Ein stürmischer Morgen und Tag, der Abend war ruhig und angenehm. Im Burgtheater „Bayard“, im Kärntnertor-Theater „Geheimnis“, Debüt der Taglioni, [im Theater an der Wien] „Freyschütze“. Im Garten, wir frühstückten mit Reinl in der Hütte und konnten uns wegen Wind kaum erhalten, Therese ließ alles reinigen und zusammenräumen. Ich arbeitete, schrieb an den Grafen, las. Die Sepherl kochte uns. Kridl kam, dem schrieb ich einen Brief nach Baden. Später kam Wohlfarth, packte alles zusammen, sogar die Bouteillen Himbeersaft und den Rest vom Wein; das sind andere Menschen ! Wir speisten im Salettl mit Emanuel, nirgends anders litt uns der Staub. Nach Mittag lesen und Herumgehen im Garten. Spät kam die Fux mit 2 alten DeBen (?), Werner mit seinem Freund, die Reimannischen mit der Kupfer und Ball. Wir blieben bis ½ 10 h zusammen. Mathias brachte 2 Briefe vom Grafen, die Langeweile plagt ihn gar zu sehr.
Band 10 (X.), Seite 47v
9087
1822
6
15
Ein schöner Morgen. Der höchste Grad an Hitze. Um 12 h erhob sich ein Sturm, dass der Tag sich verfinsterte. Im Burgtheater „Bild der Danae“, „Amerikaner“, im Kärntnertor-Theater „Zelmira“, im Theater an der Wien „Cäsario“. Wir frühstückten mit Reinl in der Hütte. Um 7 h ging ich in die Stadt, sprach Kike. Schrieb an den Grafen. Im Hause, No. 361, Kridl kam, besuchte die Hruschka, fand sie nicht. Um 12 h fuhr ich in den Garten, der Sturm drohte die Bäume aus der Wurzel zu reißen. Die ganze Natur schien in Aufruhr zu sein, ich musste den Wagen anhalten. Ich speiste im Zelt. Gleich nach Tische kam die plauderhafte Kupfer, mit der Kunde, die Dermer sei abgedankt. Ich blieb in der Hütte, da kam der Maler Bossi (?), Ennöckl, später Heurteur mit seiner Frau, welche den Garten und die Aussicht bewunderten und bis 9 h blieben. Da kam Pepi, Reinl, setzten uns in die Hütte und sahen dem Leuchten der Blitze in der Brühl bis 8 h zu. Um 12 h brach das Gewitter aus und ein sehnlichst erwarteter Regen fiel, begleitet von Blitz, dauerte aber nicht über eine Viertelstunde. Wir wurden wach und freuten uns der Erquickung.
Band 10 (X.), Seite 47v
9088
1822
6
16
Veränderlich, windig; [abends] regnete es eine kleine Stunde, ganz langsam. Im Burgtheater „Wunderschrank“, im Kärntnertor-Theater „Alle fürchten sich“, „Schweizermädchen“. Im Theater an der Wien der Pariser Flötist Drouet, dann „No. 777“ und „Häuschen in der Au“. Um 6 h war ich schon im Garten und freute mich der erquickten Natur; der Regen drang nur über 2 Zoll tief ein. Wir frühstückten mit Pepi und Reinl in der Hütte, dann auf die Galerie: sahen den Schneeberg, die ganze Stadt und Umgebung in ganzer Reinheit. Welch ein Genuss nach dem Staub der letzten Wochen ! Ich konnte mich gar nicht trennen. Die Sepherl brachte Zeitungen und Komödienzettel. Gegen 10 h kam Fink mit seiner Marie und Gouv[ernante ?], da erhob sich schon wieder ein Sturm. Wir blieben eine Stunde auf der Galerie und in der Hütte, las und saß allein, Therese blieb im Zelt, speisten allein in der Hütte. Nach Mittag kam zuerst die Wohlfarth mit der Tony, er spielte zu Hause. Sprachen von Gottliebs Schmutzerei, die sie auf alle mögliche Weise entschuldigten. Dann kamen Seitz, Reimann, Andres, Lissl und Mayer. Emanuel brachte einen gewissen Schönfeld. Wind und Regen versammelte uns alle im Zelt, und in diesem gab es Spiele bis ½ 10 h.
Band 10 (X.), Seite 48r
9089
1822
6
17
Ein kühler Morgen. Im Burgtheater „Stille Wässer“, mit einem Hr. Maurer von Stuttgart. Im Kärntnertor-Theater „Elisabeth“, im Theater an der Wien „Reise durch die Luft“. Im Garten, wir frühstückten mit Reinl in der Hütte. Nach 7 h in die Stadt, begegneten Hoffmann mit der ungarischen Grammaire in der Hand, er ging aber zu Dietrich. Fand dieser Tage unseren Garten sehr angenehm. Sprach Kike und fand zu Hause eine Menge Menschen. Ging mit Kridl ein Brennglas für 3 fl. kaufen. Schickte durch die Motzelt Nanette meiner Schwester 40 fl., schrieb an den Grafen. Sah den Bau des Josephstädter Theaters, welcher bei der Bühne schon den 3. Stock erreicht, speisten da. Zu Vladár, besuchte Neefe und Roller, hörte, dass sein Sohn bei Hensler mit 1200 fl. engagiert sei. Kam um 4 h in den Garten, wo mich Therese in der Hütte erwartete; spät kamen die Reimannischen, Schwarzer, Treitschke, Fieglmüller. Die Kühle trieb uns früh ins Bett.
Band 10 (X.), Seite 48r
9090
1822
6
18
Ein schöner Morgen. Im Burgtheater „Braut von Mesina“, Maurer von Stuttgart als Don Cäsar, gefällt nicht. Im Kärntnertor-Theater „Gutsherr“, „Joconde“, im Theater an der Wien Konzert des Drouet, inzwischen „Cäsario“. Eine Stunde im Garten, frühstückten mit Reinl in der Hütte. Bald nach dem Frühstück überraschte uns die braune Taube wieder, welche wir am 14. Freund Schwarzer schickten. Wir gaben ihr Futter und sie blieb bei uns. Die Agnes kam, den neuen Bedienten Leopold Schifter schickte ich mit Verschiedenem in die Stadt, er holte manches. Barbaja, der Messias, ist endlich gestern angekommen und geht gleich nach Baden; ich erwarte nichts Besseres. Wir speisten in der Hütte. Ich schrieb an den Grafen, auch dass der Fürst am Samstag oder am 24. von Venedig erwartet wird. Abends sah ich mit Reimann des Chemikers Seischab (?) – einst des Adam – Wüstenei an, welche der Maler Bossi (?) zu kaufen wünscht; viel Platz, viel Gebäu.
Band 10 (X.), Seite 48r
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).