Nachts 1 h war ein fürchterlicher Feuerlärm; bei St. Stephan wurde ohne Aussetzen angeschlagen. Ich weckte Kiepach, wir eilten an die Donau. Unter der Rasumofsky-Brücke sahen wir 3 von der größten Gattung der mit Früchten beladenen Schiffe brennen. Die Schiffe sollen dem Fellner, die Schiffe dem Zöhrer von Preßburg angehört haben. Beim Mondschein, der sich manchmal in Wolken hüllte, war dies ein prächtig gräuliches Schauspiel. Ein Schiff ließ sich selbst los und schwamm bis auf die Gänsweide, wo es auf der Praterseite auf einem Sandhaufen stehen blieb und fortbrannte. Es ist kaum zu glauben, dass trotz der vielen guten Anstalten doch die Böden der Schiffe ausbrannten. Wir blieben bis ½ 4 h, es war ein prächtiger Morgen. Umlauf, Eichenfeld, Neumann, welche wir ganz einsam stehend auf der Gänsweide dem brennenden Schiffe gegenüber fanden, gesellte sich zu uns und wir gingen auf der Praterseite nach Hause. Ich legte mich und schlief bis 9 h. Mit uns speiste die Agnes. Therese hatte Probe von „Adelaide“ wegen Mlle. Schmalz (?), besuchte aber vorher die Chatrin und lud sie abends in die Loge zum „Opferfest“. Nach Mittag war Therese mit der Scheiger und Agnes bei der Maurer auf Kaffee. Dorten wohnt die Babett Eberl, eine Jugendfreundin von mir, die ich in Eisenstadt kennen lernte; mit derselben machte sie Bekanntschaft. Massburg begleitete mich ins Kärntnertor-Theater. Wir begegneten Caché (?), engagiert an der Wien; ich umarmte meine Jugendbekanntschaft, nahm ihn mit in die Loge, wo wir zusammen anhaltend schwätzten. Vom armen Axmann (?), der kreuzlahm in Baden, erzählte er mir viel Trauriges. Ich gab ihm für selben 5 fl.. Die Chatrin kam mit 3 Frauenzimmern, die ich alle samt Caché mit Gefrorenem bediente, Therese, Nina und Rosalie schickte ich welches durch. Ich war sehr galant und dies freute mein liebes Weib. Die Chatrin führten Kiepach und ich nach Hause, dann taten wir ein Gleiches.
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Schwül und außerordentlicher Staub. Früh holte ich mich selbst aus, was heute zu tun ist. Ich begann mit einem Gang in die Geroldische Buchhandlung um den „Regulus“, dann ins Bureau. Therese hatte Probe von „Adelaide“, Schuppanzigh besuchte sie und bat sie, am Sonnabend im Augarten zu singen. Mittags hatten wir fidele Gesellschaft, Kridl, Röhrich und Wagner speisten mit Kiepach bei uns. Nach Tisch kamen Salieri, Moreau solo (?) und Eckhart; wir unterhielten uns vortrefflich. Später kamen Rösner, Frau, Moreau, Massburg, die blieben den Abend da. Therese mit Kiepach, Moreau und Massburg machten eine kleine Promenade auf der Bastei um die Stadt herum. Um 10 h ins Bett.
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Fronleichnamstag. Windig und unerträglicher Staub. Um 6 h weckte ich Kiepach, um 7 h schlichen wir in der Stadt herum, um den Umgang zu sehen; ich sah ihn Anfangs der Dorotheergasse. Um 10 h gingen wir nach Hause, fanden die Rottruff mit einer Freundin, Caché besuchte mich, Moreau, Massburg. Wir blieben zu Hause bis 12 h, dann auf den Graben, um die Salven von Kerpen Grenadiers zu hören. Die 1. und 3. wurden vortrefflich gefeuert, die 2. glich einem Lauffeuer. Eckhart und Tischler Nany speisten bei uns. Nach Tische forderte ich Scheiger auf einige Partien Billard auf, die wir beim Ducati (?) spielten; vollkommen wurde ich sein Meister. Therese hatte Kopfweh und blieb den ganzen Tag zu Hause. Moreau und ich sahen in dem Haustheater am Rennweg ein Schauspiel von Georg Meister in 3 Akten „Seelenadel“, Stück und Aufführung waren alles, was man erwarten konnte. Bei dem kleinen Raum verursachte die Menge der Menschen außerordentliche Hitze. Um 8 h war es zu unserem Besten geendet. Beim letzten Akt kamen die Gabrieli und Haibel (?), welche wir begleiteten und eine Stunde blieben. Wir plauderten von unserem Privattheater. Ich unterhielt mich sehr gerne von meinen Jünglingsjahren.
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Trüb. Einige Male fing es zu regnen an, doch hielt es nicht aus. Früh ins Bureau und Therese in die Probe von „Adelaide“. Schuppanzigh und Umlauf speisten bei uns. Nach Tische wurden die Arien probiert, welche Therese im Augarten singen wird. Nach Mittag brachte ich Platzer Slivovitza und Tokajer ins Laboratorium. Abends 7 h gingen Kiepach und ich zum Lackierer wegen Tischplatte, dann in die Roßau in Scheiners Garten, wohin Therese nach der Probe – bei der Seyfried akkompagnierte – mit den Benkóischen fuhr. Wir blieben bis 9 h, dann im stärksten Wind und Staub nach Hause.
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Trübe, früh etwas Regen. Drittes Augarten-Konzert. Therese sang eine Arie und Rondeau aus „Cleopatra“ von Cimarosa. Wegen übler Witterung war die Gesellschaft klein. Kiepach und der junge Schouppe fuhren mit uns. Nach der Akademie fuhr Therese gleich ins Kärntnertor-Theater in die Probe von „Adelaide“. Bei den Barmherzigen brach ihr das Rad vom Wagen. Bei dieser Gelegenheit verlor sie die artige Leier, welche sie von der Willmann hatte. Ich ging mit Wokurka, dem ich heute die Quartette aus der „Schöpfung“ und die Duette von Tomasini gab, und Wolfsmayer zu den Batthyányschen Schiffen, wo wir uns mit der Camera Obscura unterhielten, dann durch den Prater nach Hause gingen. Ich fand die Ascher, welche ich in die Probe führte, um die Schmalz singen zu hören. Therese fuhr mit der Ascher speisen und blieb den Nachmittag da. Ich arbeitete nach Mittag, ging zu Rahl und bekam die ersten 12 Abdrucke von Theresens Bild, aber ohne Schrift. Ich zeigte es Kiepach, Moreau, Schmid, Umlauf, alle fanden es vortrefflich und sehr ähnlich. Abends ins Burgtheater „Regulus“ von Collin, Mad. Krüger als Attilia. Sie gefiel nicht allgemein, sagte manches falsch, machte Bilder und legte Nachdruck auf einzelne Worte, wodurch das Ganze verlorenging. Im Ganzen dachte sie der Rolle nach. Sie wurde vorgerufen und dankte in den gewöhnlichen Ausdrücken ab. In der Session waren Koch, Moreau, Kiepach, Massburg, Schmid und Schwabée, Therese holte Sepherl ab.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).