Ein schöner Tag. Vor Mittag arbeitete ich, Therese ging um 11 h zur Ascher, Korntheuer begleitete sie, ich um 1 h. Heute speisten wir unter dem angekauften Zelt. Nach Tisch kam die 70jährige Fräule Rettenberg (?), mit der wir unsere Lazzi machten. Ich ging um 7 h über die Bastei ins Burgtheater, „Johanna von Montfaucon“. Der kleine Lippert spielte den Sohn. Krieghammer, Kölbinger und Bernard (?) waren da. Nach dem 2. Akt begaben wir uns in das LeopoldstädterTheater, zum 1. Mal „Jugendfehler“, Lustspiel in 4 Akten von Georg Meister, und nahmen auch dieses Stück in Protektion. Auf der Wieden sang heute zum 1. Mal Mlle. Müller in der „Insel der Liebe“ von Martini (?), übersetzt von Stegmayer. Soll gefallen haben; sie sprach am Ende nichts, durch einen Strom von Tränen sollen ihre Worte erstickt worden sein. Nach dem Theater ging ich gleich nach Haus. Therese studierte ihren Part.
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Trübe, auch etwas Regen. Therese hatte Probe von „Caverne", vorher zum Sattler und in die Leopoldstadt. Der Sepherl ihr jüngerer Bruder musste sich heute zur Konskription stellen. In einer Angst, die man nur sehen musste, kam sie ins Zimmer, dies zu erzählen. Ich schrieb an Gestbauer (?) und trug den Brief selbst auf Rathaus zum Kommissionszimmer, und er wurde frei. Mit Liebisch war ich beim Riemer. Wir holten das Geschirr ab und spannten seinen Schimmel gleich ein. Bridgetower, Geiger beim Kronprinzen von England, war unser Gast. Nach Tische kam Nina, Korntheuer. Ich arbeitete bis 7 h, begab mich dann ins Burgtheater „Fassbinder“, nachher ins Kärntnertor-Theater „Hussiten“. Im Burgtheater plauderte ich mit Pauer und versprach ihm Slivovitza. Dem Strack gab ich die Loge, worin auch Korntheuer war, welchem ich einen Besuch machte. Im Parterre kam ich mit dem in die Josephstadt engagierten Schuster zusammen, meinem Schulkameraden, und mit Scheiger. Mit Korntheuer soupierte ich beim Kramer. Therese studierte zu Haus, dann ging sie ins Kärntnertor-Theater, um mit Koch zu reden.
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Früh hatte Therese Probe von „Caverne". Korntheuer besuchte mich, wir sprachen lange allein und viel Herzliches; er ist ein guter, achtungswürdiger Mensch. Seine Bekanntschaft ist mir sehr angenehm und wert. Vormittag arbeitete ich, war bei Toth, mittags allein. Nach Mittag kam Salieri, die Töpfer Babett, Goldmann, Moreau und Korntheuer. Um 7 h ging ich ins Kärntnertor-Theater, auf italienisch „Barbiere di Siviglia“ von Paisiello, aufgewärmt. Brocchi als Bartolo, Brizzi als Almaviva, und Vogl als Figaro, dann Tomeoni als Susanna; wie kann das gefallen ? Es gefiel nicht und war wirklich leer. Um ½ 9 h ging ich in die Probe vom „Tag der Erlösung“. Holzinger und Meister blieben weg und so konnte auch nicht probiert werden. Zum Kramer soupieren, da hatte ich wegen Aufhängung eines Bogens im Saal mit Bondy und dem Schuft Zrust einen Disput, beide zeigten sich als grob und bübisch. Ich hatte in dem Augenblick eine seltene Mäßigung, um nicht mit dem gleichen Masse zu bezahlen. Korntheuer handelte als Mann von Bildung und als mein Freund; dieser Zug attachierte mich sehr an ihn. Therese studierte den ganzen Abend an dem so schweren als undankbaren Part.
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Ziegler schickte uns seine volle Uniform für morgen. Um 9 h besuchte ich Kárner, später kam Koch und nach ihm Korntheuer. Letzterer schenkte dem Koch eine ganz artige Tabakspfeife. Koch durchging mit mir und Therese die Rollen. Therese hatte um 11 h Probe von der „Caverne“. Ich ging nach St. Anna, traf die Woller und bekam ein sehr niedliches Piquet-Gilet zum Präsent. Dieses so ganz unvermutete Geschenk bereitete mir eine äußerst angenehme Überraschung. Ich schickte sie gleich zum Schneider. Ich ließ mir die Haare schneiden und durch Steinhauser (?) frisieren, dem ich nachher eine Bittschrift um Empfehlung an den Grafen machte. Mittags allein. Nach Tisch ging ich zu Kárner und später zu Brandl, wo ich Martini und Lienhart (?) traf. Um 8 h ins Burgtheater zu „Indianer in England“. Ich kam zu August Lipperts Szene, die er recht brav spielte und sehr applaudiert wurde. Leifer spielte die Gurli, sie ist dafür viel zu alt. Die Koberwein spielte die Liddi recht brav, hatte aber den unseligen Gedanken zu singen und Pianoforte zu spielen, und wäre beinahe ausgepfiffen worden. Vermög der Rolle sollte sie nur Pianoforte spielen, aber nicht singen. Vor 9 h ging ich zur Probe vom „Tag der Erlösung“, sie fiel äußerst mittelmäßig aus. Nachher zum Kramer soupieren. Therese studierte zu Haus.
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Trübe, mitunter Regen. Aufführung von „Tag der Erlösung", Schauspiel in 4 Akten von Ziegler in Liesing. Um 9 h war stückweise Probe; sie hatte gar keine Rundung, ging nicht gut zusammen. Ich weiß meine kleine Rolle gut, kann mir aber meine Schlagwörtwr nicht merken. Wenn es abends nicht besser ausfällt, so wirds ein Abend der Schande. Mittags waren wir allein. Nach Tische kam die Schmirer Jeanette, Korntheuer, mein Bruder, Goldmann, Holzinger, Frau, die Bernard (?) und Lechner. Um 5 h fuhren wir in 2 Wägen hinaus, es regnete beständig. Wilhelm und der kleine Krickel stunden auf. In der Garderobe gab es einen Sturm: der Bogen, wegen welchem der Zwist am Freitag war, wurde nicht aufgehangen. Korntheuer gab mir am Freitag sein Ehrenwort, nicht den Gefangenen zu spielen, wenn der Bogen nicht hänge, welches Aufhängen bloß aus Büberei unterblieb. Zu meiner Satisfaktion soll Korntheuer nicht spielen. Nun war eine allgemeine Verlegenheit, alles von den Weibern hing an mir, um mich zu bereden. Es war vergebens, mich wurmte diese Beleidigung zu sehr. Endlich kam Bondi selbst, stimmte um, und ich vergab und vergaß. Um 7 h begann das Schauspiel:Herzog: meine Wenigkeit;Karl May, Hauptmann: Herr Zrust;Freiherr von Armenhold: Herr Holzinger;Agnes, seine Frau: Mlle. Lechner;Major Krause, Festungskommandant: Herr Kölbinger; Johanne, seine Frau: Mlle. Töpfer;Ernst, Armenholds Inspektor: Hr. Meister d. Ä.; Ein Gefangener: Herr Korntheuer;Heinrich, Armenholds Diener: Herr Poltoni;Adjutant, Offiziere etc.: die Herren Scheiber, Krickel d. Ä und d. J.; Meister, Rosenbaum d. J. Es gefiel recht sehr, besonders machten Korntheuer und Poltoni Furore. Ich trug mit dem Wenigen, was ich hatte, nach allen Kräften mein Scherflein bei, und es gelang mir zur vollen Beruhigung. Nach dem Theater ging ich gleich in die Ruhe.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).