Palmsonntag, kalt, windig, noch befinde ich mich nicht wohl. Unsere Billetts für die Sozietäts-Akademie schickten wir an Kridl. Heute wird das patriotische Gedicht von Geramb mit Musik von Salieri gegeben. Früh schrieb ich an Engel und Kárner, schloss ihm das Inschlitt-Dekret ein und das gestrichene Gelegenheitsstück bei. Perinet kam, ich ging in Compagnie herum, hatte Verdruss, Ärger, bestimmte mich von allem loszureissen und nach überstandenem Sturm wieder ruhig zu leben. Mittags allein. Lissl kam und brachte mir ein Decret an Grafen, dem ich nach Tische schrieb. Meinem Bruder machte ich eine Bittschrift an den Fürsten Paul. Therese ist etwas besser, aber ich befinde mich noch nicht wohl, ich kann sagen, schlimmer noch wie gestern. Ich ließ Freund Eckhart rufen. Nach Mittag kamen Nina und Goldmann nach Haus. Es ist so ein düsterer Tag, so unangenehm mein Befinden ist, welches meinen Unmut noch vermehrt. Ich opfere mich für andere Menschen und habe gar keinen Dank. Um 4 h fuhr ich mit Therese und Goldmann in den Prater, Garten der Holzmeister und zu Reimann wegen Theresens Spiegel, der prächtig und bis zum Einrahmen fertig ist. Im Nachhause fahren begegnete ich Ringer mit Pölt, nahm sie zu mir, plauderte. Perinet kam auch, später Eckhart, der mir Pulver und Graswurzel-Extrakt verschrieb. So blieb ich den Abend zu Haus. Goldmann war mit uns. Um 10 h kam Mayer, der da schlief und erzählte, dass die Akademie äußerst missfiel. Im Bett hatte ich wieder Alteration.
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Kalt und windig. Früh kam Vadász, mit ihm und Goldmann fuhr [ich] Trompeten kaufen und zum Posamentierer und Brandmayer, dann zum Grafen, wo Reimann wegen Bett anschlug, und mit ihm verabredete, den Spiegel zwischen 4 und 5 h bringen zu lassen. Mittags waren Vadász, Mayer, Eckhart, Rosalie unsere Gäste, auch Seitz kam. Nach Tische zum Mikos, dann expedierte ich eine Estaffete an den Grafen, später mit Vadász zu Weidmann zur Probe. Hornung studierte mit der Neumann Resi das Solo mit der Girlande. Ich blieb zu Hause, erwartete Reimann, beschenkte die Jungen und Gesellen und ließ alles in Goldmanns Zimmer stellen. Nach Mittag und abends schneite es. Nach der Probe kamen Perinet, Frau, die Neumann, Goldmann und blieben den Abend bei uns und ich zu Haus. Abends lockte ich alle ins Schlafzimmer, indessen rangierte ich den Spiegel, die Stickereien von Polly, Halstuch und Haube, und 6 paar Schuhe mit seidenen Strümpfen, ließ illuminieren und überraschte so mein liebes Weib, die mein Alles ist. Nina kam, zu meinem Verdruss auch die Weigl Louise, die aber mit Nina fortging. Perinet schrieb während dem in Goldmanns Zimmer ein Gelegenheitsgedicht, das er absang, Neumann ihn akkompagnierte, voll guten Gedanken und recht herzlich war. Später kam auch Vadász, Mayer, da wurde es immer repetiert. Indessen las Perinet Gedichte und Verse von ihm, die uns angenehm unterhielten und viel Lachen machten. Wir blieben bis 11 h beisammen. Nina sküsierte sich von ihrer Gesellschaft und war auch bei uns. Therese hatte viel Freude mit allem; nur schade, dass uns beiden nicht ganz wohl war.
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Kalt, Schnee, windig. Meines besten Weibes Geburtsfest, heute zählt sie 32 Jahre. Möge sie die Vorsicht noch lange, lange erhalten; ihr Besitz ist mein höchstes Glück. Beim Erwachen küsste ich sie und äußerte meine meine innigsten Wünsche. Noch kaum erwacht, kam Gabrieli, gratulierte und brachte Therese einen artigen, grau atlassenen Hut. Sie, Nina, Goldmann, Mayer und Wilhelm Neumann frühstückten bei uns. Ich fuhr mit Wilhelm zu Brandmayer und in die Reiterkaserne, sonst war ich immer zu Hause und arbeitete. Im Burgtheater ist heute zum Vorteil der Theaterarmen eine Akademie „Sieben Worte des Heilands", worin Flamm, Therese, Saal und Ehlers singen. Inzwischen wird die Roose „Johannas Abschied von ihrer Heimat“ deklamieren, mit Musik von Reicha und akkompagniert von der Kirchgessner (?) auf der Harm[onika ?]. Therese hatte Probe und abends Produktion. Wir sind nicht wohl, ich fühle mich sehr matt und musste mich übergeben. Ich beschloss, den ganzen Tag zu Hause zu bleiben. Unter Mittag kam Goldmann nach Haus, auch Lissl. Ich schrieb, sie bemerkten mich nicht, da machte die naseweise Goldmann ihre Bemerkungen über den Spiegel, derart, dass ich alles wohlfeil bekam, etc. Mittags allein, nach Mittag Arbeiten, Eckhart besuchte mich. Abends arbeitete ich, war immer allein und rangierte meine Kassenbücher.
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Kalt, aber trocken. Früh zum Grafen, der von Preßburg kam, sich hier erkältete und mich um Quarin schickte. als ich zu ihm kam, schrie er schon vor Schmerzen, die mit jedem Augenblick zunahmen, dass die Gefahr schon am höchsten war. Den ganzen Tag lief und fuhr ich bald um Quarin, bald um Kleiner, der Chirurgus wich nicht von seinem Bette und alles war in Todesangst. Um 10 h noch holte ich Quarin. Die Kinder Louis, Vinzenz, Julie, Pepi etc. weinten schon an seinem Bette. Nach Mittag, als er einen Augenblick besser wurde, ging ich ins Rathaus und mit Therese wegen Inschlitt auf Eisenstadt in die Schmelz zu Peter, wo wir Kaffee tranken. Kleinheinz und Eckhart speisten bei uns.
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Gründonnerstag. Schnee und Regen. Früh und nach Mittag zum Grafen, der heute besser ist, mit Therese in die Leopoldstädter Kaserne. Mittags Therese allein, ich aß mit Stessel im Hotel garni. Nach Tisch schickte der Fürst zweimal den Giày wegen der Musik zu mir. Ich war heute von einer Menge Menschen so überhäuft, dass ich kaum Platz im Zimmer hatte. Nach Mittag war Probe bei Weidmann. Abends blieben Perinet, Frau; ich lasse ihr Kleid hier machen und schicke mit Rathmayer 2 Gardinenschneider mit Atlas und Samtbändern nach Eisenstadt. Therese war den ganzen Abend zu Haus.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).