Wie gestern; es trübte sich. Im Burgtheater „Toni“, „Hans am Scheidewege“, im Kärntnertor-Theater „Margareta von Catanea“, im Theater an der Wien „Johanna von Motfaucon“ mit Gottdank. Früh Weinberechnung mit Tschernohlawek. Ging wegen Käsewasser auf die Kur-Glacis, fand niemand Bekannten. Ich schrieb nach Baden. Mittags mit Therese allein, nach Mittag mit ihr in den Garten. Es war sehr schön; die Reimannischen – welche wieder ihren jungen Hund verloren –, der Maler Bossi (?) und Ball kamen hinaus. Abends zu Reimann; zum Geburtstag des Vaters machte Evarist ein Transparent mit einem Vers voll Fehler. Ich ging ins Kärntnertor-Theater, gab der Kettel Rosen, sprach Kike. Fischer schickte mir einen schwarzen Abdruck von seiner „Spinnerin am Kreuz“.
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Pfingstsonntag. Warm, der Abend war sehr schön, still, angenehm. Im Kärntnertor-Theater Akademie für die Wohltätigkeit, Anschütz und die Weber deklamieren, die Eckerlin singt eine Arie aus „Donna del lago“ und auf Deutsch die Romanze des Pagen aus dem „Figaro“. Früh bekam Therese Plage von Winden, ließ Fechner rufen, hatte anhaltend Schmerzen und musste im Bett bleiben; dass Therese liegen muss, verstimmte mich ganz. Ich schrieb an den Grafen, dass Rossini bis 20. Juli bleibt, an Traubenberg wegen Anschlages von Reimanns Haus. Mit Reimann und Fitz (?) zur Waage speisen, dann zusammen in den Garten. Dorthin kamen Wohlfarth, die Mollnerischen, Fink, Seitz, Biedenfeld und Spitzeder. Alles unterhielt sich gut, Zank im Spiel bis zur Schlägerei. In der Akademie war leer; die Eckerlin sang die deutsche Romanze nicht gut. Therese fand ich gottlob viel besser.
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Pfingstmontag. Veränderlich. Im Burgtheater „Pagenstreiche“, im Kärntnertor-Theater „Alle fürchten sich“, „Margareta von Catanea“, im Theater an der Wien „Wilhelm Tell“. Therese ist besser, muss aber den Fechner im Bett erwarten, welcher ihr erlaubte, aufzustehen, doch muss sie im Zimmer bleiben. Wegen Käsewasser ging ich herum, sprach Kike, später bei Vladár. Sah den Bau des Josephstädter Theaters. War bei Wohlfarth, welche mit Mollner, die da speisen, ins Krapfenwaldl fahren. Mittags speisten Reimann, sie, die Kühnel, Stessel und Csiba da. Nach Mittag mit Csiba in den Garten, es kam die Schwarzer mit Fieglmüller, dann noch Schwiebek, geistlicher Erzieher von Fürstenberg, Aspelmayer, Ball etc. Nach 8 h ins Kärntnertor-Theater. Die Ball erzählte mir von den Misshandlungen des Chors, dass nun der Chor von der Wien den „Freischützen“ studiert, dass sie Probe von „Elisabeth“ hatten, welche morgen jedoch nicht ist.
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Ein schöner Tag. Im Burgtheater zum 1. Mal „Wunderschrank“, Lustspiel in 4 Akten von Holbein. Im Kärntnertor-Theater „Corradino“, im Theater an der Wien „Waise aus Genf“, mit der Neumann; Billett dem Reinl. Früh zu Hause, zu Jungmann, schickte ihn wegen Geld zu Vinzenz, wo ihm nächstens die Auszahlung seiner 12.000 fl. WW zugesichert wurde. Sprach Aigen, Kike, sah den Bau des Josephstädter Theaters, fand Treuhaus (?) und mehrere Herren. Mittags mit Dräxler, Jungmann, Csiba, nach Mittag mit Therese in den Garten. Reinl pflanzte russischen Tee, welchen die Ball brachte. Baron Löhr kam, blieb 2 Stunden, schien sich sehr zu unterhalten und schrieb sich sehr artig ein. Sonst waren wir außer Reimann und Fieglmüller allein. Es war ein Götter-Abend.
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Heiter, sehr warm. Schöner Mondabend, rundum türmten sich Gewitter auf. Im Burgtheater „Wunderschrank“, im Kärntnertor-Theater „Dorfsängerinnen“, statt der Lembert die Vio. Im Theater an der Wien „Barbier von Sevilla“ mit Forti und Rosner. Johann kam von Preßburg, mit Briefen vom Grafen und vielen Aufträgen; zum Sina, Kike. Schrieb an den Grafen, dass der Stadtchor an der Wien im „Freyschützen“ nicht singt. Neumann und Kridl speisten mit uns. Wohlfarth kam mit Mayerhofer und Ennöckl, Reimann, später Schwarz (?) mit Familie, die Litomirsky und Zeiller (?), alle unterhielten sich, alle erhielten Bouquets. Mit Pepi in die Stadt. Gestern starb im 63. Jahr Michael Fölsch am Harnblasenbrande. Friede seiner Asche !
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).