Heiter, kotig. Im Burgtheater „Vertraute“, „Es spukt“, im Kärntnertor-Theater „Iphigenie“, im Theater an der Wien, zum 1. Male „Fortunatus’ Wunschhütlein“, Zauberspiel mit Gesang und Tanz in 4 Akten von Stegmayer. Den Vormittag beim Grafen. Gottlieb lebt, trinkt Kaffee, fragt und kennt alle Umstehenden, betet mit seinem Beichtvater. Ich schrieb Jobst, er möge uns nebst allen Nebenumständen doch den Befund der Wunden beschreiben. Die Moser kam von Währing, sah unseren 4. Stock an und speiste da; Therese begleitete sie nach Hause. Mit Wohlfarth ging ich auf die Glacis, sah um 4 h die Sprengung der linken Bastion des alten äußeren Burgtores. Dann ins Theater an der Wien, miserables Zeug.
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Etwas Schnee. Im Burgtheater „Charade“ Posse in 1 Akt von Kurländer, danach „Belagerung von Solothurn“ von F[ranz] C[arl] Weidmann, historisches Drama in 2 Akten, Musik von Umlauf, spielt in 1318; machte kein Glück. Im Kärntnertor-Theater „Aladin“, Oper in 1 Akt, von Castelli, Musik von Gyrowetz, „Feier der Grazien“, „Gott erhalte“. Im Theater an der Wien „Wunschhütlein“. Den Vormittag beim Grafen, besuchte den kranken Reimann. Therese lag an Kopfschmerzen, Kleiner kam. Nach Mittag Billardspiel bei Wohlfarth, in Gesellschaft ins Burgtheater und ins Bett.
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Schnee. im Burgtheater das Gestrige, im Kärntnertor-Theater „Milton“, dann „Aladin, oder Das Notwendige“, gefiel nicht sehr. Im Theater an der Wien „Wunschhütlein“. Den Vormittag beim Grafen. Bei Wohlfarth, der Graf war auch da. Einzug der Persianer nach Hofe. Mirsa Abul Hassan Chan mit 12 türkischen Schals als Geschenke, welche 6 Leiblakaien auf Tassen getragen. Mittags speisten Mayer Leopold, Weidmann, Kridl da. Jobst schrieb vom 30. und 31., im ersteren, dass der Lebenswille erwache; dass Gottlieb phantasiere, niemand kenne im Letzteren. Nach Mittag Ruhe, um ½ 9 h auf unseren zweiten Institutsball, spät versammelte sich die Gesellschaft. Das Zusammentreffen vieler widriger Umstände, der Streich des Gottlieb, machten unserem Ball großen Abbruch, es waren 200 Personen. Ein schöner Zirkel: der Graf, Johann, Starhemberg, Harrach, Csáky, Leykam etc. waren da, der Graf blieb lange, ging mit DelChiaro. Seitz versprach, sie zu führen, blieb aber weg. Ich gab ihm dieserwegen einen Verweis. Die Assen kam mit Etzel. Kurs 253 fl..
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Sehr kotig, trüb, gegen Mittags heiter. Im Burgtheater „Marie“, dann „Standesproben“, im Kärntnertor-Theater „Gutsherr“, „Zauberschlaf“, im Theater an der Wien „Wunschhütel“. Den Vormittag beim Grafen. Wohlfarth quälte mich, bei ihm zu speisen. Nach Mittag besuchte ich Reimann, blieb dann bei Wohlfarth. Heute schrieb Jobst vom 2., dass Gottlieb am 1. mittags um ¼ 1 h starb, bei Sinnen war, dass Jobst wegen des Begräbnisses beim Gesandten Trauttmannsdorff gewesen, dass er am 3. begraben werde. Am 17. Hornung 1818 reiste er mit Mendle (?) ab, und ehe ein Jahr verstrich, ist er nicht mehr ! Er schrieb mir am 25. Dezember und erschoss sich am Montag den 25. Jänner, als wir uns den „Nathan“ ansahen. Er litt 8 Tage und büsste seine Gräueltat. Unerhörter Jammer in der Familie; der Vater ist nicht zu trösten. Ich wandte den ganzen Abend alle Trostgründe an, dann in Gesellschaft ins Burgtheater. Gottlieb starb an dem Tage, als Weber begraben wurde. Er war im 19. Jahre.
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Heiter, kotig. Im Burgtheater „Findelkind“, „Charade“, im Kärntnertor-Theater „Camilla“, im Theater an der Wien singen Borgondio, die Vio und Jäger, dann „Berggeist“. Früh reiste der Kaiser nach Venedig, Florenz, Rom und Neapel. Den Vormittag beim Grafen. Heute beantwortete ich dem Jobst seine Briefe vom 30. und 31. Jänner und 2. Februar. Mittags und nach Mittag bei Wohlfarth, dann in die 4. Gesellschafts-Redoute, 2500 Personen. Nach 12 h kam der persische Gesandte mit dem Hofdolmetsch Hammer und 2 Begleitern, ging im Gedränge herum, legte seinen Kaftan von Schalstoff ab und ging im rot mit Gold durchwirktem Kleide herum. Es war zu voll, warm und ich ging um ½ 2 h. Kurs 253 fl..
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).