Tauwetter. Große, mit Eis vermengte Schneelawinen fallen von den Dächern und machen das Gehen auf den Straßen gefährlich. Früh zum Grafen, ins Kärntnertor-Theater zur Generalprobe von „Aline“, die recht miserabel ging und einer ersten Theaterprobe glich. Einen Augenblick zu Richart, dann nach Haus. Therese kam aber von den Besuchen der Turnau und Rösler. Mittags allein, nach Tische arbeitete ich. Um 4 h mit Tischler Reimann zu Giày, um einen Pariser Tisch anzusehen, zugleich gab ich ihm den Pass auf Malaga und Champagner. Später besuchte ich Kárner und fuhr mit ihm ins Theater an der Wien. Zum 1. Mal „Ariodant“, Oper in 3 Akten nach Hoffmann, übersetzt von Seyfried, Musik von Méhul. Bei Kárner plauderte ich lange mit Günther (?) und Stessel. Erst um ½ 7 h fuhren wir hinaus. Es war sehr voll, der Hof war auch da. Ich fand Lang und einen Platz. Die Oper langweilte sehr und wurde ausgezischt. Der Aufwand an Garderobe ist groß, die 3 Dekorationen sind fleißig und mit Geschmack gemacht. Therese war den Abend nicht zu Haus, sie sang im Burgtheater in „Achille“. Als ich nach Haus kam, fand ich sie schon im Bette. Unter dem Essen brachte mir die Nannerl der Richart eine artige graue Haube, die mir sehr willkommen war und die ich gleich aufsetzte.
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Tauwetter. In allen Straßen schwimmt es, es ist sehr schlimm zu gehen. Den Nachmittag wie gestern, mittags allein. Theresen brachte der Portier der Cavriani ein von Nina gestricktes Kinderrockerl samt Haube. Nach Mittag arbeitete ich, Therese blieb den Nachmittag und Abend zu Haus. Nach Tisch kamen Salieri, Töpfer und Werlen, dem gab ich das Gespräch „Der gestörte Abschied“ von Collin, samt der Schlussrede zum Abschreiben mit. Später ging ich zu Schuhmann (?), Brandl, Richart, dann ins Kärntnertor-Theater, 3. Stock, „Aline, Königin von Golkonda", Oper in 3 Akten aus dem Französischen nach Vial und Favier von Treitschke, Dekor von Sacchetti und Platzer. Havermehl (?) trat als Zerermonienmeister Usbek auf, wurde aber seiner Unbedeutenheit wegen nicht einmal im Zettel angemerkt. Er kommt von Stuttgart. Nadastini brachte uns die kleine Pièce von Gewey, welche am Faschingdienstag bei Hofe gegeben wurde, ein Quodlibet. Havermehl sang im 1. Akt gleich anfangs eine Arie, mit der er ganz durchfiel und bei einer Passage totaliter ausgelacht wurde. Am meisten gefiel das Duett im 2. Akt von Vogl und der Laucher, welches Umlauf komponierte. Die Arie der Saal – neu, vom Weigl – während welcher sie ihren Unterrock verlor und vor dem Publikum auszog, machte nicht viel. Das Spektakel und die Schlussdekoration gefielen, die Musik nicht. Im Ganzen machte die Oper kein besonderes Glück. Ich traf Mussini und Lang, hinter mir waren Nic[colò ?]. Angiolini und Virginia (?), und seine Frau, die Fortunata, welche abgeschafft ist, und in ein paar Monaten, wenn sie von Gallet (?) gelernt hat, nach Florenz reisen wird. Salvatore Viganò reiste als Tänzer mit einer Scrittura von 1000 fl. auf 6 Wochen nach Mailand. Nach dem Theater gleich ins Bett. Bei Therese war den Abend die Gabrieli.
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Tauwetter, sehr ungesund. Den Nachmittag wie gewöhnlich. Therese ging wegen schlechtem Wetter nicht aus dem Zimmer. Ich brachte ihr von Richart einen Weichselkuchen. Vorher war ich in der Theaterkanzlei und bei Falk (?), wo ich für Therese für 12 fl. ein sehr schönes Tüchl con Petinet kaufte. Ich freue mich heute schon über ihre Freude. Mittags allein, nach Mittag arbeitete ich bis 6 h. Der Richart schickten wir 25 Ellen von unserer feinen Leinwand. Salieri und die Babett besuchten uns. Abends war ich mit Lang, Therese war den Abend allein. Ins Kärntnertor-Theater, zum 2. Mal „Aline“.
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Schlechtes Wetter. Den Nachmittag wie gewöhnlich. Mit Woller sprach ich in den Hofgängen. Sie erzählte mir, dass Moreau von Krieghammer einen Brief erhielt, worin sie schreibt, dass ihr Mann die Kathi bringen und sie bei ihr 4 Monate bleiben wird. Sie kann das Mädchen in keinem Fall zu sich nehmen. Therese ging nicht aus dem Zimmer, wegen dem schlimmen Gehen. Mittags war die Babett unser Gast. Nach Tische kam die Schmirer Jeanette und Werlen, ich arbeitete. Abends ins Kärntnertor-Theater „Erwine von Steinheim“. Lang fand ich im Parterre. Richart war mit Spuler im Theater. Ich ging vor ins Parterre noble und plauderte mit Kárner und Collin. Nach dem Theater gleich nach Haus. Therese war den Abend mit Gabrieli allein. Von Richart erhielt ich ein Uhrband.
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Franziska. In der Nacht fror es etwas. Früh begleitete mich Therese mit dem Finettl zum Grafen, es war sehr schlüpfrig zu gehen. Nach 11 h in die Theaterkanzlei, später zu Richart, wo durch ihre Nettl ich die Spuler nach Mittag auf einen Kaffee rufen ließ. Die Spuler überließ uns einen Fisch. Mittags allein, nach Tische arbeitete ich. Um 4 h kamen die Richart und Spuler. Für Fink schrieb ich ein paar Konten. Ich ging um 6 h mit Richart und Spuler. Letztere ging ins Kärntnertor-Theater „Aline“. Nach ½ 10 h kam ich nach Haus. Bei Therese war die Turnau.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).