellschaft samt dem Hauspersonal in 183 Personen. Es waren Kárner mit Axt, Fux 4, 2 Fremde, Harold, Jul[ie ?] Woironnet (?), Wolfmayer, Wohlfarth 4, Massauer, Eberle 3, Mollner 4, Fischer 2, Reimann, Seyrl, Ottawa, Störk 6, Grünmüller 2, Dessauer, Fieglmüller 3, Kühnel 3, Beer, Ley 2, Moser, Werner, Schwarzer 3, Greipel 2, Traubenberg 2, Aspelmayer 2, Schmirer, Hoffmann 4, Kridl, Etzelt, Parisot 3, Neefe, Hassaureck, Benelli 2, Vogl 2, Kupfer 3, Vio, Neumann 2, Kupelwieser, Steinle 3, Dräxler 3, Danninger 2, Ehmann, Lechner, Voigtländer, Andres 2, Vetter 2, Mayer, Haim 2, Kupits 2, Stabl 2, Bandini, Cesari, Kugler 5, van der Venne, Mayseder, Wilde 2, Prinz, Caminada 2, Troppauer 2, 2 vom Baumeister Stummer, Reinl mit Cilli, Rauscher, Reich mit Nettl, der Opernchor mit 40 angenommen, der Orgelmann mit Knaben und 12 vom Hause. Alles freute sich eines frohen Abends. Von Greipel erfuhr ich die Untersuchung gegen Kaunitz wegen schweren Polizeiverbrechens, seine Arretierung, dass ihn nun beim Kriminale Guglielmi untersucht, dass 54 Mädchen eingefangen wurden, dass er und Metternich bei einem gewissen Libeschitz in der Weihburggasse ihre Niederlage haben. Sehr unangenehm war mir das Zusammentreffen des Vogel (?) mit der Vio. Er hielt sich nicht lange auf und die alberne Kupfer fuhr mit ihnen fort.
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Ein angenehmer Tag, der Abend war trüb, in der Nacht etwas Regen. Im Kärntnertor-Theater „Dorfsängerinnen“, im Theater an der Wien „Abälino“, Maurer und sie von Stuttgart. Wir frühstückten im Zelte, dann schrieb ich in der Hütte an den Grafen, ließ zusammenräumen. Leopold Schifter (?) half, die Sepherl kam um 10 h. In der Hütte speiste mit uns Rospini, waren recht vergnügt. Nach Mittag ordnete Therese, ich las und schrieb. Gegen Abend kam Fux mit Dini und Emanuel, Vogel mit Kupfer, Reimann mit Fieglmüller; Evarist war mit der Mutter in Stadtl Enzersdorf; dann noch mehrere junge Leute, waren gut unterhalten.
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Veränderlich, öfters ganz unbedeutender Regen. Im Kärntnertor-Theater zu Rossinis Einnahme „Richard und Zoraide“, in einem Akt zusammengezogen; David als Richard, Rossini als Zoraide, danach Divertissement mit Taglioni. Im Theater an der Wien „Rächendes Gewissen“. Ich frühstückte mit Therese vor dem Haus, dann um 7 h in die Stadt. Ich arbeitete, schrieb der Hruschka wegen der Theaterzeitung, sprach die Rosmann, welche bei Aigen in Mödling war und ging nach 12 h sehr angenehm in den Garten. Stessel und die Klingmann speisten mit uns im Zelt, nach Mittag wurde Wein und Bier abgezogen. Dann kamen 2 Juden von Mattersdorf, denen kaufte ich 70 Ellen Leinwand à 1 fl., und 3 Kleider, 30 fl., Umhangtuch, 10 fl., ab. Später kamen Wohlfarth, Hitzinger, Kridl, Andres, Mayer, die Reimannischen. Der Abend war sehr angenehm. Im Kärntnertor-Theater die Einnahme des Rossini sehr voll, die Colbran und Eckerlin sangen sehr schlecht. Rossini wurde nach jedem Musikstück gerufen.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).