Ein schöner Tag, nach Mittag wieder ein Donnerwetter. Im Burgtheater „Freemann“, Im Kärntnertor-Theater „Joseph und seine Brüder“, im Theater an der Wien „Zriny“. Früh mit Jungmann nach Grinzing, Norbert war wieder nicht zu Haus, gingen ins Krapfenwaldl; Jungmann fuhr nach Ottakring, ich zum Brandmayer, nach Haus, in No. 373. Der Perückenmacher Wenzel Forcher gab heute 50 fl. daran für den Zins von 500 fl. zu Michaeli. Mittags allein, nach Mittag kam Stifft, Rohrweck. Ich schrieb zu Haus, an den Grafen, von dem ich schon 2 Tage nichts höre. Abends in Jungmann Gesellschaft, aßen Brathähnl. Kurs 430 fl.
Band 08 (VIII.), Seite 65v
6542
1815
6
29
Peter und Paul. Trüb, abwechselnd Regen, ein unfreundlicher Tag. Im Burgtheater „Hamlet“, im Kärntnertor-Theater „Vestalin“, im Theater an der Wien „Schusterfeierabend“. Früh zu Haus, zu Kridl, Hummel, saß eine Stunde. Um ½ 11 h Te Deum wegen Sieg bei Waterloo, die Kaiserin, und Erzherzoge erschienen; alles war still, keine Hand, kein Mund rührten sich. Zu Braun und Pepermann gratulieren. Mittags bei Radl, der Hofmeister von Ehz. Rudolf, die Kallina, die Koffler (?) von Seefeld, Karlberger von Stockerau und der Kastner von Staatz speisten da. Nach Mittag zu Haus, schrieb an den Grafen, von dem ich schon 3 Tage nichts höre. Bin wegen seiner sehr in Ängsten; sehr quält mich die Ungewissheit, dass er kränker in Magendorf liege. Um 6 h kamen die Bonno (?) und Jungmann, welche ich in Gesellschaft begleitete. Joseph Hoffmann rangierte meine Bücher. Spät ins Burgtheater, wo ich Compagnie fand. Ich schrieb der Nany, schickte ihr 25 fl. und 15 fl. auf den Zins.
Band 08 (VIII.), Seite 65v
6543
1815
6
30
Regen; das letzte Viertel ging schlecht ein. Wie schädlich ist der stete Regen für die Feldfrüchte ! Im Burgtheater „Einquartierung“, „Medea“, im Kärntnertor-Theater „Dorfbarb[ier]“, „Bajaderen“, im Theater an der Wien „Jäger“. Die quälende Angst um den Grafen ließ mich nicht schlafen, ganz ermattet stand ich auf. Seit dem 24. weiß ich nichts von ihm. Früh sah ich meinen Arbeitern nach, ging in No. 373, arbeitete und erwartete mit banger Ungeduld die Post. Er selbst schrieb nicht, sondern Petter, dass der Graf morgen nach Preßburg fährt, wenn er nicht übler ist. Bin etwas beruhigt und lebe auf, schrieb dem Grafen und Petter. Gab Jungmann seine 68 fl. Interessen. Mittags bei Radl, machte Radl ein Geschenk mit der Loge Nr. 2 im Kärntnertor-Theater. Fuhr nach Mittag zu Brandmayer, Plattierer. Therese hatte Besuch von Müller, Deny (?) und Grünberg, später von Werlen und Neefe. Um ½ 7 h suchte ich Gesellschaft, ging dann ins Burgtheater, von da ins Kärntnertor-Theater, blieb bei Kallina in der Loge. Der Kurs war heute 425 fl..
Band 08 (VIII.), Seite 65v
6544
1815
7
1
Veränderlich. Im Kärntnertor-Theater „Iphigenie“, im Theater an der Wien „Räuber“, Karl Katzianer, Franz Küstner, Hermann Grünthal. Früh schloss ich meine Hausrechnung. Setzen der neuen Brunnrohre, Durchbrechung des Holzloches im Keller. Mit Radl und Kallina ins bürgerliche Zeughaus, mittags bei ihm. Um 11 h schickte mir Rumpelmayer ein Billett folgenden Inhalts, welches mich veranlasste, sogleich eine Estaffette zum Grafen nach Magendorf zu schicken: „Um sich einen Begriff von der entscheidenden Wirkung der großen Schlachten vom 15. bis 19. Juni zu machen, hört ! Napoleeon hat in Paris schon abdiziert, zu Gunsten Marie Louises und seines Sohnes. Ein Regierungs-Conseil ist in Paris zusammengesetzt“. Dies hat General Rapp dem Fürsten Schwarzenberg offiziell mitgeteilt, dessen Hauptquartier am 26. in Mannheim war. Blücher war schon am 21. bei Maubeuge, er verfolgt fortwährend die Trümmer der geschlagenen Armee. Meisl (?) sagte, Fouché und Carnot seien an der Spitze der Jakobiner. Lacourbe hat sich am 26. bei Belfort aufgestellt, er scheint den Schwarzenberg zu erwarten. Der Kurs ist 412 7/8 fl., der Dukaten 18 fl 45 x. Stifft kaufte für 390 fl.. Nach Mittag schrieb ich dem Grafen wieder. Abends suchte ich Gesellschaft, Therese ging zur Moser. Jungmann und Stifft kamen und teilten mit mir die Freude.
Band 08 (VIII.), Seite 66r
6545
1815
7
2
Nachts und früh Regen, nach Mittag heiter. Im Kärntnertor-Theater „Bergsturz“, im Theater an der Wien „Kaspar der Torringer“. Den Vormittag arbeitete ich zu Haus und in No. 373, las Zeitungen, in welchen alles gestern Gesagte bestätigt ist. gegen 11 h suchte ich Gesellschaft, war auf dem Kohlmarkt, Graben, mittags allein. Der Keglevich antwortete ich, ich schrieb dem Grafen, dass 500 Bürger mit den Italienern die Wache beziehen, dass die Landwehr, Reisky-Infanterie und Deutschmeister morgen nach Frankreich marschieren, der Kurs 350 fl., der Dukaten 20 fl. 57 x. Nach Mittag zu Hause, Richart und Stifft kamen, später Joseph Hoffmann. Ich schrieb dem Fiby nach Jablonitz, Richart und Joseph Hoffmann begleiteten mich ins Korrektionshaus, nahmen Mohnbeugeln mit, hörten aber, dass Motesiczky wegen Stelle abreissen, Ziegel ausschlagen zweimal krummgeschlossen wurde. Therese fuhr mit den beiden Dräxler nach Penzing zur Mirus. Dann in Gesellschaft, auf die Bastei, in Compagnie soupieren.
Band 08 (VIII.), Seite 66r
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).