Windig; der Staub geniert selbst im Garten. Es wurde [nach Mittag] kalt. Umgänge in den Vorstädten. Im Burgtheater „Fridolin“, im Kärntnertor-Theater „Corradino“, im Theater an der Wien „Liebe zum Abenteuer“. Früh nahm ich meine Pulver, dann Käsewasser, frühstückte mit Therese und Reinl in der Laube, schrieb in der Hütte unsere Zinsfassion, las. Um 1 h mit Therese zu Reimann speisen, außer der Dessauer war niemand Fremder. Blieben bis 4 h, es kamen Wohlfarth, Seitz mit Greipel, dessen Baptist von der Hutsche fiel, sich den Kopf und Fuß anschlug und anhaltend kalte Umschläge nehmen musste, auch den Chirurgen rufen ließ, welches mir äußerst unangenehm war und eine ganze Störung verursachte. Zeiller mit seiner kleinen Frau, sehr angenehm, Reimann, Fieglmüller mit Anhang, erst später die Dessauer, weil die Steinle-Tochter mit einem Knaben entbunden wurde. Vom Feuerwerk „Das neue Burgtor“ sahen wir nichts und legten uns zeitlich. Therese befindet sich besser, das Abführen lässt nach.
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Kalt, windig, unerträglicher Staub. Alle Bäume, auch der unsrige, trocknen aus; der Abend war kühl. Im Burgtheater „Corsen“, sehr brav, im Kärntnertor-Theater „Musikalische Akademie“, dann Debut der Marie Taglioni in einem Terzett von ihrem Vater, mit ihm und der Heberle. Im Theater an der Wien „Reise durch die Luft“, „Puppe“. Wir frühstückten mit Reinl im Zimmer. Um 8 h in die Stadt, zu Kárner, sprach mit ihm wegen der Rückkehr des Fürsten von Venedig, von einem Dienst des Stocklass (?) bei Joseph Erdödy und Rückzahlung der Richardischen 11.000 fl. vom Vinzenz durch seine Vermittlung. Dann nach Hause, expedierte den Johann, welcher morgen mit dem Schiffe abfährt, schrieb an den Grafen und empfahl ihm den Johann als Kammerdiener. Dem Kutscher Strem (?) schrieb ich eine Bittschrift an die Polizeidirektion, dass er seinen Wagen No. 166 übertragen darf. Hörte, dass der Fürst Hohenlohe seine kranke Tochter segnete. Ich speiste mit Therese in der Hütte, recht angenehm, schrieb. Therese überraschte mich zum morgigen Feste mit einem Sommerbeinkleid, ich sie mit einem Florentinerhut für 100 fl. Evarist zog Bier ab, abends kamen seine Eltern mit der Treitschke, Hanser (?) und Anhang. Die Marie Taglioni hat die Figur der Heberle, nur etwas grösser. Sie war eine liebliche Erscheinung, ist besser als die Heberle, ihr Auftritt mit dem kleinen Sohn wurde brillant beklatscht. Das Divertissement ist analog, lieblich und gefiel, die Musik ist zusammengesucht.
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Heiter, nur sehr windig und unertäglicher Staub. Der Abend war angenehm. Im Burgtheater „Alpenröslein“, im Kärntnertor-Theater „Zelmira“, im Theater an der Wien „Wandernde Komödianten“. Reinl versetzte früh Veilchen. Beim Erwachen küsste ich mein liebes Weib, freute mich ihres Besitzes durch 22 Jahre und habe den Wunsch, dass mir die Vorsicht sie so lange als mich erhalte. Früh kamen die Agnes, Kupfer und Evarist, und machten mir Rapport vom Debut der Taglioni, welchen ich dem Grafen schrieb, und mit dem Reimann dann in der Hütte saß. Wir speisten im Zelt mit Fux, Frau, Dini, Agnes und Kupfer. Eine braune Taube unterhielt uns den Vormittag in der Hütte, blieb bis zum Abend. Nach Tische kam Wohlfarth, sie und Tony, erst spät Reimann und Fieglmüller.
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Ein schöner Tag. Abends türmten sich Gewitter auf, aber leider ohne Regen, und undurchsichtige Staubwolken erhoben sich. Im Burgtheater „Beschämte Eifersucht“, dann zum 1. Male „Bild der Danae“, Drama in 2 Akten von Deinhardstein, gefiel sehr. Im Kärntnertor-Theater „Geheimnis“, dann anakreontisches Divertissement von Taglioni, 2. Debut seiner Tochter Marie, im Theater an der Wien „Freyschütze“. Fieglmüller lud die Schwarzer zum Fest am Donnerstag. Frühstückten in der Hütte, wo wir schon wieder die braune Taube fanden. Dann mit Therese in die Stadt, wo wir den Tag blieben. Ich arbeitete, besorgte mehrere Aufträge. Speiste mit Kridl bei Seitz, Toni, Pepi. Nach Mittag zusammen in den Prater, sahen die Kaffeehäuser von außen, den Garten des Baron Löhr, dann in die Hütte in der Jägerzeile, die abgerichteten Hunde und Affen des Baldani zu sehen; 1 fl. bis 1 fl. 30 x, unerträglich voll und warm. Fand die Hruschka, Assen und Eckl, plauderten zusammen. Ich mit Seitz ins Kärntnertor-Theater, wieder sehr brillant, nur leer. Gottdank sagte mir, die Ball bekäme die 2. Dame und das Suschen.
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Der Vormittag windig, der Nachmittag stürmisch, unerträglicher Staub. Öfters einige Tropfen Regen, der Abend finster, aber ruhig. Im Burgtheater „Sühnung“, „Bild der Danae“, im Kärntnertor-Theater „Elisabeth“, im Theater an der Wien neu studiert „Cäsario“. Früh arbeitete ich zu Hause, schrieb an den Grafen. Sagte der Ball wegen Rollen. Dann in die Kunstausstellung, wo ich bis 12 h blieb. Ich fand schöne Gemälde von Steinfeld, Sturm (?), Schedlberger (?), traf Salis, hielt der Hruschka Porträt vom Neupass (?) für jenes der Adamberger, sah schöne Tableaux von Fischer, Vetter (?, Petter ?), im Ganzen sehr viel Porträts. Therese fuhr mit der Sepherl und Saly schon um 9 h in den Garten, Antonienfest. Reimann, Seitz, Wohlfarth, Axt, Schwarzer speisten im Zelte, tranken auf Antoniens Wohl. Der Wind und Staub jagte uns in die Zimmer. Wegen dem Wind ließ ich vor dem Zelt eine Wand spannen, es war mit Girlanden verziert. Nach Mittag arrangierten sich im Salettl zwei Spielpartien und die dritte in der Hütte. Es mögen sich trotz dem stürmischen Wetter 80 Personen versammelt haben. Familie Mollner, Ennöckl, Trilson (?) Fischer, Kusenits, Neumann; nach dem Theater kam die Emilie mit Kupelwieser, Dirzka, Gottdank, Hassaureck und viele andere. Wilde selbst spielte die Violine, es wurde bis 12 h getanzt, alles ging ordentlich, alles schien sich zu unterhalten.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).