Ein schöner Tag. Te Deum in der Pfarrkirche auf dem Berg. Früh ging ich zum Fürsten, arbeitete, machte mich auf den Berg in die Kirche, um das Abfeuern der Kanonen zu sehen. Heute nehme ich zum ersten Mal Tannenöl. Der Regen war heftig und dauerte den ganzen Nachmittag und Abend. Dieses unangenehme Wetter verdarb den Spaß, welchen des Mericzsay Installation allen im Wald verschafft hätte. Die Zusammenkunft geschah im Schießstatt-Saal, und war bei anhaltendem Regen bei weitem nicht so zahlreich, wie sie im Walde gewesen wäre. Eine Stunde war ich auch da, fuhr hernach nach Hause, um mich zur Wiener Reise zu richten. Das Wetter machte mich ganz missmutig. Um 9 h lag ich im Bette und schlief mittelmäßig.
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Um ½ 5 h stund ich auf, um ½ 6 wurde mit Walther nach Wien gefahren. Wir fuhren mit der Post und kamen erst um ½ 11 an. Mein erster Gang war zu Würth wegen der 2 Bestecke, welche recht niedlich ausfielen und für welche ich 35 fl. bezahlte; dann zur Mama. Der Empfang war ziemlich freundlich, obwohl die Mama gleich ihre fatalen Launen blicken ließ. Therese war in der Probe und kam erst um ½ 1 h nach Hause. Nach Tische ging ich zum Gönner, liebreich nahm er mich auf, erzählte mir von seiner Abgabe der Geschäfte, dass die ganze Kommission sich getrennt und Fürst Starhemberg zurückgetreten sei und dass innerhalb von 3 Wochen ein sicherer Sequester sein werde; glänzende Aussichten für die Zukunft ! Meine muntere Laune schwand, ich wurde ernst und düster. Was wird noch mein Los sein ! Vom Gönner ging ich zur Mama, wo die Weidmann und Preindl waren. Um 7 h soupierte ich etwas, ging dann in die „Molinara“, blieb bis zur Arie der Therese. Nina saß neben mir und fragte immer um mein Wohlsein und warum ich so launisch wäre; ich konnte ihr den wahren Grund nicht sagen. Dann ging ich nach Hause und ins Bett.
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Kalt und windig. Ich schlief gut; um ½ 6 h kam Kutschersfeld; wir arbeiteten zusammen bis 7 h. Bis 9 h arbeitete ich allein, dann gingen wir zusammen in die Stadt, ich ins fürstliche Haus, zum Gönner, wo ich bis 11 h war. Hernach mit Stessel auf den Naschmarkt, wo wir Obst aßen. Endlich zum Speisen; nach Tische kam die Klob und brachte mir die seidenen Strümpfe, welche sie so gefällig war, mir zu stricken, womit sie mich angenehm überraschte und wofür ich ihr herzlich dankte. Sie blieb bis 6 h, dann kam Kutschersfeld und wir fuhren ins Wiedner Theater, wo man den travestierten „Aeneas“ gab, eine Farce, die Lachen erzeugt; Klimbke war auch von der Compagnie. Nach dem Theater wurde gleich nach Hause gefahren und ins Bett. Ich schlief gut und schwitzte nicht.
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Kalt und neblig. Von 6 bis 9 h arbeitete ich, dann ging ich zum Gönner, zu Brandl, wo ich die Martini (?) fand, mich freute, sie wieder zu sehen. Dann kaufte ich den travestierten „Hamlet“ und „Agnes Bernauer“, ging zur Mama, welche im Bette lag. Ihre Laune und das Fatale ihres Wesens hätten mich ganz umgestimmt, wenn ich nicht Theresen so innig liebte. Nach Tische besuchte ich Brandl wieder, ging mit ihm in den Keller vom Seitzerhof, welcher außerordentlich groß und in 2 Abteilungen bei 40.000 Eimer hält. Abends war ich im Hause, wo ich wegen der morgigen Abreise alles rangierte. Um 8 h war ich bei der Mama; konnte mit meiner Therese nur sehr wenig reden. Wir mussten am Bette sitzen und von gleichgültigen Dingen reden. Ich soupierte, ging auf einen Augenblick ins Kärntnertor-Theater, wo man „Johanna von Montfaucon“ gab; besuchte Mayer und Weidmann auf dem Theater, dann Stessel, wo wir von unserer Affäre sprachen. Um 9 h ging ich schlafen.
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Tag meiner Abreise, kalt und Regen. Der Schneider brachte mir den neuen Caput und 2 tücherne Beinkleider. Den Conto mit 20 fl. bezahlte ich und gab der Kimlin 20 fl. zum Holzeinkauf. Früh arbeitete ich, nach 7 h ging ich zum Gönner ins fürstliche Haus, dann zur Mama, welche mir für die Röckl eine niedliche Putzhaube mitgab. Den herzlichsten Abschied nahm ich von meiner lieben Therese; sie fuhr um 10 h in die Probe von der neuen Oper „Die drei Sultaninnen“ und ich mit Walther und Rhode nach Eisenstadt. Ich schied so hart von Theresen, denn ich liebe sie über alles. Ich war heute ganz missmutig; der Fürst ist so unerkenntlich gegen seine fleißigen Diener. Heute früh sagte der Fürst gegen Kutschersfeld bei Gelegenheit, als ich in Eisenstadt 540 fl. für ihn hätte beheben sollen: „Den Rosenbaum sehe ich in Eisenstadt gar nicht, ich weiß, dass er in Wien ist und immer mit Heiratsaffären umgeht.“ Wie falsch !; mich kränkt es. Erst um 2 h kamen wir in Wimpassing an, aßen da im Wirtshaus ziemlich mittelmäßig und kamen erst um 4 h nach Eisenstadt. Nach Mittag besuchte ich Röckl, welchem ich die Haube und Bücher für seine Frau zeigte, welches ihr besonders angenehm war. Beides brachte ich abends selbst. Bis 8 h arbeitete ich, dann soupierte ich bei meiner Mutter, plauderten zusammen und um 9 h war ich schon zu Hause, trollte mich gleich ins Bett, las aber noch ein Weilchen.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).