Windig, unerträgliche Hitze und Staub, [nach Mittag] Sturm, Donner, Blitz und Regen, der Abend war heiter. Im Burgtheater „Lohn der Wahrheit“, im Kärntnertor-Theater „Gazza ladra“, im Theater an der Wien „Eiserne Jungfrau“. Johannisfest im Garten. Wir frühstückten auf dem Rosenberg mit Reinl, dann arbeitete ich und las in der Hütte. Heute siedelte die Kassa des Kärntnertor-Theaters ins Fliegende Rössel, No. 1038, 1. Stock, um. Mit Evarist machte ich Girlanden auf, Reimann, sie, Stessel, Kárner, Schwarzer speisten mit uns im Zelt. Abends versammelte sich eine große Gesellschaft; wir musten die Wand des Zeltes aufmachen. Gegen 6 h rückten die Gäste zu Fuß und in Wägen an. Dem Kárner arrangierte ich eine Brandlpartie im Salettl, Mollner, Wohlfarth, Seitz, Axt spielten in der Laube. Recht angenehm überraschte mich der Schottenfelder Pfarrer Honorius mit dem würdigen Hofrat Ley (?), welcher über Garten und Aussicht ganz begeistert war und den Sonnenuntergang sah. Getanzt, getrunken, gegessen und geliebelt wurde bis 12 h. Carl machte auf dem Rosenberg eine liebliche Illumination, Jakob brannte ein unglückliches Feuerwerk ab. Im Ganzen passierte der Abend angenehm.
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Früh sehr windig, unerträglicher Staub, dann öfter kleiner Regen, besonders nach Mittag; drangen alle zusammen nur einen Zoll in den Boden. Abends blieb es trüb. Im Burgtheater „Indianer in England“, die Maurer von Stuttgart als Gurli. Im Kärntnertor-Theater „Alle fürchten sich“, dann singt David eine Szene aus „Misteri Eleusini“ von Sim[one] Mayr, dann „Schweizermädchen“. Im Theater an der Wien „Eiserne Jungfrau“, Vandenberg arrangierte am Donnerstag den Waffentanz und die Evolutionen, heute wird er begraben; eine Kopfentzündung endete schnell sein Leben. Andres schlief bei uns und wir frühstückten in der Hütte. Nach 7 h zusammen in die Stadt Ich sprach Kike, den jungen Sina, welcher heute von Simontornya kam, wegen den 3 Widdern, schrieb an den Grafen, dass wenig Hoffnung ist, dass er 600 fl. Münze gibt; dass den Hofrat Hartl vor 3 Tagen bei der armen Lefèvre der Schlag getroffen und dann in der Nacht in seinem Hause gestorben sei; dass die Untersuchung der Polizei nur die Theaterkinder des Kaunitz anging, dass er zweimal gepfändet wurde, während er in Austerlitz ein großes Fest zur Vermählung seiner Tochter bereitete. Um 2 h kam ich sehr gemächlich in den Garten, speisten mit der Krieghammer, Agnes und Jungmann, welcher von Csiba die Interessen von 270 und 330 fl. zusammen 600 fl erhob, und davon von ihm, weil er ihm 100 fl. abbettelte, auf meine Rechnung 60 fl. gab, großer Verlust ! Während dem Essen kam Csiba, er speiste bei Reinl und blieb den ganzen Nachmittag und Abend. Ich arbeitete und schrieb meinen Geldempfang bis Ende Dezember zusammen, deren Betrag 9500 fl. ausmacht. Hier sind die fixen Ausgaben mit Inbegriff von 2500 fl. für das Grundbuch 4500 fl., also verbleiben für den Haushalt 5000 fl. Gegen Abend kamen die Fux, Reimann schon sämtlich; blieben bis 9 h in der Hütte, dann ins Bett.
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Ein trüber, windiger, kalter Morgen. Im Burgtheater „Octavia“, im Kärntnertor-Theater „Gazza ladra“, im Theater an der Wien „Eiserne Jungfrau“. Andres überaschte uns zum Frühstück im Salettl, dann schrieb und las ich den ganzen Vormittag in der Hütte, ging im Garten herum. Kridl speiste mit uns im Salettl. Nach Mittag schlich ich mit ihm und Reinl herum, zu Vladár, sahen den Bau des Josephstädter Theaters, wo man schon die Mauerbänke legt. Ließ vom den Polier dem Reinl den Grundriss, Fassade und Portal zeigen. Ging über den Neubau, sahen des Chrost Garten. Nach Gumpendorf, über die Wehr und Margarethen zurück, kam um 9 h in den Garten und fand Reimann mit Dessauer und ihr. Nach Mittag spielten während des Regens Reimann, Kridl, Therese und ich Préférence. Gestern nachts kam Fürst Esterházy von Venedig zurück. Lambergs Tod.
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Etwas veränderlich, doch ein angenehmer Tag; schöner Abend. Im Burgtheater „Quälgeister“, im Kärntnertor-Theater neu studiert „Singspiel am Dach“, Divertissement mit der Taglioni. Im Theater an der Wien der Pariser Flötist Drouet und „Liebe aus Abenteuer“. Wir frühstückten in der Hütte, mit Therese in die Stadt. Ging zur Ball wegen neuer Münze, schickte der Römer eine Schale, 5 fl.. Arbeitete den ganzen Vormittag zu Hause, schrieb dem Grafen, dass Vinzenz heute beim Fürsten war. Csiba kam zum Speisen und ich sagte ihm manches vom Vinzenz. Nach Mittag in den Garten. Reimann und Dessauer brachten das Erziehungsinstitut der Charlotte Müller – ehemals mit Natter in Verbindung – nicht. Heurteur und Familie kamen Abschied nehmen, weil er in Graz spielt. Erst gegen 9 h kam die Ball mit der Kupferischen und erzählte, das Singspiel sei missglückt und blieben bis 10 h.
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Ein schöner Tag, manchmal windig; ein kühler, starker Wind hauste den ganzen Abend. Im Burgtheater „Bild“, im Kärntnertor-Theater „Gazza ladra“, im Theater an der Wien „Eiserne Jungfrau“. Andres schlief bei uns. Wir frühstückten in der Hütte, um 7 h in die Stadt. Der Ball sagte ich, dass sie Sonntag mit Benelli und Tochter zum Speisen kommen möchte, dass sie der Kupfer und einer neu engagierten Person die kleinen Partien geben wollen und schrieb darum dem Kupelwieser. Vogel ist Generalsekretär beider Theater. Im Hause schrieb ich dem Grafen, badete im Diana-Bad und speiste mit Therese allein in der Hütte. Nach Mittag arbeitete ich, las, sagte wegen des Staubes, da sie auf der Straße fahren, den Reimannischen ab, mit ihnen zum Pollack auf den Riederberg zu fahren; die Besitzung heiiißt Weinzierl und gehört dem Ehz. Ludwig, in der Nähe ist Ried. Im Rückweg hielten sie in Gablitz bei Mollner und Wohlfarth. Ich saß in der Hütte bis Moser und Kölbel mit Anhang kamen, spielten, auch Dräxler; plauderten bis 9 h.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).