Vormittag kalt. nach Mittag ließ das Wetter nach. Den Vormittag war ich auf der Hauptmaut, beim Grafen und Richart, wo ich Therese erwartete, die gleich kam und von der Richart mit Weichselkuchen bedient wurde. Flötist Mayer war unser Gast. Braun schickte uns 4 Billetts in die Redoute, wovon ich 2 der Nigst, 1 der Lavotta und 1 für mich behielt. Therese trug selbst den Kohl'schen unser Billett hin, die darüber höchlich erfreut waren. Der Sepherl gab Therese 1 fl. Faschinggeld. Nach Mittags kam Salieri, die Uhrmacherin. Therese blieb den Abend zu Hause. Ich ging in die Theaterkanzlei, um zu erfahren, was heute bei der allgemeinen Zusammenberufung der deutschen Schauspieler bei Braun vorgenommen und bestimmt wurde. Später ins Burgtheater „Dorfbarbier“ und Pas de deux mit DeCaro, bei Lang wurde soupiert, dann in die Redoute. Der „Dorfbarbier“ wurde wie sonst, aber doch wohl mit mehr Possen gespielt, wurde applaudiert, als ob er zum ersten Mal wäre. Vogovics war im Parterre, mit dieser hatte ich wegen heutigem Souper meinen Spaß. In der Redoute waren 4997 Menschen, ohne die nefas (?) mitzunehmen. Ich unterhielt mich mit der Huber und Anhang, kam mit der Baronesse Bolsa (?) zusammen, welche jetzt am Judenplatz No. 444, 1. Stock wohnt. Blieb bis ½ 4 h. Es war eine ausgezeichnet schöne Redoute, gewählte, nur niedliche Masken, nur zu voll; es war ein wahres Schwitzbad. Ich triefte am ganzen Leibe, dies verbitterte mir meine Unterhaltung. Ich bekam nebst Devisen und anderen Kleinigkeiten auch ein ganz kleines, niedliches Blumenbouquet zu Geschenk.
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Schnee, Regen, sehr morastig. Den Vormittag wie gestern. Eckhart war unser Gast. Um 3 h fuhr Therese mit Schwandner (?) zur Probe nach Schönbrunn. Ich ging zu Bolsa (?), blieb eine Stunde, dann zu Lang und ins Burgtheater „Tag der Erlösung“. Brockmann spielt heute nach seinem Podagra wieder zum 1. Mal. Im Kärntnertor-Theater „Der gutherziger Alter“ und „Ariadne und Bacchus“. Ich war im Burgtheater im Parterre, plauderte mit Spuler und Frau, mit Scheiger. Das Stück wurde gut gegeben, nur Roose als Fürst fehlte aller Anstand. Er spazierte herum in voller Galanterie, ohne alle Würde. Therese fand ich schon zu Haus. Schwandner war sehr artig, sie unterhielt sich gut. Die Kaiserin war nicht dabei. Frühmann hatte mit den Buben – den 12 Himmelszeichen – viel Fatalität.
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Von 12 bis 2 h Sonnenfinsternis. Kotig. Früh zum Grafen, Schaidegger und Lang. Mit dem Mayer plauderte ich von der Zusammenberufung der deutschen Schauspieler bei Braun am Donnerstag. Er teilte sie in 3 Klassen; die in der 1. Klasse erhalten für jedesmal Spielen 2 fl, die in der 2. Klasse 1 fl., jene der 3. Klasse, worin die begriffen, die noch nicht 3 Jahre sind beim Hoftheater, erhalten gar nichts, und werden dieser Wohltat erst nach 3 Jahren teilhaftig. Die 8 Inspizienten wählen unter sich jährlich einen Repräsentanten, der in Brauns Abwesenheit dessen Person vertritt. Dieser wird jährlich aus ihrem Mittel entweder bestätigt, oder ein neuer gewählt. Wer immer ein Stück, das angenommen werden kann, vorschlägt, erhält für ein großes – sei es auch schon gedruckt – 40 fl., ein mittleres 30 fl., ein kleines 20 fl. Douceur. Nach Annahme des schlechtesten Jahres seit 10 Jahren, was die Schauspiele eintrugen, wird den Inspizienten für das Plus des künftigen Jahres als Belohnung und Aufmunterung 10% versichert. Zu vielen Parteilichkeiten, Zänkereien, Ungerechtigkeiten und schlechtem Memorieren wird alles dieses der Keim sei, denn die Kunst geht gewiss nach Brot. Ich erwarte nichts Gutes. Joseph Sonnleithner wird anstatt Schreyvogel als Sekretär – man sagt auch Regisseur der deutschen Oper – mit 4000 fl. vorgestellt. Mittags allein. Therese fuhr um 3 h mit Schwandner, Dufour und dem jungen Pfersmann nach Schönbrunn zur Generalprobe vom „Götter-Picknick“, und kam erst um 9 h zurück. Nach dem 1. Akt wurden die Damen mit Kaffee, die Herren mit Bier und Wein bedient. Ich war am Nachmittag mit Minetti (?) bei Bolsa (?), der er Lektion geben wird, bei Ludwig um eine Brieftasche und abends im Burgtheater „Advokaten“. Nach dem Theater ins Bett.
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Faschingsonntag. Produktion des „Götter-Piquenique", in Schönbrunn; Farce in 2 Akten von Gewey, Musik von Wranitzky, Ballett von Frühmann, Dekorationen von Platzer. Früh zum Grafen, ins Leopoldstädter Theater, mit Lang zum Hensler wegen Sitz, wo von Brauns Kauf des Theaters an der Wien, welcher Freitags mit Bartholomäus Zitterbarth für 901.500 fl. (?) abgeschlossen worden sein soll, gesprochen wurde. Ich bedaure alle Gesellschafter und das Publikum. Braun wird mit den 3 Theatern ein Monopolium treiben und das Publikum schlecht bedienen. Von den Bedingungen weiß man nichts. Mittags mit Lang, ich unterhielt mich sehr angenehm. Um 3 h holten uns Dufour mit Hohenadel ab und wir fuhren nach Schönbrunn. Es regnete sehr stark. Therese ging gleich in die Garderobe und fing gleich an sich anzukleiden. Ich blieb meistens auf dem Theater, plauderte mit Dufour, Stuwer, Weidmann, Eberl etc. Therese machte mich mit einigen Hoffräulein bekannt. Um ¼ auf 7 h kam der Hof an und das Spektakel begann. Ich sah es im Parterre, fand da Rucker (?), Platzer, Collet, machte Görög, Dr. Stifft unsere Verbeugung. Das Stück hat viel Witz, der Gedanke mit den tanzenden 12 Himmelszeichen, der Einzug des Faschings, die Galoppade von Masken und zum Schluss auch der Götter war sehr artig. Die Huber als Juno, Hahnel (?) als Iris gefielen, Weidmann als Chronos (?) exzellierte gar nicht. Nach dem Schauspiel war ein sehr wohl besetztes Souper, Schwandner nahm mich selbst mit zur Tafel; ich aß nichts, Therese, die müde und bei Appetit war, ließ sich’s trefflich schmecken. Wir aßen mit Schwandner, Kammerdiener Schmidmayer (?), Huber, Bruder, St. Martin (?), Wisenthal (?) etc. Um 11 h fuhren wir in die Stadt. Der Regen verwandelte sich in einen anhaltenden Schnee. Therese und ich plauderten von der wirklich gelungenen Aufführung, dem schönen, wirklich kaiserlichen Theater, dem Aufwand der Garderobe, und doch alles schlecht gemacht, weil Pfersmann die Hand im Spiel hatte, auf den alles gar jämmerlich schimpfte.
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Außerordentlicher Schnee. Zitterbarth widmet die heutige und morgige Einnahme, als die letzten 2 Tage seiner Enterprise zum Besten der neuen Wohltätigkeits- und Versorgungsanstalten. Heute die „Zwei Füchse“. Er redet groß, mit Wohltaten, der Zufriedenheit des Publikums, der Achtung und Anhänglichkeit der Gesellschaft. Den Vormittag beim Grafen und Richart, mittags allein. Nach Tische zu Haus, abends ins Kärntnertor-Theater „Singspiel“, dann neues Divertissement von Gallet „Die verliebten Torheiten“, worin die letzte und kleinste DeCaro nicht gefiel. Spuler und Richart waren im Theater. Dann auf die Mehlgrube, wo soupiert und bis 12 h geblieben wurde, Therese war mit Nina und Hocheder in der Redoute. Die Kaiserin mit noch 12 anderen Köchinnen ließen durch Galanterie im großen Saal Tafeln aufschlagen und servierten das Publikum mit Speisen und Refriskaden. Therese kam um 1 h nach Haus.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).