Den ganzen Tag, außer ein paar Stunden im Bureau, zu Hause und gearbeitet. Die Witterung war stürmisch, mitunter Regen. Mit uns speiste mein Bruder und Eckhart. Moreau, Mayer besuchten uns, wo wir eine Musik im Augarten verabredeten. Abends ins Burgtheater „Achille“. Therese hatte heute ihr neues, eigens zugerichtetes Kleid, welches sehr gut aussah. Nach der Oper war ich mit Moreau, Kiepach und Schmid in der Session.
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Ein schöner, angenehmer Tag. Früh 8 h gingen wir zur Rottruff, fanden niemanden zu Hause. Erwarteten Moreau, dann ging’s zum Maler Jakoba beim Fasan, dann in die Porzellanfabrik. Hinter dem Krankenhaus sahen wir im Garten Wahnsinnige, die uns anbettelten und Numeros gaben, die ich nachher im Lotto setzte. Einer gab sich für einen Kommandierenden, und seine Compagnons für Türken, Schweden und Moskowiter aus. In der Fabrik zahlte ich den Service der Rotter, unsere weißen Schalen und bestellte für Krieghammer eine lila Schale mit Namen und Devise. Mittags aßen wir allein, nach Mittag arbeitete ich. Die Etzelt Lise und Kiepach kamen. Therese hatte solche Kopfschmerzen, dass sie sich um 5 h legen und übergeben musste. Lise, Kiepach und ich unterhielten uns mit des Blumauer Änaeis. Später kam die Gabrieli, welche wir nach 8 h nach Hause begleiteten. In der Retour machten wir eine Promenade über die Bastei, ich in die Session. Kiepach begleitete Elisen und kam nach.
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Trübe und windig. Therese führte ich nach 8 h zur Hackel ins Bad. Ich unterhielt mich [mit] Lesen, am Ende schwätzte ich mit der Hackel, meistens von Blumauer. Sie versicherte mich, Blumauer habe den 4. Band seiner „Aenaeis“ nicht geliefert, nicht einmal angefangen. Um 11 h gingen wir nach Hause. Ich und Therese, welche sich nach dem Bade wohl befindet, arbeiteten. Die Rottruff besuchte und Moreau speiste mit uns. Nach Mittag arbeitete ich ein paar Stunden, dann spielte ich mit Kiepach im neuen Kaffeehaus in der Gasse Billard. Therese wurde von der Bohdanovicz Nanett abgeholt, sie zu besuchen. Schmid kam, ich engagierte ihn, mich zu begleiten, Therese abzuholen. Der Abend war angenehm, wir blieben da eine Stunde und unterhielten uns mit Musik. Für Therese führten sie „Das Kind der Liebe“ auf. Im Nachhause gehen machten wir eine Promenade über die Bastei und gleich ins Bett.
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Ein angenehmer Tag. Erstes Augarten-Konzert. Therese, die Etzelt und Kiepach gingen hinaus. Die Gley sang, Nach der Polacca ging Therese mit Kiepach in die Stadt, weil sie Probe vom „Opferfest“ hatte. Koch, Stegmayer und Frankstein aßen im Garten Karbonaden; mit letzterem hatten wir einen Spaß: wir ließen ihm nichts, weil er weglief. Während diesem erquickenden Déjeuner ward ein erschütternder Schuss, der uns etwas Ungewöhnliches vermuten ließ. Wir hörten, dass der Magazineur auf der Türkenschanze in dem seiner Wohnung angebauten Stall mit Pulver – wahrscheinlich von Artilleriepatronen, welche er von Zeit zu Zeit aus dem Magazin stahl und dann verkaufte – welches in einem Fass war, manipulierte. Dies Pulverfass hat sich unglücklicherweise entzunden und sprengte den Magazineur samt dem mittleren Teil des Gebäudes, woran das Wachhaus angebaut war, in die Luft, zerriss ihn und zerschmetterte das Gebäude in tausend Stücke, tötete 5 Mann von der Wache und blessierte 5 so gefährlich, dass einer auf dem Weg ins Spital schon verschied. Mit uns speiste Schmid, mit welchem ich nach Mittag einige Partien im neuen Kaffeehause spielte. Kiepach, jungen Schouppe und Werlen führte ich in die Loge im Kärntnertor-Theater, „Achille“; Therese sang allerliebst. Ich schickte ihr durch Kiepach auf’s Theater Gefrorenes, ich bediente auch meine Gesellschaft mit selbem. Nach der Oper gleich ins Bett.
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Früh zum Quarin, in Bureau, dann mit Wokurka und Dauer (?) Fahrt auf die Türkenschanze. Ich fuhr gerade um 10 h – die nämliche Stunde, in welcher gestern das Unglück geschah – vor Mittag mit Tauner (?) und Wokurka hinaus, um den Gräuel der Verwüstung zu sehen. Die Wachen kampieren unter freiem Himmel, sind doppelt aufgestellt und lassen auf 200 Schritt im Umkreis niemand in die Nähe. Noch graben die Soldaten die Gewehre aus, die verschüttet sind. In der ganzen Gegend liegen Teile des Körpers vom Magazineur. Ich selbst sah einen Teil seiner Gedärme, seinen Hodensack, und gestreute Steine, Ziegel und ganze Bäume vom Dachstuhl. Das Dach des großen Magazins wurde auch beschädigt. Weib und Kinder des Magazineurs waren zum Glück im nahen Gärtchen, die räumten, was sie retten konnten und jammern, nun verwaist. Die Offiziers, deren ich mehrere sah, haben ein artiges Zelt aufgeschlagen. Ein Stück der Magazineurswohnung und des Wachzimmers, worin die Ärmsten gerade bei ihrem kurzem Mahle saßen und alle getötet wurden, steht noch, aber auch verwüstet. Im Rückwege – die Aussicht über Wien und das Gebirge ist göttlich schön und mannigfaltig – pflückten Wokurka und ich Kornblumen, welche ich Therese brachte, welche ihr Freude schufen. Willmann Charles speiste mit uns. Nach Mittag arbeitete ich. Therese sang bei Salieri, Neumann besuchte uns. Dann sagte Therese, dass Joseph Weigl in Wien bleibe und die Direktion der italienischen und deutschen Oper erhalte. Sie machte Toilette zum „Opferfest“, in welches ich mit Werlen und Kiepach ging. Im Kärntnertor-Theater tanzte die DeCaro. Von 5 bis 7 h konzipierte ich für Wokurka. Den Hofmeister Störr führte ich in das „Opferfest“, welches den alten Mann ganz entzückte. Therese sang heute mit vorzüglicher Stärke und Reinheit. Nach dem Theater ins Bett.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).