Strenge Kälte, ganz gefroren. Früh zum Grafen, Therese blieb zu Hause, Eckhart speiste mit uns. Nach Tische ging ich zur Kühnel, brachte ihr für heute den Logenzettel in Kärntnertor-Theater, dann nach Hause. Fand Salieri und Goldmann, welcher Braun 150 fl. Garderobegeld auf Georgi zusagte. Ersterem sagte ich verschiedene Bemerkungen zur gestrigen Produktion, welche er sich notierte, und die er abzuändern versuchen wird. Therese ging en visite zur Woller, dann ins Kärntnertor-Theater. Ich blieb bis 7 h zu Hause, dann ins Kärntnertor-Theater in die Loge zur Kühnel. „Emilia Galotti“, Mad. Bullas 2. Debutrolle als Gräfin Orsina. Sie spielte manches sehr brav, gefiel, wurde aber nicht vorgerufen. Die Hruschka als Emilia missfiel, und das mit Recht. Therese holte ich auf dem Theater ab, dann nach Haus.
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Tauwetter, abends Regen. 3. Aufführung der „Palmira" an der Wien. Früh besorgte ich mir eine Loge im Theater an der Wien für die Ascher und uns. Dann zum Grafen, mittags allein. Nach Mittag kam die teure Handelsfrau, von welcher wir 9 Stück Sacktücher von Percal (?) mit roten Randeln für 15 fl. kauften. Therese studierte den ganzen Tag an der Elvira im „Don Juan“, ich arbeitete. Um ½ 6 h gingen wir ins Theater und erwarteten in der Loge die Ascher. Es regnete und war sehr schmutzig zum Gehen, trotzdem wurde es unmenschlich voll. Die Aufführung war wieder ganz pompös; schade, dass Schikaneder die schöne Arie mit den Wahrsagern im 2. Akt wegließ.
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Sehr kotig, Tauwetter. Früh zum Grafen, um 12 h zum Kárner. Bei Kühnel speiste ich, welchen ich nach Mittag über Josephs- und Burgplatz auf die Bastei führte. Beim Stubentor gingen wir herab, zum Roten Turm, in das neue Mayerische Kaffeehaus an der Schlagbrücke. Glaubten, der Eisstoß würde sich heben, welches sich viele Menschen erwarteten. Dann ins Kärntnertor-Theater „Mädchen von Marienburg“, Schauspiel in 6 Akten von Kratter, Mlle. Sophie Bulla als Chatinka, erste Gastrolle. Sie ist eine gute Schauspielerin, eine hübsche, gut gewachsene Blondine und gefiel sehr. Mit einstimmigem Beifall wurse sie vorgerufen, Lang führte sie dem Publikum auf. Schüchtern trat sie vor und sprach: „Fürchtend und zagend betrat ich diesen Tempel Thaliens. Diese glückliche Aufnahme, dieses gnädige Wohlwollen und unverdiente Beifall begleiten mich auf meiner ferneren Bahn“. Ich suchte Therese vergebens auf dem Theater. Sie speiste bei der Uhrmacherin und blieb den Abend da. Nach dem Theater ins Bett.
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Norma. Trauer wegen Leopolds Tod. Alle Theater geschlossen. Vor Mittag beim Grafen, dann ins Kärntnertor-Theater, Probe von den „Hussiten vor Naumburg“. Ging nicht zusammen und soll schon als eine Generalprobe gelten. Braun war da. Ich holte Geld in der Kassa und trug die 35 fl. zum Braun. Umlauf war unser Gast. Nach Mittag kamen Schouppe und Watzal (?) und probierten Romanze und Duett aus dem „Armand“ von Cherubini. Ich arbeitete. Um 7 h gingen Therese und ich zur Beridez Therese, Kárner, Kühnel und später auch Baron Karabinsky (?) waren da und spielten Casino, wovon ich gar keinen Begriff habe. Ich schlief und unterhielt mich mit den Kindern, und so verstrich der Abend. Nach 10 h ins Bett. Ich befinde mich noch gar nicht wohl, bin matt, habe außerordentlichen Schnupfen und Husten.
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Den ganzen Tag Regen. Therese ging vor Mittag zum Putz und brachte ihm die zweiten 100 fl, wofür sie unsere Obligation zurück erhielt. Ich war beim Grafen, Roggendorf und Kárner. Der Schauspieler Bernardi war mittags bei uns. Er blies uns auf seiner Flöte so schön, dass er uns ganz dahinriss. Besonders selten und bewunderungswürdig ist sein Piano. Kiepach und Goldmann waren Zeugen seines angenehmen Spiels. Therese blieb den Abend allein zu Haus, ich ging ins Kärntnertor-Theater „Bruderzwist“, Mlle. Bullas 2. Gastrolle als Lottchen, Philipp Bernardi, Franz Krüger, Schuster Korn, Graf Sonnenstern, Moreau, Doktor Ziegler, Cytborn Frankstein, Anna, seine Frau Griesgram Schütz. Sie spielte mit Wahrheit und vieler Empfindung, rührte, gefiel sehr und wurde mit großem Lärm vorgerufen und sagte: „Wenn ich eine Wohlrednerin wäre, so würde ich für diese außerordentliche Gnade in zierlichen Worten danken, so aber fühle ich und danke“. Ziegler kündigte für morgen die „Hussiten“ an, welches mit Klatschen aufgenommen wurde.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).