In der Nacht etwas Regen, veränderlich, kalt, rauer Wind. Kärntnertor-Theater und Josephstädter Theater geschlossen, im Burgtheater „Hagestolze“, mit Mad. Binder, gefällt, dann „Rosen des Malesherbes“; im Theater an der Wien „Kleeblatt“. Um 9 h mit Baldamus – welchen die Hruschka auch beleidigte – in den Augarten; ich war 10 Jahre an diesem Tage da. Konzert des Schuppanzigh; nicht voll, wir suchten Plätze zu gewinnen, saß bis 12 h neben Eichberg (?), Birkmayer. Gegen 11 h rückte die elegante Welt, geputzt, in Massen an. Wir gingen in den Prater, speisten beim Benkó, 4 fl., fanden Gesellschaft. Um 5 h auf den Balkon in Jünglings Kaffeehaus, sahen die Rückkehr der Menge von Wagen. Um 8 h nach Haus; die Saly holte die Pepi und Toni von der Schwitzer; Tränen von beiden Seiten, die Schwitzer schimpfte über mich; wie undankbar ! Toni war seit 1. Mai 1821, also 7 Jahre, die Pepi seit 1. Jänner 1823, also 5 Jahre und 4 Monate bei ihr. Ich habe viel für sie getan. Die Fanny nahm auch Abschied. Nach Tische fuhr Therese mit ihnen, der Sepherl und Saly in den Garten, jausneten Kaffee und sahen die 50 schönen, von Hoffmann erhaltenen Pelargonien. Dräxler machte einen Besuch, abends erzählte eines dem anderen das Geschehene. Rindfleisch 20 x.
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Kalt, finster, stürmisch. Im Burgtheater „Romeo und Julia“, im Theater an der Wien „Staberls Abenteuer“. im Leopoldstädter-Theater Raimunds Direktion, zum 29. Mal „Sylphide“. Den Vormittag zu Hause, Therese begann, Kleidung und Wäsche der Kinder zu ordnen. Raulino zeichnete mit ihnen. Speiste bei der Schwann, dem Hoffmann dankte ich für die Pelargonien, dem Duport für seine Attention. Fanny suchte ich im neuen Quartier. Mittags mit Raulino, nachmittags zum Gallenberg, blieb 2 Stunden, Geld ! ist unsere Losung, und das fehlt. Cramolini kam hin, machte unsinnige Forderungen; ich stimmte ihn herab. Gallenbergs Kontrakt ist nicht abgeschlossen; Duport hat große Anhänger, Gallenberg Widersacher. Er führte mich der Gräfin auf. Ins Burgtheater leer; plauderte mit dem Schifferer (?), nach dem 3. Akt nach Haus, unterhielt mich mit den Kindern. Tod der Anna Reich, gestern im 57. Jahr.
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Heiter, aber kalt. Im Burgtheater „Heirat aus Vernunft“, „Der rechte Weg“, Binder als Bäuerin; im Theater an der Wien zum 1. Mal „Flucht und Gefahr“, Schauspiel in 5 Akten. Pepi ist 11 Jahre alt; wir gaben ihr ein rot gestreiftes Kleid, Seidentüchel. Am Vormittag in Schallenbergs Antiken-Lizitation; er und Imhoff sind Erben. Ein seltener Schatz, auch viel Spielerei. Für Gallenberg schrieb ich Entwürfe zur Führung des Kärntnertor-Theaters. Der junge Kirchmayer kam, sein Vater kommt Mittwoch. Die Woller zahlte den Zins. Mittags mit den Kindern und Raulino, nach Tische in Fannys Quartier. Dann zur Institutssitzung; mit Hoyos waren nur 6, und wenig geschah. Suchte Gesellschaft; bei uns Payer und Frau von Eisenstadt, tranken mit Therese Kaffee; sie lud selbe für morgen in den Garten zum Speisen. Die Fux war mit den Kindern bei St. Peregrin und in Liechtensteins Garten. Um ½ 5 h stille Beisetzung der Reich. Bei uns Mark.
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Wie gestern. Im Burgtheater „Bayard“, im Theater an der Wien das Gestrige, im Leopoldstädter-Theater „Sylphide“. Paganinis 4. Konzert; war voll und machte Furore. Den Vormittag zu Haus, Birgfellner (?) arbeitete bei Fanny, zahlte ihm 50 fl. für den Garten, dem Maurer 12 ½ fl.. Raulino, Payer mit Frau, geborene Polisch, speisten mit uns. Nachmittags mit ihnen in 2 Wägen in den Garten, 10 fl.. Die Kugler, Dagschitz, Nitschner mit den Elsler-Mädchen etc. kamen. Um 5 h in die Stadt, suchte Gesellschaft; bei Therese Krieghammer, Agnes.
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Heiter, abends anhaltender Regen. Im Burgtheater „Bräutigam aus Mexico“, Binder von Prag als Suschen, gefiel sehr. Im Theater an der Wien „30 Jahre aus dem Leben eines Spielers“, im Leopoldstädter-Theater „Gespenst auf der Bastei“. Am Vormittag kam Schmid von Brünn, erzählte von der guten Aufnahme Czernins und Sedlnitzky, wie ihn Gallenberg zur Kaution brachte, er selbe gegen 500 fl. zurückbekam, dass er selbst zum Kaiser geht. Gallenbergs Stütze sei der verschuldete Campi. In Schallenbergs Antiken-Lizitation, in Fannys Quartier. Die Kinder speisten bei der Schwitzer, brachten ihr eine silberplattierte Rauchmaschine, 15 fl., der Therese Tasse mit Gold 15 fl., der Krammer (?) 10 Ellen lichtgrauen Taffet, 15 fl.. Tod meines guten Michael Jungmann; früh 8 h schlief er sanft ein. Bald stehe ich von meinen alten Freunden verlassen allein da. Er war im 50. Jahre; teilte sein Vermögen, ca. 7000 fl. CM zwischen seinem Bruder Joseph und der Pauer, welche ihn pflegte. Den beiden Goldmann, Josephine und Therese, vermachte er jeder 100 fl. CM. Raulino speiste mit uns. Nachmittags zur Schwitzer, hielten mich 2 Stunden, machte Vorwürfe, stürmten mich, boten geringere Zahlung an, ich möchte sie ihnen nur lassen. Zur Fanny, zum letzten Mal.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).